Birgit Prinz will nicht mehr Fußball spielen: Wahre Größe
Nach einem kurzen Test ist Birgit Prinz klar, dass ihre Karriere beendet ist. Sie ist die erfolgreichste deutsche Fußballerin, dreimal war sie "Weltfußballerin des Jahres".
BERLIN taz | Was da Birgit Prinz am Freitag verkündete, überraschte gewiss keinen. Es war klar: die erfolgreichste deutsche Fußballerin würde die Medien nicht zusammentrommeln, um zu berichten, dass sie ihrem Klub, dem 1. FFC Frankfurt, ein weiteres Jahr erhalten bleiben würde.
Solche geckenhafte Auftritte waren ihre Sache nie. Nach ihrem Karriereende im Nationalteam erklärte sie nun also, auch auf Vereinsebene mit dem Fußball aufhören zu wollen.
Wie Prinz zu dieser Entscheidung kam, das mag für Außenstehende etwas seltsam wirken. Die Vorgehensweise der 33-Jährigen entspricht aber ihrem eigenwilligen Charakter. Um die Außenwirkung ihres Handelns schert sie sich nie. Nachdem die Kapitänin des Nationalteams bei der Weltmeisterschaft von Bundestrainerin Silvia Neid Stück für Stück das Vertrauen entzogen bekam und sich die Journalisten bei der Fehlersuche auf sie fokussierten, wollte die Frustrierte, wie sie am Freitag sagte, bewusst nicht aus der Emotion handeln. Sie behielt es sich vor, noch ein wenig in der Bundesliga mitzukicken.
Gewissenhaft und gründlich überprüfte sie diese Option. Vergangene Woche schnürte sie noch einmal ihre Schuhe und trainierte beim 1. FFC Frankfurt mit. Dauerhaften Spaß hat sie dabei nicht mehr empfunden. Sie berichtete von ihren schwankenden Gefühlen: "An einem Tag hieß es 'Ja', am anderen 'Nein'. Irgendwann stand der Rücktritt dann relativ fest." Die Reise ins Trainingslager am Sonntag machte sie schon nicht mehr mit. Vielleicht auch deshalb, weil nach der WM das öffentliche Interesse an ihrem Schicksal größer denn je war. Die Bundesliga hingegen wäre zu klein gewesen, um das enttäuschende Ende ihrer internationalen Karriere vergessen zu machen.
Weltfußballerin des Jahres (2003-2005)
Aus dem Moment heraus betrachtet, mag der Abgang dieser Ausnahmefußballerin tragisch erscheinen. Die dreifache Weltfußballerin des Jahres (2003-2005) bekannte einst, ohne die Weltmeisterschaft im eigenen Lande hätte sie ihre Karriere schon früher beendet. Sie wollte die Liste ihrer zahllosen Erfolge mit dem größtmöglichen, dem Weltmeistertitel, abschließen. Doch der triumphale Schlussakkord glitt gründlich ins Disharmonische ab. Prinz konnte insbesondere dem Druck, den sie selbst aufgebaut hatte, nicht mehr standhalten. Nachdem ihr bei den ersten beiden WM-Partien wenig gelang und sie frühzeitig ausgewechselt wurde, wollte sie bei der dritten Begegnung gegen Frankreich selbst nicht mehr spielen. Silvia Neid machte dies hernach öffentlich. ("Das zeigt, wie schlecht es der Birgit geht.")
Beeindruckend war indes, wie Prinz mit dieser Situation umging. Wieder nicht aus der Emotion heraus, sondern mit dem Abstand von ein paar Tagen. Trotz ihrer Scheu vor öffentlichen Auftritten gestand sie nach der Vorrunde auf einer Pressekonferenz ihre Schwäche ein, um zugleich ihren Willen und ihre Zuversicht zu bekunden, dem Team weiter auf dem Platz zu helfen.
So weit kam es allerdings nicht mehr. Deutschland schied im Viertelfinale gegen Japan aus, ohne dass Neid Prinz noch einmal die Chance zur Rehabilitation bot. Birgit Prinz hat somit ihre einzigartige Karriere auf der Ersatzbank beendet. Das steht nun seit diesem Freitag fest. Im Umgang mit dem Scheitern ihres letzten großen Plans hat die Frankfurterin aber eine Größe bewiesen, die in Erinnerung bleiben wird. Ihre fußballerische Bilanz hat das letzte verfehlte Ziel sowieso kaum schmälern können. Das war Prinz recht schnell klar. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte sie nach dem WM-Aus: "Besser ein blödes Karriereende als eine blöde Karriere – von daher kann ich doch ganz zufrieden sein."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste