Beschluss des Landgerichts: taz erfolgreich gegen Vermieter

Eigentümer Marc Jahnel will drei Mietern in der Neuen Hochstraße 48 im Wedding kündigen und der taz verbieten, seinen Namen zu nennen.

Heuschrecken vor Gericht. Foto: ap

Erst auf Eigenbedarf kündigen und dann dem Medium, das dies öffentlich macht, auch noch den Mund verbieten wollen. So hat sich Marc Jahnel, der Eigentümer des Mietshauses Neue Hochstraße 48 in Wedding, das gedacht. Das Landgericht Berlin hat den Eigentümer und Mitgeschäftsführer der Immobilienfirma Trusthouse GmbH nun in die Schranken verwiesen.

Am 7. September hatte die taz über den Fall berichtet. Eine Mieterin und zwei Mieter, die seit 1970, 1978 und 1985 in den Altbauwohnungen leben, hatten Anfang Juni einen Brief von Jahnel bekommen. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass ihre Wohnungen wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Die Kündigungsfrist sollte neun Monate betragen.

Über den Grund für die Kündigungen hatte die taz in ihrem Bericht geschrieben: „Marc Jahnel hat zwei Töchter. Eine von ihnen ist 24 Jahre alt und will mit ihrem Freund zusammenziehen. Auch die jüngere Tochter (19) will nach dem Abitur in eine eigene Wohnung ziehen. Der besorgte Vater, heißt es im Kündigungsschreiben des Anwalts, ‚möchte deshalb, dass eine Bezugsperson in der unmittelbaren Nähe wohnt, die seiner Tochter bei der Eingewöhnungsphase zur Seite stehen kann‘.“

Ebendiese Passagen hatte die von Jahnel beauftragte Anwaltskanzlei Irle Moser unter dem Hinweis auf die Privatsphäre der Töchter in einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden versucht.

Ein gewerblicher Vermieter

Darüber hinaus sollte es der taz auch verboten werden, den Namen des Eigentümers zu nennen. Der Informationsgehalt der Berichterstattung wäre durch neutrale Bezeichnungen wie etwa Hauseigentümer ebenso gewahrt gewesen, so Jahnels Anwälte.

Das aber hatte das Landgericht schließlich am 17. Oktober verneint, wie der Anwalt Johannes Eisenberg, der die taz in diesem Fall vertrat, mitteilte: „Das Landgericht hielt den Antrag von Marc Jahnel schon deshalb für unbegründet, weil er als gewerblicher Immobilienunternehmer eine kritische Berichterstattung über die Eigenbedarfskündigungen auch unter Namensnennung hinnehmen muss“, so Eisenberg. Schließlich habe die taz nachgewiesen, dass Marc Jahnel als Geschäftsführer verschiedener Immobilienunternehmen auftritt.

Aber auch Jahnels Töchter müssen die Berichterstattung der taz hinnehmen, wie es im Beschluss des Gerichts heißt: „Vorliegend werden mit der aufgegriffenen Passage allein die Informationen mitgeteilt, die für das Verständnis der Eigenbedarfskündigungen erforderlich sind. Nur durch die Mitteilung (…) erklärt sich der Bedarf an einer entsprechend großen Wohnung.“

Im Klartext: Die taz durfte Jahnel beim Namen nennen und das Alter seiner Töchter, die namentlich nicht genannt werden, ebenso veröffentlichen. Auch hierzu ist die Begründung des Landgerichts interessant: „Da aufgrund der unbestrittenen gewerblichen Tätigkeit des Marc Jahnel bei ihm von einem gewerblichen Immobilienbesitzer auszugehen ist, handelt es sich bezogen auf ihn um eine Berichterstattung aus seiner Sozialsphäre. Über die von ihm ausgesprochenen Kündigungen durfte daher berichtet werden. Dass hierbei zwangsläufig wahre Tatsachen aus der Privatsphäre der Töchter veröffentlicht werden mussten, ist von ihm hinzunehmen. Der Kernbereich ihrer Privatsphäre ist nicht betroffen.“

Für Eisenberg ist die Gerichtsentscheidung „interessant, weil sie von einer im Jahre 2005 getroffenen Entscheidung abweicht und der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Recht der Presse, wahre Berichterstattung auch über Privatsphäre vorzunehmen, berücksichtigt“.

Allerdings will sich Eigentümer Marc Jahnel mit dem Beschluss nicht zufrieden geben. Über seine Anwaltskanzlei hat er am 18. Oktober eine sofortige Beschwerde eingereicht und auf die „zum Teil äußerst wahrheitswidrigen Ausführungen der Antragsgegnerin“ hingewiesen. Und auch die Mieter in der Neuen Hochstraße geht Jahnel nun noch schärfer an. Anstatt die von ihm in seinem Kündigungsschreiben vom Juni eingeräumte Einspruchsfrist bis Anfang 2017 abzuwarten, wurde ein Mieter bereits zum 12. Dezember zu einer mündlichen Verhandlung geladen. Auch dabei beruft sich Jahnel auf die taz: Der Mieter habe angekündigt, Widerspruch gegen die Kündigung zu erheben.

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