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Bilanz der Deutschen BahnSchienennetz nur mittelmäßig

Zum dritten Mal vergibt die Deutsche Bahn für die eigene Infrastruktur nun eine Gesamtnote – und die fällt erneut schlechter aus.

Dem Netzzustandsbericht zufolge beläuft sich der Erneuerungsbedarf im Netz inzwischen auf mehr als 92 Milliarden Euro Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

Berlin dpa | Der Zustand des Schienennetzes in Deutschland hat sich erneut leicht verschlechtert. Die Deutsche Bahn gibt der eigenen Infrastruktur für das vergangene Jahr lediglich eine mittelmäßige Note von 3,03, wie aus dem aktuellen Netzzustandsbericht der Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo hervorgeht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Für das Vorjahr war der Wert mit 3,01 nur etwas besser. Erstmals vergibt der Konzern in dem Bericht auch eine Note für die rund 5.400 Personenbahnhöfe der InfraGo. Sie kommen dabei auf einen ebenfalls nur mittelmäßigen Wert von 3,09.

Die Bahn betont, dass sämtliche Anlagen der Infrastruktur „stand-, betriebs- und verkehrssicher“ seien. „Jedoch liegen vor allem pünktlichkeitsrelevante Anlagen wie Weichen, Bahnübergänge und Stellwerke im hochbelasteten Netz nur im Notenbereich mittelmäßig bis mangelhaft.“ Das spüren vor allem die Bahnfahrgäste im Fernverkehr: Jeder dritte Fernzug war im vergangenen Jahr verspätet unterwegs. Ähnlich unzuverlässig ist die Bahn bislang auch in diesem Jahr. Grund sind die vielen Baustellen auf dem sanierungsbedürftigen Netz, die den Verkehr ausbremsen.

Dem Netzzustandsbericht zufolge beläuft sich der Erneuerungsbedarf im Netz inzwischen auf mehr als 92 Milliarden Euro. Die Summe bezeichnet den Wert der Anlagen mit den Notenstufen schlecht bis mangelhaft, die mittel- bis kurzfristig ersetzt werden müssen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg sie dem Bericht zufolge um knapp 2 Milliarden Euro. Hinzu kommen 17,6 Milliarden Euro für sanierungsbedürftige Bahnhöfe.

Modernisierung der Strecke Frankfurt am Main – Mannheim geplant

Besonders schlecht bestellt ist es dem Bericht zufolge um Bahnübergänge und Stellwerke. Davon sind viele inzwischen so überaltert, dass lediglich ein Neubau infrage kommt. Die Bahn vergibt bei den Stellwerken inzwischen den schlechten Wert 4,02. „Das ist eindeutig ein Alarmsignal“, teilte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Mittwoch mit. „Zu viele unserer Stellwerke sind reif fürs Museum. Die Politik muss den Schalter umlegen und die Digitalisierung der Stellwerke zügig vorantreiben.“ Davon profitierten dann auch die Fahrgäste und Transporteure durch pünktlichere Züge.

Auch die Bahn sieht laut dem Bericht „besonderen Handlungsbedarf“. Mit einem großangelegten Investitionsprogramm will sie in den kommenden Jahren Dutzende, vor allem hochbelastete Streckenabschnitte umfassend modernisieren. Start ist in diesem Jahr auf der Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim, die während der Bauarbeiten für rund fünf Monate vollständig gesperrt wird.

Das Notensystem des Netzzustandsberichts funktioniert ähnlich wie Schulnoten. Werte zwischen 1,0 und 1,99 stehen für neue oder neuwertige Anlagen. 2,0 bis 2,99 bedeutet „gut“, 3er-Noten stehen für einen mittelmäßigen Zustand. Anlagen mit 4er-Werten gelten als „schlecht“. Hier können Ersatzinvestitionen bereits überfällig sein. Anlagen mit Noten zwischen 5,0 und 5,99 bekommen das Etikett „mangelhaft“. Sie könnten den Betrieb beeinträchtigen und hätten bereits erneuert werden müssen.

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4 Kommentare

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  • Das Ganze kann man jetzt so oder so interpretieren.

    Aber ganz sicher ist der Aspekt nicht von der Hand zu weisen, dass die Bahn höhere Zuwendungen aus der öffentlichen Hand haben möchte.



    Und da gehört klappern zum Handwerk.

  • Wir sollten uns der Schweiz anschließen, was Bahn angeht.



    Die teure Auto- und Flug-Bezuschussung einstellen und das in eine Grundversorgung stecken. Auch S'21 war ein Fehler mit Ansage.

    Was Fahrrad angeht, wechseln wir anschließend nach Dänemark und zu den Niederlanden. Dem ADAC bieten wir die Insel Neuwerk als Asyl an.

    • @Janix:

      In Sachen S21 müssen unbedingt Ermittlungen wegen Untreue, Korruption und Vorteilsnahme aufgenommen werden.

      Ach ja: Nicht zu vergessen: Falschbegutachtung

      Aber ich höre schon den Besen kreisen, mit dem das alles unter den Teppich gekehrt wird.

      • @Bolzkopf:

        Ja, und es wusste jeder, was Sache war, weil von Experten, Politikern wie Palmer und auch teils eigenen Leuten es deutlich benannt wurde.



        S'21 hat darüber hinaus die Ressourcen aufgefressen, die für Langsamstrecken, Oberrhein und andere Baustellen der DB nötig gewesen wären. Es sollten nicht die Kunden, sondern sollte die Schwabenrunde bezahlen, die das ausheckte und gegen alle Fakten durchzog.