Besuch des IAEA-Chefs in Kursk: Eine Absage wäre falsch
Die Reise des IAEA-Chefs nach Kursk ist richtig, denn es ist die beste Gelegenheit klazustellen, wer der Aggressor im Ukraine-Krieg ist.
I AEA-Chef Rafael Grossi soll seine Reise zum AKW Kursk in der Stadt Kurtschatow absagen, findet die Sektion Zentral- und Osteuropa von Greenpeace. Mit dieser Reise würde Grossi nur die Interessen Russlands bedienen.
Die Befürchtungen von Greenpeace sind berechtigt. Wenn Grossi in Russland, und das ist nun mal kein neutrales Territorium, eine Pressekonferenz gibt, kann es schnell passieren, dass ihm die Kontrolle über die Veranstaltung entgleitet, seine Rede manipulativ der Öffentlichkeit präsentiert wird und der Eindruck entstehen könnte, Rosatom und die IAEA seien eine Firma.
Gleichwohl gibt es auch gute Gründe, die für die Reise sprechen. Wenn ein Betreiber die IAEA offiziell über Gefahren informiert, die einem AKW in seinem Verantwortungsbereich drohen, dann muss diese Befürchtung geprüft werden – selbst dann, wenn sich der Verdacht aufdrängt, die entsprechende Seite schüre Ängste, um die eigene Agenda durchzusetzen.
Russland jedenfalls behauptet, die Ukraine habe das AKW mit Drohnen angegriffen. Ganz ausschließen sollte man diese Möglichkeit nicht, gibt es doch zumindest einen Fall, bei dem die ukrainischen Behörden selbst erklärt haben, das AKW Saporischschja mit einer Drohne angegriffen zu haben.
Nicht vereinnahmen lassen
Grossis Besuch im Kriegsgebiet ist richtig, das erfordert die gefährliche Situation um die AKWs Kursk und Saporischschja. Aber er sollte sich nicht von Rosatom und der russischen Regierung vereinnahmen lassen. Und er sollte internationale Journalisten mit auf die Reise nehmen.
Man stelle sich vor, Grossi spricht auf einer Pressekonferenz im russischen AKW Kursk über die Gefahren, die diesem AKW drohen, und erklärt in einem zweiten Schritt, dass es dazu nicht gekommen wäre, wenn Russland nicht, allen Regeln des internationalen Rechts und der IAEA zum Trotz, das AKW Saporischschja überfallen hätte. Das wäre doch eine wirkmächtige Aussage. Es gibt keinen besseren Ort, über das Verbrechen des Überfalls auf das AKW Saporischschja zu sprechen als das Pressezentrum des AKW Kursk.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Ineffizienter Sozialstaat
Geteilte Zuständigkeiten
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Europarat beschließt neuen Schutzstatus
Harte Zeiten für den Wolf