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Bewegungstermine in BerlinWeil wir doch alle gleich sind

Nazis töten Obdachlose, Geflüchtete werden entrechtet, queere Menschen angegriffen. Der Kampf gegen Ideologien der Ungleichheit muss weitergehen.

Auch eine Ideologie der Ungleichheit: Wer bleiben darf und wer nicht Foto: IMAGO / Martin Müller

W as ist der kleinste gemeinsame Nenner im rechten Denken? Mit guten Gründen lässt sich sagen: Es ist der Glaube an die Ungleichheit. Natürlich behaupten nicht alle Rechten gleich die eigene biologische oder kulturelle Überlegenheit, wie es etwa Nazis tun. Konservative beschränken sich meist darauf, angeblich „natürliche“ Hierarchien in Staat und Familie zu verteidigen.

Neoliberale wiederum erfinden Begründungen, warum es im Kapitalismus so viele Ausgebeutete und so wenig Reiche gibt. Aber in einem sind sich alle Rechten einig: Ungleichheit ist bei ihnen etwas Wünschenswertes – und in den meisten Fällen wollen sie diese sogar noch ausbauen.

Konsequent setzen sich Rechte beispielsweise dafür ein, dass Geflüchtete gegenüber deutschen Staats­bür­ge­r:in­nen immer weiter entrechtet werden. So wird derzeit mit der Einführung von Bezahlkarten wieder eine Idee aus den 1990er Jahren aufgewärmt, um Geflüchteten die ökonomische Selbstbestimmung zu nehmen. Die Initiative Nein zur Bezahlkarte leistet dagegen Widerstand. Jeden Freitag von 18 bis 20 Uhr organisiert sie im hinteren Raum des Cafés in der Regenbogenfabrik (Lausitzer Str. 21a) in Kreuzberg eine Aktion, wo Betroffene Gutscheinkarten für Supermärkte gegen Bargeld eintauschen können.

Auch hinter den Angriffen auf die Rechte queerer Menschen steht oft der Wunsch nach Ungleichheit. Dass dagegen kein Betteln, sondern vor allem kämpferischer Widerstand hilft, weiß die queere Bewegung seit dem Stonewall-Riot vom 28. Juni 1969 – dem Geburtsmoment der Christopher Street Days. In Solidarität mit der in Ungarn kriminalisierten Budapest Pride, die zeitgleich stattfindet, hat sich die diesjährige Stonewall-Demo das Motto „Von Berlin bis Budapest – Selbstbestimmung ist unser Recht“ gegeben. Los geht es am Samstag (28. Juni) um 16 Uhr am Kottbusser Tor.

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Ermordet aus Sozialchauvinismus

Nur einen Tag später, am Sonntag (29. Juni), geht es ebenfalls am Kotti – vor der Polizeiwache – gegen rassistische Polizeigewalt. Mit der Kundgebung „Lorenz ist kein Einzelfall“ beteiligen sich Berliner Ak­ti­vis­t:in­nen an dem bundesweiten Aufruf der Initiative Gerechtigkeit für Lorenz, um dem von der Polizei im April erschossenen 21-Jährigen zu gedenken – und um sich solidarisch mit migrantischen Familien zu zeigen, deren Angehörige immer wieder von Po­li­zis­t:in­nen getötet werden. Im Aufruf heißt es, der Staat schütze nicht, sondern „knüppelt, schlägt und schießt, um das Herrschaftssystem und den rassistischen Normalzustand aufrechtzuerhalten“. Los geht es um 14 Uhr.

Die Verbindungen zwischen den verschiedenen No-Border-Gruppen zu stärken, die sich gegen die Ungleichbehandlung der Menschen je nach Herkunft einsetzen, hat sich ein strategisches Plenum aus dem Umfeld der O-Platz-Besetzung zum Ziel gesetzt. Bei einem leckeren Solidaritätsessen sollen gemeinsam neue Aktionen geplant werden. Es wird Übersetzungen in Türkisch, Russisch, Englisch, Deutsch, Arabisch, Farsi, Französisch und Somali geben. Los geht es am Sonntag (29. Juni) um 11.30 Uhr im New Yorck im Bethanien (Mariannenplatz 2a) in Kreuzberg.

Wer sich das nötige Know-how aneignen will, um gegen Abschiebungen und die Festung Europa aktiv zu werden, sollte den Workshop des Support-Gruppen-Netzwerks im Infoladen Scherer8 (Scherer Str. 8) in Wedding besuchen. Ziel ist es, gemeinsam die eigene Praxis zu diskutieren, um den Kampf gegen die Abschottung Deutschlands voranzutreiben. Los geht es am Sonntag (28. Juni) um 14 Uhr.

Am Dienstag (1. Juli) soll schließlich im brandenburgischen Neuruppin Emil Wendland gedacht werden, der dort an dem Tag vor 33 Jahren von Nazis ermordet wurde. Wendland war wohnungslos – weshalb sein Leben in den Augen seiner Mörder nichts wert war. Seit Jahren kämpfen Antifas vor Ort gegen das Vergessen, die rechte Gewalt und die gesellschaftliche Ausgrenzung. Ab 17 Uhr beginnt das Gedenken im Rosengarten, anschließend um 18 Uhr eine Veranstaltung zu Wohnungslosigkeit und geschlechtsspezifischer Gewalt.

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Timm Kühn
Redakteur
Textplaner taz Berlin. Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.
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