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BeteiligungLidl steigt bei Bio-Kette Basic ein

Ausgerechnet der umstrittene Discounter plant eine Beteiligung an der zweitgrößten deutschen Biosupermarkt-Kette.

Lidl als "richtiger Partner": Bio-Supermarkt Basic in Frankfurt am Main Bild: dpa

Unerwartete Allianz im deutschen Lebensmittelhandel: Die Discounter-Gruppe Lidl-Schwarz - europaweit rund 7.200 Filialen, 30 Milliarden Euro Jahresumsatz und 80.000 Mitarbeiter - steigt bei der Biokette Basic ein. Die ist mit 23 Filialen, 740 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt 73 Millionen Euro die Nummer zwei unter den deutschen Biosupermärkten. Eine entsprechende Information von Branchen-Insidern bestätigten beide Unternehmen.

Nach einer Anfrage der taz verschickte Basic kurzfristig eine ursprünglich erst für Montag geplante Presseinformation. "Durch die Kooperation mit der Schwarz-Gruppe kann die Basic AG dem Bio-Boom zu noch mehr Dynamik verhelfen", heißt es darin. Die 1997 gegründete Biokette mit Sitz in München ist eine Aktiengesellschaft, die allerdings nicht an der Börse notiert ist; die Mehrheit der Aktien halten die Firmengründer. Nach taz-Informationen übernimmt die Schwarz-Gruppe einschließlich einer Wandelanleihe zunächst 23 Prozent von Basic.

Mit dem Einstieg des Lidl-Eigentümers bei Basic treffen komplett gegensätzliche Unternehmensphilosophien aufeinander. Auf "Transparenz und Fairness" werde großer Wert gelegt, heißt es auf der Webseite von Basic. "Wir von Basic sind der Meinung, dass Unternehmen heute ein Stück soziale Verantwortung übernehmen müssen."

Lidl hingegen steht wegen umstrittener Arbeits- und Produktionsbedingungen schon länger in der Kritik. Die Gewerkschaft Ver.di stellte in ihrem "Schwarzbuch Lidl" zusammen, wie das Unternehmen Betriebsräte verhindert und Mitarbeiterinnen schikaniert. Attac kritisierte mangelhafte Transparenz der als Stiftung organisierten Lidl-Schwarz-Gruppe, und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warf dem Unternehmen "Dumping" vor, weil es mit seiner Marktmacht die Milchpreise drücke.

Dass der neue Teilhaber für die Biosupermärkte problematisch sein könnte, fürchtet der Basic-Vorstandsvorsitzende Josef Spanrunft nicht. "Mit diesen Vorwürfen muss der Konzern selbst zurechtkommen", sagte er der taz. "Ich mache mir wenig Sorge, dass uns das Image von Lidl schadet." Zwar seien auch andere Unternehmen als neue Teilhaber im Gespräch gewesen, doch die Verhandlungen hätten ergeben, dass die Schwarz-Gruppe "der richtige Partner" für Basic sei, um weiter zu expandieren. Zum Kaufpreis äußerte sich Spanrunft nicht.

Mit dem Schwarz-Einstieg bei Basic setzt sich der Strukturwandel auf dem deutschen Biomarkt weiter fort. Nachdem es ökologische Produkte bis Mitte der 90er-Jahre überwiegend in kleinen Bioläden gab, sind seitdem Biosupermärkte auf dem Vormarsch; neben Basic vor allem der Marktführer Alnatura und Erdkorn sowie regionale Anbieter wie BioCompany, Viv, Füllhorn und SuperBioMarkt. Zudem haben immer mehr Einzelhandelsketten und Discounter - darunter auch Lidl - eigene Biomarken ins Sortiment genommen.

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12 Kommentare

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  • SK
    Stefan Kumpfmüller

    Lidl und Basic sind nicht unter einen Hut zu bringen.

     

    Um Basic noch eine kleine Chance zu geben, werde ich ab sofort keine Eingenmarken von Basic mehr kaufen.

     

    Sollte sich die Situation nicht wieder ändern oder Lidl wie bereits angekündigt die Mehrheit an Basic anstreben, ist die Konsequenz klar. Nicht mehr bei Basic einkaufen.

     

    Da das Konzept Basic aber immer noch gut ist, wird uns etwas fehlen. Deshalb man Aufruf an die Öko-Branche. Bitte gründet sofort die nächste Kette von Öko-Supermärkten, gerne beteiligen wir Kunden uns auch finanziell. Holt die guten Mitarbeiter aus den Basic-Märketen und startet neu. Dann kann Basic gerne zum Karton-Lager werden wie Lidl, wir werden die Filialien dann nach und nach übernehmen.

     

    Denn es ist möglich einen anderen Weg zu gehen.

  • MH
    Martina Hoffhaus

    Ausgerechnet der umstrittene Discounter Lidl plant eine Beteiligung an der zweitgrößten deutschen Biosupermarkt-Kette Basic. Zwei Werte-Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten - machen zukünftig big business. Kann das gut gehen? Auf der einen Seite stehen die Biopioniere, die gesunde, ökologisch erzeugte, hochwertige Bio-Lebensmitteln für die breite Masse verfügbar machen wollen. Die für Artenvielfalt und faire Produktionsbedingungen stehen und sich soziale Verantwortung auf die Fahnen schreiben. Auf der anderen ein vielgescholtener Discounter, wegen seiner Arbeitsbedingungen seit Jahren im Visier von Kritikern. Verdi widmete den Lidl-Machenschaften sogar ein eigenes Schwarzbuch.

    Umdenken müssen jetzt alle jene, die auch deshalb bei Basic kaufen, weil Sie das Lidl-Prinzip der reinen Profitmaximierung ohne die Bereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung für ihr unternehmerisches Handeln zu übernehmen, bewusst umgehen wollen. Basic ? das ist jetzt klar - will schlicht das was auch Nichtbioketten wollen: Mehr Wachstum, mehr Gewinn und mehr Filialen. Und wenn bei einer solchen Unternehmensstrategie auch noch die Gründer und wahren Biopioniere die Flucht ergreifen, werden bei allen kritischen Verbrauchern, die die ?Geiz ist geil-Mentalität? ablehnen, alle Lampen angehen. Damit gefährdet Basic seine Marke. Nicht dass sich die Basic-Geschäftsleitung keine Gedanken über massive Imageverluste machen würde. Sie werden billigend in Kauf genommen, wie Interviews beweisen. Aktuelle Studien belegen, dass ca. 1/3 der Konsumenten von Unternehmen nachhaltige Produktionsketten, Einbeziehung ökologischer Standards und soziale Verantwortung für Mitarbeiter und Partner verlangen. Und die Anzahl an diesen kritischen Verbrauchern, die sich auch LOHAS (Life of Health and Sustainability) nennen, wächst stetig. Andere Studien hingegen belegen, dass die ?New Consumer? zwar ethisch Denken, aber nicht danach Handeln. Noch immer entscheidet in letzter Konsequenz das Portemonnaie. Und diese Tatsache weiß Basic jetzt besser denn je zu nutzen.

    Wenn Bio aus der Nische treten soll - weil für Mensch und Natur besser - sind dann die Expansionspläne von Basic nicht gar zu begrüßen? Trotz des anhaltenden Booms liegt nämlich der Anteil der Biokost am gesamten Lebensmittelmarkt in Deutschland bei nur drei bis vier Prozent. Außerdem: Birgt diese Kooperation nicht auch die Chance, dass aus dem ?bad boy Lidl? vielleicht ein verantwortungsbewussteres Unternehmen wird? Wer sagt, dass nicht auch Basic Lidl beeinflussen kann? Fragt sich nur, worin der Einfluss bestehen kann. Das Basic-Prinzip ?Bio für alle? hat 2006 jedenfalls auch dazu geführt, dass viele kleinere Naturkostläden trotz des starken Marktwachstums für immer geschlossen werden mussten. Sie konnten dem Wettbewerb mit der steigenden Zahl von Bio-Supermärkten nicht standhalten. Und weil Ökoware mittlerweile in Deutschland knapp ist, wird Sie aus fernen Ländern eingeflogen. Ich hoffe, dass König Kunde immer mehr darüber nachdenkt, wem er sein Geld gibt und was er damit unterstützt.

     

    Martina Hoffhaus, Frankfurt am Main: hoffhaus@message-pool.de

  • BK
    Boy Kott

    Es ist ein Schock, ein Backenstreich ins Gesicht der ungetrübten ?Ich tu mir und uns allen was Gutes und kauf Bio? Verbraucherfreuden, ein Tritt ans Schienbein der Hoffnung auf eine faire bessere Welt! (hört sich hysterisch an? Ist aber so!)

    Ein Schock, obwohl man längst weiß, dass es die heile Bio Welt so nicht mehr gibt und dies spätestens seitdem Bio Massenprodukte bei Lidl und Aldi im Regal stehen. Einerseits: Natürlich gute Sache das, wenn denn drin ist, was behauptet wird, und so weltweit ökologische Standards gesetzt werden.

    Andererseits, ist dadurch natürlich einer der Grundfesten ökologischer Ernährung, nämlich die weit über den Preis hinausgehende Verbindung des Bio Bauern in der Nähe des Verbrauchers gar nicht mehr möglich, vom internationalen Preisdumping und der damit einhergehenden Verwässerung der Standards gar nicht zu sprechen!

     

    Warum gerade die Arbeiterklasse (also alle, die arbeiten müssen um zu überleben?) bei einem Arbeiterklassenfeind wie Lidl einkauft, obwohl es viele Alternativen gibt?

    Weiter gefragt: Warum macht Lidl was Lidl tut? Weil ?wir? es anscheinend mit uns machen lassen, und jeder Einkäufer bei Lidl dessen interne Strukturen und knallharten Geschäftspraktiken durch seinen Einkauf indirekt Recht gibt!

    Aber mit mir nicht, denn Alternativen gibt es auch zu Basic, und diese werde ich in Zukunft mit Sicherheit wählen, z.B. der charmante, gut sortierte, preislich angemessene mit Frischeware sehr gut bestückte Vollkorner an der Donnersberger Brücke in München!

    ?Trotz dem?: Ich bin ziemlich fertig deswegen, ehrlich gesagt!

  • T
    trudi66

    na sagte ich bereits vorher schon...

    Boykottiert Basics!!

     

    p.s. wundere mich wo mein anderer Kommentar verbliebe ist! komisch...

  • SS
    Susanne Spanier

    Ich kaufe prinzipiell nicht bei Lidl und damit auch nicht mehr bei Basic. Dies tat ich bislang sowieso nur wegen des breitgefächerten Fleischangebotes - ansonsten ist Basic verglichen mit Biosupermärkten anderer Eigentümer (z.B. Vollcorner in München)teuer, gerade beim Gemüse und Obst nicht überzeugend in der Qualität und mit teilweise sehr muffeligem und unqualifiziertem Personal besetzt. Zudem herrscht bei der Basic Eigenmarke keine Transparenz darüber, ob der Inhalt aus Verbands- oder EU Produktion stammt.

    Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass viele Verbraucher, die wie ich seit vielen Jahren ihre gesamten Lebensmittel aus ökologischem Landbau und "artgerechter" Tierhaltung beziehen, sehr wohl ein geschäftsschädigendes Problem mit der Haltung des Basic Vorstandes haben werden, die da lautet: Egal mit wem - Hauptsache der Profit stimmt!

    Und ich wünsche mir, dass gerade die Kunden für die es nicht nur "auch mal ein bisschen Bio" sein darf, zukünftig kritischer und weniger gutgläubig mit selbsternannten Bio-Missionaren umgehen werden. Als Beispiel hierfür seien die immer aufgeweichteren Richtlinien und Verordnungen für Lebenmittel mit dem EU Biosiegel genannt.

  • Y
    Yaltenbrucker

    Ich habe Basic bereits (schweren Herzens) als Einkaufsziel ausgeschlossen, seitdem vor ein paar Wochen bekannt wurde, daß die Firma rüde Entmietungsaktionen in der Münchner Innenstadt in Auftrag gegeben hat, um einen neuen Standort eröffnen zu können. Schade eigentlich, aber es gibt Dinge, die sind NICHT unterstützenswert. Eine Zusammenarbeit mit Lidl besiegelt nur das schlechte Image.

  • KH
    Kai Hartmann

    Leb' Wohl, Basic. Ich habe Euch von meiner Einkaufslandkarte gestrichen. Wie schlecht muss es um Basic stehen, dass sich die Eigentümer mit dem schlimmsten deutschen Lebensmittelhänlder einlassen?

  • F
    Fritz

    LIDL mag einen fiesen Inhaber haben, die Produkte sind aber nicht alle ganz uebel.

  • HB
    H. Blair

    Man soll Lidl boykottieren. Lidl bot Reisen nach Kärnten, eine berühmte Neo-nazientklave, für EUR88.00 an.

  • SR
    Sören Roth

    Eines scheint absehbar: Die gepimpte Gesellschaft EUROPA soll endlich die

    soziale Gesellschaft EUROPA in die knie Zwingen. Alle Profiteure, alte, und zugewanderte - welche in der Leistungsbestätigungsgesellschaft angekommen sind - sprich trotz vielleicht solidarisch finanzierter (steuerlich) Chancen den eigenen STATUS als reine EIGENLEISTUNG begreifen, werden sich einreihen in die Front der Freiheitlichen und ihren Besitzstand zu waren wissen.

    Man muss ja nur richtig wählen.

     

    BASIC sind eben keine Robins oder Hoods. Ersteinmal die preisfeste Ideologie der Nachkriegs-Weltverbesserungsmenschen ausnutzen. Und wenn diese Benchmarkgesellschaft

    Bonitätsniveau erreicht einfach "rübermachen". So war es immer. Daran sind alle Ideologien gescheitert, oder besser alle Trends welche eine bessere Welt zum Ziele hatten.

    Schließlich kann die PrivatTV - Generation sich lt. Spiegel die Welt jetzt von den Reichen retten lassen. Strahlt doch gleich auf eine ganze Klasse ab!

     

    Nur nicht zynisch werden auf den letzten paar Jahren.

     

    Schließlich hat auch der Dalailama nicht interveniert als der letzte Spiegelaufmacher ihn als "DER GOTT ZUM ANFASSEN" machte. Vielleicht sagte man ihm es bezöge sich auf den Ausdruck der deutschen Sprache welcher eine gewisse Nähe zum Anderen - Mitmenschen herausstellt. Ich denke aber es soll provozieren und einen den Stachel der nicht versöhnlich geklärten theologischen Frage der göttlichen Abstammung des Menschen von Gott und einem damit verbundenen Vermächtnis - sprich Auftrages für den Menschen im Selbstverständnis zur Welt und aller Geschöpfe - noch tiefer rammen.

     

    Die PTV Generation wird dieses philosophischen Streites schnell überdrüssig sein und sich unentschieden anderen Göttern zuwenden: Geld, Gier und Mastubation, PseudoMarken, Trends, Paris Hilton, Tom Cruise,

    Guido Westerwelle, Erfolgbinichgeiltypen und vielleicht der BILD, der Bilder wegen.

     

    PS. Wäre toll wenn die Taz eine ALTERNATIV MASKE für Ihre Website im guten alten STYLE präsentieren würde.

    Werbefrei.

  • RS
    roland schüler

    Hallo

     

    ich kann Lidl und basic nicht zusammenbringen.

     

    Bisher war es für mich sehr einfach in meiner Einrichtung der politischen Erwachsenenweiterbildung immer auf basic zu verweisen und das all unsere Produkte (kaffee/Tee/Gebäck/Milch) etc von Basic ist und nicht von Lidl. Nun ist es auch Lidl und wir werden wohl zu Vierlinden wechseln müssen. wegen unseres Image.

     

    Viele Grüße

     

    Roland Schüler

    Friedensbildungswerk Köln

  • KR
    Karl Raduns

    Ich finde es OK, wenn Bionade Coca Cola erlaubt, ihre Biolimo mit zu vertreiben. Von Bio-Buden ständig absolutes Gutmenschentum zu verlangen, ist nichts als eine alberne Projektion von Leuten, die mit ihrer eigenen Unzulänglichkeit nicht zurecht kommen. Deshalb sind auch alle so empfindlich Bionade gegenüber: Der Heiland muss rein bleiben, wenn schon das eigene Leben nicht! Dennoch. Es gibt Grenzen. Mit Lidl begibt sich Basic weit außerhalb des Feldes relativen unternehmerischen Gutmenschentums. Lidl ist eine Saubande, weil die nicht so müssen, wie sie tun. Wirklich nicht. Und weil sie es trotzdem tun, machen sie die Welt schlechter. Und Basic muss das nicht. Ich habe mich schon mit eingeschweißten Bio-Gurken aus China abgefunden. Mit Lidl in Basic werd ich mich nicht abfinden.

     

    Genervte Grüße

    Karl Raduns