piwik no script img

Besuch des Berliner DuschmobilsWaschen, föhnen und – innehalten

Das Duschmobil ist fünf Tage die Woche unterwegs. Es bietet obdachlosen Frauen eine Waschmöglichkeit – und sozialpädagogische Betreuung.

Das Innenleben des Duschmobils vom Sozialdienst katholischer Frauen Foto: picture alliance/dpa

Berlin taz | Das Duschmobil steht heute direkt hinter dem Ostbahnhof. Es ist kaum zu übersehen: Seine Fassade schmückt ein großflächiger Druck eines tropischen Wasserfalls samt buntem Papagei. Seit August 2019 bietet der umgebaute Transporter obdachlosen Frauen die Möglichkeit, sich zu waschen und zu pflegen.

Jetzt, in Coronazeiten, offenbart sich mehr denn je, wie wichtig das ist: denn die hygienischen Bedingungen, unter denen ein Mensch lebt, wirken sich direkt auf gesundheitliche Risiken aus. „Hier bekomme ich neben der Duschmöglichkeit auch Desinfektionsmittel und einen Mundschutz“, freut sich Nina, die das Duschmobil letzte Woche entdeckt hat und das Angebot heute schon zum zweiten Mal wahrnimmt. Dass die Frauen, so wie sie, direkt beim ersten Kontakt duschen, ist die Ausnahme.

„Bei den meisten erfordert es einen langen Vertrauens- und Beziehungsaufbau, bis sie sich dafür sicher genug fühlen“, berichtet die 25-jährige Ella Winkelmann.

Für die Nutzerinnen sei das Duschmobil auch ein Ruhe- und Schutzraum: Fernab vom Schmutz der Straße und dem oft zehrenden Alltag können sie sich hier für bis zu 90 Minuten sich selbst widmen. „Frauen sind auf der Straße oft Gewalt und großer Unsicherheit ausgesetzt“, stimmt Kollegin Sheila Schumacher zu. „Hier bekommen sie Gelegenheit, für einen Moment in sich zu kehren.“

Um mal ungestört zu sein

Das Ambiente des Duschmobils lädt auch dazu ein: In seinem Innenraum befindet sich ein geräumiges, sauberes Badezimmer mit Dusche, der türkis gestrichene Raum ist hell und einladend. „Die Idee und Umsetzung ist wirklich toll“, findet Nina. „Hier habe ich für eine gewisse Zeit meinen ganz persönlichen Bereich.“ Ein Raum, um auch mal ungestört zu sein: für die meisten eine Selbstverständlichkeit, für einige die seltene Erfüllung eines menschlichen Grundbedürfnisses.

An fünf Tagen in der Woche sind Winkelmann und Schumacher in Berlin unterwegs – in Schöneberg, Friedrichshain, Wedding und zweimal in Tiergarten. Das Projekt wird vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) getragen und vom Senat mit 125.000 Euro jährlich gefördert.

Neben der Duschmöglichkeit werden Wasser, Kaffee und kleine Snacks angeboten. „Das ist ganz wichtig, um mit den Frauen ins Gespräch zu kommen“, so Winkelmann. Denn das Duschen ist nur ein Teil des Hilfsangebots: „Wir versuchen, auch sozial­pädagogische Betreuung zu leisten. Wir sind gut vernetzt und können die Frauen an Unterkünfte und Beratungsstellen weitervermitteln.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Das müsste es viel öfter geben. Wo dürfen Männer duschen?

    • @Patricia Winter:

      Beispielsweise hier:



      www.berliner-stadt...lose/hygienecenter

      Ich gehe mal davon aus, dass man nicht erklären muss, wieso Angebote für 'sicheres' Duschen speziell für Frauen wichtig sind.