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Biologe über den Umgang mit Igeln„Ein Wildtier braucht keine Hilfe“

Beim Hamburger Tierschutzverein an der Süderstraße werden derzeit viele Igel abgegeben. Der Biologe Sven Fraaß erklärt, warum das nicht nötig ist.

Ein Igel nach einer Rettung aus einem Kanalschacht Foto: Feuerwehr Würzburg/dpa
Teresa Wolny
Interview von Teresa Wolny

taz: Herr Fraaß, wie geht es dem Igel in Hamburg so allgemein?

Sven Fraaß: Dem Igel geht es hier durch viele verwilderte Parks und grüne Gärten recht gut. Solche Orte sind für ihn ein tolles Zuhause. Wenn Jungigel aber für ein neues Revier lange Wanderungen zurücklegen müssen, ist das in einer Großstadt wie Hamburg natürlich sehr gefährlich. Häufig gibt es gerade Meldungen über Unfälle von Igeln mit Mäh-Robotern. Da sind die Hamburger aber offensichtlich versierter, das passiert hier nicht oft.

Sie als Tierschutzverein haben eine Pressemitteilung herausgegeben, weil gerade zu viele Igel abgegeben werden, die keine Hilfe brauchen. Wie erklären Sie sich dieses Überengagement?

Den Trend gibt es schon seit Jahren, während der Pandemie ist die Situation aber noch mal ausgeufert. Zum einen liegt das vermutlich an der größeren Zahl von Wildtieren in der Stadt. Zum anderen sind Menschen aber auch einfach mehr spazieren gegangen und haben mehr Tiere gesehen als sonst. Verkürzt gesagt gibt es oft die Reaktion, dass der Igel Hilfe braucht, weil er so klein ist und es draußen kalt ist. Die Tierliebe ist da, das Wissen aber nicht. Ein Wildtier, dass seit Jahrmillionen mit diesen Jahreszeiten klarkommt, braucht eigentlich keine Hilfe. Auch ein Jungtier, dass an diesen sonnigen Tagen tagsüber unterwegs ist, ist noch kein Grund zur Sorge.

Ab wann sind die Sorgen denn berechtigt?

Bild: HTV
Im Interview: Sven Fraaß

41, ist Diplom-Biologe und Pressesprecher des Hamburger Tierschutzvereins (HTV) von 1841 e.V.

Einige Igelvereine machen das an konkreten Daten fest. Wann genau ein Igel spätestens in den Winterschlaf muss, hängt aber vor allem vom Wetter ab. Unsere Bitte ist daher, den Igel draußen zu lassen, solange er noch Nahrung finden kann. Auch das Gewicht spielt eine Rolle. Ein Igel, der jetzt noch mit 200 Gramm herumläuft, hat es vermutlich schwer, dem kann man dann aber erst mal mit Zufüttern helfen. Gerade weil man diese Fälle oft einzeln betrachten muss, sind wir bei Fragen rund um die Uhr telefonisch erreichbar.

Und generell – was hilft Igeln am besten?

Der allererste Tipp ist immer, Natur Natur sein zu lassen und nicht alles aufzuräumen und einzusammeln. Beim Zufüttern ist Katzendosenfutter gut, am besten gemischt mit Igelmüsli, aus der Zoohandlung, das ist proteinreich. Man kann Igeln auch einheimisches Obst oder ungewürztes Rührei anbieten. Allerdings bloß keine Milch, sondern nur Wasser.

Besteht die Gefahr, dass wir die Tiere dadurch verweichlichen?

Es kann passieren, dass Igel verlernen, selbst aus Nahrungssuche zu gehen, wenn sie ständig etwas vor die Nase gestellt bekommen. Auf dem Land füttern Menschen ohnehin weniger zu. In der Stadt kann das Zufüttern wegen der gefährlicheren Wege über die Straßen aber sinnvoll sein – zumindest, wenn der Garten nicht groß und nicht verwildert ist. Noch sinnvoller ist es, statt einer großen Portion mehrere kleine zu verteilen, damit der Igel ein bisschen suchen muss. Das ist zwar mehr Arbeit, aber wenn man Igeln helfen möchte, dann auch richtig.

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