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Betrugsfälle beim MDRAlles für die Show

Der Unterhaltungschef des MDR wurde 2011 wegen Betrug und Bestechlichkeit entlassen. Nun wurde in Leipzig das Urteil gegen Udo Foht verkündet.

Es sei ihm nie um die eigene Karriere gegangen, so Foht, sondern nur ums Programm Foto: dpa

Der untersetzte Mann mit den zusammengebundenen langen grauen Haaren nahm das Urteil äußerlich unbewegt hin. Ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe, zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, entsprechen dem nach einer gerichtlichen Verständigung bereits im vorigen Herbst erwarteten Strafrahmen für Udo Foht.

Die Strafkammer am Landgericht Leipzig blieb damit am Freitag in der Höhe zwar unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, folgte ihr aber hinsichtlich der Tatvorwürfe gegenüber dem Ex-Programmbereichsleiter Unterhaltung beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). 13 Betrugsfälle und einen von Bestechlichkeit hatte Foht selbst eingeräumt.

Mehr als elf Jahre nach seiner Entlassung wird damit ein juristischer Schlussstrich unter frühe „wilde Jahre“ der 1992 gegründeten Dreiländeranstalt gezogen. Vieles musste improvisiert werden, die heutige kontrollorientierte Bürokratie war noch nicht so ausgeprägt, „Compliance“ ein Fremdwort.

Keine persönliche Vorteilsnahme

2005 entließ der MDR seinen Sportchef Wilfried Mohren, der vier Jahre später am selben Landgericht Leipzig wegen Vorteilsannahme, Steuerhinterziehung und Betrug zu einem Jahr und elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Beim in Erfurt beheimateten Kinderkanal Kika entstand ab 2002 in einem System von Korruption und Veruntreuung ein Schaden von 10 Millionen Euro. Der hauptverantwortliche spielsüchtige Herstellungsleiter wurde 2012 zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

„Das Handeln meines Mandanten taugt nicht zum Skandal“, verglich Foht-Verteidiger Ulrich Wehner dessen Schuld mit anderen Fällen aus MDR-Krisenzeiten. „Die damalige Zeit und Foht passten gut zusammen“, versteckte er vielmehr eine Senderkritik. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Fällen besteht aber darin, dass dem ehemaligen Unterhaltungschef keine persönliche Vorteilsnahme nachgewiesen werden kann. Auch dem MDR ist kein materieller Schaden entstanden. Der Sender verzichtete im Verfahren auf mögliche Forderungen, zumal Foht schon Zahlungen geleistet hatte.

Udo Foht war durch seine Tätigkeit beim Fernsehen der DDR in der Szene bereits bestens vernetzt, als er 1992 Unterhaltungschef des MDR wurde. „Ich war von meiner Arbeit besessen und wollte erfolgreich sein“, ließ er seinen Anwalt zum Prozessbeginn sagen. „Hätte Herr Foht nicht jährlich 700 Sendeplätze gefüllt, wäre in der Zeit das Testbild gelaufen“, antwortete am letzten Prozesstag Verteidiger Wehner auf eine Frage der Kammer. Sein Mandant habe den Anstoß für Inhalte und neue Formate gegeben.

Dabei waren ihm formale Tätigkeiten und Verträge „gewissermaßen egal“, wie es der Verteidiger ausdrückte. „Es ging alles seinen sozialistischen Gang“, könnte man als ostdeutsch Sozialisierter ironisch hinzufügen. Der Unterhaltungschef überzog zwar nie sein Jahresbudget von 33 Millionen Euro, hatte aber offenbar Schwierigkeiten mit der Vorfinanzierung von Produktionen und – salopp gesagt – mit Handgeldern für Künstler. Ab 2003 praktizierte Foht deshalb eine Art Schneeballsystem an der offiziellen Buchhaltung des MDR vorbei. Von „Finanz­akrobatik“ war zum Prozessauftakt die Rede.

Labyrinth aus Schulden

Um seine ehrgeizigen Ideen umzusetzen, lieh sich der Unterhaltungschef persönlich Geld oder bat Firmen um eine Vorfinanzierung. Es ging dabei um Summen in der Größenordnung zwischen 10.000 und 50.000 Euro, die sich zu einem festgestellten Gesamtschaden von 314.000 Euro summierten. Das Geld habe er zunächst auch bereitwillig bekommen, weil die Gläubiger den MDR als Sicherheitsgaranten vermuteten, hieß es in der Urteilsbegründung. Um seine Schulden zu begleichen, pumpte sich Udo Foht wiederum bei Freunden und Firmen Geld und verstrickte sich so in ein immer unübersichtlicheres Labyrinth.

Bei den Produktionen handelte es sich beispielsweise um die Schlagergala „Goldene Henne“. In seinem Schlusswort schilderte der Angeklagte branchenübliche Ad-hoc-Entscheidungssituationen, die eine hohe Flexibilität verlangten. So habe die US-Sängerin Gloria Gaynor unmittelbar vor einem Auftritt noch Geld verlangt. Während einer anderen laufenden Sendung sei die Auszeichnung eines Stars mit einem Bambi gefordert worden. „Ich war ein arbeitender Programmchef,“ erklärte Foht, „es ging mir nie um meine Karriere“.

Offene Fragen hinterlässt das spezielle Verhältnis Fohts zu seinem Freund Carsten Weidling und dessen Produktionsfirma „Just for fun“, an die auch Zahlungen gingen. Der Moderator der Talkshow „Riverboat“ entwickelte mit dem Unterhaltungschef das Format „Wir sind überall“, Besuche bei ausgewanderten Ostdeutschen in aller Welt. Zwischen den beiden gab es fast nur mündliche Absprachen. Weidling reiste als Zeuge aus Argentinien an und ging auffallend schonend mit dem Angeklagten um.

Psychische Belastung des Angeklagten

Prozessbeobachter fragten sich wiederum, warum Foht so lange an Weidling festhielt, obschon der nicht so ein Star zu werden versprach wie die Foht-Zöglinge Helene Fischer oder Florian Silbereisen. „Ein mögliches Abhängigkeitsverhältnis ist nicht aufgeklärt worden“, sagte Richter Dahms. Am 19. April beginnt vor demselben Gericht ein Verfahren wegen Erpressung gegen Weidling.Der MDR entließ Fohr 2011 sofort nach Bekanntwerden der Verstöße und strich seine Pensionsansprüche.

Er habe durch sein Finanzierungskonstrukt „seine gesamte wirtschaftliche Existenz und sein Ansehen aufs Spiel gesetzt“, heißt es nun in der Urteilsbegründung. Das stürzte ihn offenbar in eine tiefe Krise. Ein für 2018 vorgesehener Prozessbeginn musste wegen Verhandlungsunfähigkeit abgesagt werden. Die lange Verfahrensdauer, die psychische Belastung und das Geständnis Fohts wurden mildernd berücksichtigt.

Der im Tatzeitraum amtierende Fernsehdirektor Wolfgang Vietze wiederum sagte im Verfahren nicht aus. MDR-Insider der 2000er Jahre fragen sich bis heute, ob er von den „Improvisationen“ seines Unterhaltungschefs wirklich nichts bemerkt hat.

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