Biogasbranche und erneuerbare Energien: Biogas erhält für zwei Jahre eine Perspektive
Eine Gesetzesnovelle soll den Ausbau von Biogasanlagen fördern. Diese können eine Schwäche von Wind- und Solarkraft ausgleichen.
Ziel der nun verabschiedeten Gesetzesnovelle ist es, den bestehenden Anlagen eine wirtschaftliche Basis für den Fortbestand zu geben. Nötig wurde das, weil sie nach 20 Jahren nicht mehr durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet werden. Von einer „erfreulichen Entwicklung, die zeigt, dass Biogas gewollt ist“, spricht Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros des Fachverbands Biogas.
Zum einen wird die Bundesnetzagentur deutlich mehr Anlagenleistung ausschreiben als bislang vorgesehen. Alleine in diesem Jahr werden 1300 statt 400 Megawatt gefördert, bis 2028 werden es in der Summe 2800 statt 1300 Megawatt sein. Biogasanlagen, die ein Wärmenetz versorgen, werden bei den Ausschreibungen bevorzugt berücksichtigt.
Zugleich wird ein grundsätzlicher Wandel der Biogaswirtschaft vorangetrieben. In der Vergangenheit waren Biogasanlage für die Stromerzeugung rund um die Uhr konzipiert. Schließlich erzeugen die Bakterien das Gas fortwährend, daher schien nichts dagegen zu sprechen, auch die Kraftwerksaggregate permanent laufen zu lassen.
Biogas hat heute andere Vorteile
Inzwischen ist die Welt der Stromversorgung aber eine andere. Durch den Ausbau der Photovoltaik und der Windkraft kommt es zunehmend vor, dass an sonnigen Sommertagen oder bei strammem Wind mehr Strom anfällt, als hierzulande gebraucht wird. Dass es in solchen Situationen nicht mehr sinnvoll ist, auch noch zeitgleich das wertvolle, weil speicherbare Biogas zu verbrennen, liegt auf der Hand.
Ein zeitgemäßer Betriebsmodus sieht daher inzwischen anders aus: Man speichert das kontinuierlich entstehende Biogas, um es gezielt in Zeiten hohen Strombedarfs mit dann umso höherer Kraftwerksleistung zu verstromen. Entsprechend werden künftig in den Ausschreibungen nur noch solche Anlagen zum Zuge kommen.
Damit die Landwirte die Gasspeicher aufbauen und die Gaskraftwerke vergrößern können, werden die Investitionen künftig durch einen „Flexzuschlag“ in Höhe von 100 statt bisher 65 Euro pro Kilowatt Kraftwerksleistung gefördert. Dass diese Gesetzesnovelle trotz des Bruchs der Ampelregierung noch möglich war, bezeichnet Horst Seide, Präsident des Fachverbands Biogas, als „Glanzleistung parlamentarischer Demokratie“.
Gleichwohl gebe es aber auch Punkte, die aufgrund der Kürze der Zeit nicht mehr Eingang in das Gesetz gefunden hätten, sagt Seide. Vor allem fehle für Anlagen, die zum Jahreswechsel aus dem EEG gefallen sind, eine Übergangsregelung. Zudem dürfe man nicht übersehen, dass auch die Neufassung des EEG nicht ausreiche, um den Bestand an Biogasanlagen auf dem bisherigen Niveau zu erhalten – es fallen nämlich mehr Anlagen aus der Förderung, als bei den Neuausschreibungen zum Zuge kommen können.
Umweltschutz steht nicht im Zentrum
Im Gesetz sind auch einige Neuregelungen enthalten, bei denen es abzuwarten gilt, was sie in der Praxis bewirken. So wird der zulässige Anteil von Mais auf 30 Prozent und später auf 25 Prozent des eingesetzten Rohstoffs gesenkt. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND hatte gefordert, den Anteil von Mais perspektivisch auf Null herunterzufahren.
Martin Laß, Anlagenbetreiber aus Schleswig-Holstein und Initiator der Kampagne „Biogas ist Zukunft“, hebt trotz einiger „handwerklicher Ungeschicklichkeiten“ im Gesetz hervor, dass die Systemumstellung in der Biogasförderung nun „in ein neues Zeitalter“ führe. Durch die Anreize für einen Start-Stop-Betrieb der Kraftwerke werde jeweils nur dann Strom erzeugt, wenn er auch tatsächlich gebraucht wird: „Die Biogasanlagen tun heute schon das, was irgendwann der Wasserstoff kann.“
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