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Bischof bietet Rücktritt anDer Papst soll ihn richten

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße räumt Fehler im Umgang mit Fällen sexueller Gewalt ein. Er versichert jedoch, er habe nichts vertuscht.

Hat Fälle sexueller Gewalt nicht gemeldet: Erzbischof Stefan Heße Foto: Axel Heimken/dpa

Hamburg taz | Er hat sich gewehrt so gut es ging – jetzt soll der Papst ihn richten. Hamburgs Erzbischof Stefan Heße hat seinen Amtsverzicht angeboten, weil er in seiner Zeit als Generalvikar in Köln Fehler im Umgang mit Fällen sexueller Gewalt in der Kirche begangen hat.

Heße akzeptiert damit das Verdikt eines Gutachtens, das der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, Heßes damaliger Vorgesetzter, in Auftrag gegeben hat. Die Veröffentlichung eines ersten Gutachtens, das ihn belastete, hat Heße vor einem Jahr noch verhindert.

In dem neuen Gutachten, das am Donnerstag vorgestellt wurde, warf der Kölner Strafrechtler Björn Gercke dem Bischof elf Pflichtverletzungen vor. Dabei handele es sich unter anderem um Verstöße gegen die Melde- und Aufklärungspflicht während der Zeit Heßes als Personalverantwortlicher in Köln.

Das erste Gutachten war etwas deutlicher: Demnach habe Heße sich „Unzulänglichkeiten, einschließlich fehlender Opferfürsorge“ zu Schulden kommen lassen.

Fehlendes Problembewusstsein

Die Autoren stellten fest, dass es sich nicht um Einzelfälle gehandelt habe, „sondern um regelmäßig wiederkehrende, durchgängig festzustellende Mängel in der Sachbehandlung von Missbrauchsfällen basierend auf einer indifferenten, von fehlendem Problembewusstsein geprägten Haltung des Dr. Heße gegenüber Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker.“

Bei der Vorstellung des neuen Gutachtens konstatierten Gercke und seine Kollegin Kerstin Stirner, „dass sich Jahrzehnte offenbar niemand getraut hat, solche Fälle zur Anzeige zu bringen“. Man sei bestrebt gewesen, sie nicht „an die große Glocke“ zu hängen, um Reputationsschaden von der Kirche abzuwenden.

Die Aufarbeitung durch Externe sei für ihn sehr bedeutsam, versicherte Heße, „weil es mir heute wie in einem Spiegel mein damaliges Tun vor Augen führt“. Er habe sich nie an Vertuschung beteiligt“, sei aber „dennoch bereit, meinen Teil der Verantwortung für das Versagen des Systems zu tragen“. Den Papst bat er um die sofortige Entbindung von seinen Aufgaben.

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3 Kommentare

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  • Woelki wacht auf, Schwaderlapp, Heße und Puff in der Versenkung, nicht WDR-Comedy à la Laschi und Lauti, bitterböser und tiefschwarzer Realsatirestoff oder die deutsche Vatikan-Version: Wir machen von oben "reinen" Tisch. Vielleicht wäre Flucht nach vorne vor Monaten noch ein probates Mittel gewesen, aber seine Domstadt-Exzellenz bevorzugte die Schweige- und Verschluß-Klausur mit Transparenz-Abstinenz. Und nun: Die Phönix-Variante mit Selbstbeweihräucherung. Der katholische Klerus hat Konzern-Strukturen, Konzern-Strategien, aber ein Vorstandspersonal, das kein Assessment-Center erfolgreich absolvieren könnte. Warum? Es fehlen im Männerbund Klerus kommunikative Fähigkeiten zur Vermittlung der Schlüsselkompetenzen für die Zukunftsthemen Good Governance und Transparenz-Kompetenz. Beunruhigend im Kontext: Die üppigen Apanagen aus dem Konkordat und das immense Vermögen in den Händen und den Banken der Gottesdiener. Machmal hab' ich einen pseudoprophetischen Tagtraum, mit einem Déjàvus nach 2000 Jahren: "ER IST WIEDER DA", der Nazoräer und Sohn Marias und Josephs. Bleibt (leider) alles anders. Die goldenen Tische bleiben stehen. Pacta sunt servanda, das ist anachronistisch und obsolet, wenn der Konsens im Vertragssinne einseitig mißachtet wird. Keine Lösung ist übrigens die nichtpazifistische "Scholz-Strategie Bazooka", schon der Opfer wegen, die dann unter dem reinen Tisch liegen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, ist aber schon arg geschwächt. Sie ist nicht nur sprachlich weiblich, also: Rührt Euch, Ihr Hohen Herren!

  • Diese heiligen Männer sündigen nicht, sie "machen Fehler". Und dann auch nicht persönlich, sondern nur, weil "das System" versagt. Womit sie allerdings Recht haben: Das ganze System ist falsch.



    Ein anderer Skandal ist, dass wir dieses System immer noch aus allgemeinen Steuermitteln mitfinanzieren. Wer dafür verantwortlich ist, ist auch mit Schuld an allem, was dort passiert.

  • Neeeein, wer glaubt denn sowas, dass die ehrenwerten hohen Männer der Kirche etwas vertuschen würden? Neeein niemals!!!