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Beziehung zwischen Russland und USAGipfel in frostigen Zeiten

Erstmals wollen sich Joe Biden und Wladimir Putin in Genf treffen. Für Moskau ist der Gipfel eine Möglichkeit, sich als Weltmacht in Szene zu setzen.

Wollen sich persönlich die Hand reichen: Die Präsidenten Putin und Biden Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

MOSKAU taz | Um das Verhältnis zwischen den USA und Russland steht es nicht gerade gut. US-Präsident Joe Biden und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin wollen nun am 16. Juni in Genf einen Versuch unternehmen, in die eingefrorenen Beziehungen wieder Bewegung zu bringen.

Bei dem Treffen in der Schweiz soll es um die strategische Stabilität in der Welt und um Rüstungskontrolle gehen. Darüber hinaus sollen auch Lösungen regionaler Konflikte angegangen und der weltweite Kampf gegen die Coronapandemie besprochen werden, verlautete es aus dem Kreml. Dennoch stünde die Tagesordnung noch nicht endgültig fest.

Biden hatte bereits Mitte April ein Treffen mit Putin vorgeschlagen. Der Kremlchef ließ sich unterdessen Zeit, nachdem der US-Präsident im März in einem Interview die Frage bejahte, ob er den Kremlchef für einen „Killer“ halte. Moskau zog daraufhin seinen Botschafter aus Washington ab. Dennoch bemühte sich Biden, „den Kreislauf der Eskalation und des Konflikts mit Russland“ einzudämmen.

Putin spielte auf Zeit, denn schon vor der Bekanntgabe des Termins für das Treffen in Genf liefen die Vorbereitungen. Für den Kremlchef stellt der Gipfel eine Chance dar, sich als gleichwertiger Partner der USA auf der Weltbühne zu zeigen – gerade wenn es um das Thema Rüstungskontrolle geht. Deshalb ließ sich Moskau bitten und wartete auf die US-Einladung. Dabei waren der russische Chef des Sicherheitsrates Nikolai Patruschew und der US-Sicherheitsberater, Jake Sullivan, bereits zuvor zur Vorbereitung des Gipfels in Genf zusammengekommen.

Einsamer Kreml unter Putin

Zuletzt war es um Moskau ruhiger geworden. Zu den Feierlichkeiten anlässlich des 76. Jahrestags des Sieges über Nazideutschland am 9. Mai war auf der Tribüne auf dem Roten Platz nur noch der Präsident Tadschikistans, Emomali Rachmonow, als Staatsgast zugegen. Nach 21 Jahren Herrschaft unter Wladimir Putin ist es um den Kreml einsamer geworden. Auf Verbündete kann Russland zurzeit kaum verweisen. Wie im 19. Jahrhundert stellen „Armee und Flotte“ die wichtigsten Verbündeten dar.

Hier bei ihrem letzten Treffen 2011, Biden war damals Obamas Vizepräsident Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Dennoch vermittelt die scheinbare internationale Isolation Russlands kein vollständiges Bild. So hat die Nähe zu China zugenommen. Schwäche und Verfall lassen sich daraus zurzeit nicht ableiten. Nach den schwierigen 1990er Jahren ist Moskau wieder gestärkt auf die Weltbühne zurückgekehrt: als Militärmacht und auch als Störfaktor in der Cyber-Kriegsführung. Ebenso gelang es Russland, ideologisch und ökonomisch aufzurüsten.

Militärisch zählt das Land zu den drei schlagkräftigsten der Welt. Auch beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf übertrifft Moskau nach wie vor China. Zudem gründete Russland verschiedene parastaatliche Organisationen, die die Interessen des Kremls auch international erfolgreich vertreten, angefangen bei medienwirksamer Propaganda bis hin zu privaten Militärs wie der Gruppe Wagner.

Putin ist längst Vertreter eines antiwestlichen Weltbildes geworden: nationalistisch, anti-liberal und religiös-orthodox. Außerdem neigt seine Regierung zu unvorhergesehenen Aktionen wie der Besetzung der Krim oder dem Anschlag des russischen Geheimdienstes auf den Agenten Sergei Skripal in Großbritannien.

Russland unter Putin führt mit den USA bereits Krieg und versucht die US-Ordnung aufzubrechen. Doch das muss einer Kooperation auf bestimmten Gebieten, wo gemeinsame Interessen vorliegen, nicht unbedingt im Wege stehen. Ob es Biden jedoch gelingt, Russland ruhig zu stellen, um sich in der US-Außenpolitik auf China konzentrieren zu können, ist fraglich. Das russische Störpotential ist in jedem Fall gewachsen.

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