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Berufsverbot für rechten PolizistenBeamtenstatus zurecht entzogen

Das Verfassungsgericht weist die Beschwerde eines Ex-Polizisten ab, der bei Pro NRW aktiv war. Auch für AfD-Funktionäre könnte das relevant werden.

Nichts für Beamte: Kundgebung von Pro NRW in Bonn 2013 Foto: dpa

Karlsruhe taz | Wer sich für die rechtsextremistische Regionalpartei Pro NRW engagiert, kann seinen Beamtenstatus verlieren. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt die Klage des ehemaligen Kommissars Wolfgang Palm abgelehnt.

Wolfgang Palm war seit den 1970er-Jahren Polizist, zuletzt Polizeihauptkommissar. Ab 2010 war er Aachener Kreisvorsitzender von Pro-NRW, ein Jahr später sogar stellvertretender Landesvorsitzender. Bei der NRW-Landtagswahl 2012 trat er auf Platz 2 der Landesliste für Pro-NRW an.Diese drei Aktivitäten für Pro NRW führten dazu, dass Palm im selben Jahr vom Dienst suspendiert wurde.

2014 verfügte das Verwaltungsgericht Düsseldorf seine endgültige Entfernung aus dem Beamtenstatus. Dagegen klagte er erfolglos beim OVG Münster, beim Bundesverwaltungsgericht und – wie am Mittwoch bekannt wurde – jetzt auch beim Bundesverfassungsgericht.

Mit der herausgehobene Tätigkeit für Pro NRW habe Palm seine „politische Treuepflicht“ verletzt, so die nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte. Pro NRW verfolge Ziele, die mit dem Grundrecht auf Achtung der Menschenwürde unvereinbar seien. So würden einzelne Bevölkerungsgruppen „aufgrund ihrer Herkunft beziehungsweise ihres religiösen Bekenntnisses pauschal herabgewürdigt und ausgegrenzt“.

Das Programm der Partei sei dazu angetan, Angst- und Neidgefühle zu schüren, Muslime und Menschen türkischer oder arabischer Herkunft würden zum bloßen Objekt negativer Emotionen gemacht. Die Gerichte folgten damit weitgehend der Argumentation des Verfassungsschutzes, der Pro NRW seit 2011 als verfassungsfeindliche Partei einstuft.

Auf seiner Webseite berief sich Palm dagegen auf die Meinungsfreiheit. Sachlich vorgetragene Kritik etwa zur „unkontrollierten Zuwanderung in die Sozialsysteme“ oder zu „überproportionalen Kriminalitätsauffälligkeiten bei jugendlichen Intensivtätern mit Migrationshintergrund“ müsse auch für Beamte möglich sein. Er habe nie einzelne Moslems angegriffen und sich nur mit dem Islam auseinandergesetzt.

Der Karlsruher Beschluss hat nur zwei Seiten und verzichtet auf jegliche inhaltliche Argumentation.

Palm ging noch kurz vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, diese werde „zukunftsweisend“ sein und „Rechtsgeschichte schreiben“. Das kam nun aber anders, als er dachte.

Eine dreiköpfige Kammer des Bundesverfassungsgerichts lehnte Palms Klage jetzt in Bausch und Bogen ab. Sie habe sich nicht ausreichend verfassungsrechtlich mit den bisherigen Gerichtsurteilen auseinandergesetzt. Der Karlsruher Beschluss hat allerdings nur zwei Seiten und verzichtet auf jegliche inhaltliche Argumentation.

Palm ist inzwischen aus Pro NRW ausgetreten

Palm ist 2015 im Zuge parteiinterner Auseinandersetzungen bei Pro NRW ausgetreten. In Aachen sitzt er noch im Stadtrat. Gemeinsam mit einem AfD-Politiker bildet er dort die Gruppe „Allianz für Aachen.“

Palms Berufsverbot und dessen gerichtliche Bestätigung zeigt: Sobald auch die AfD vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft wird, werden Funktionäre mit AfD-Parteibuch in großer Zahl ihren Beamtenstatus und damit auch ihre Arbeit und ihre Pensionsansprüche verlieren.

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11 Kommentare

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  • Politische Treuepflicht in den schwarz-braun durchseuchten Sicherheitsapparaten

    Daran gemessen müßten man in Frankreich jeden zweiten Beamten der verschiedenen Sicherheitsbehörden feuern. Einer IFOP-Studie zufolge haben die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (DLF, 4% zu 2%). (Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm des französischen Pendants zur AfD gezählt werden.

    Warum sollte das in der übrigen EU und vor allem ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der „Schwarzen Reichswehr“, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna-Papiers“ von General Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“ („nahe an Revolte und Putsch“ - „Die Zeit“), der Günzel- und jüngst der Maaßen-Affäre sowie der unverhohlen AfD-affinen Positionen von Bundespolizei-Chef Romann und DPolG-Chef Wendt. Sehr auffällig ist schließlich das in den Corporate Media vorherrschende ohrenbetäubende Schweigen zu den jüngst von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr („Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee“, Taz v. 16.11.2018)

  • Teile der Linkspartei und ihrer Jugendorganisationen werden ebenfalls als verfassungsfeindlich eingeordnet. Wieviele Beamte müssten man da schassen?

    Ausserdem können selbst Ex-Mitglieder ihren Beamtenstatus einklagen. www.sueddeutsche.d...-hindern-1.3912585

  • „Sobald auch die AfD vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft wird, werden Funktionäre mit AfD-Parteibuch in großer Zahl ihren Beamtenstatus und damit auch ihre Arbeit und ihre Pensionsansprüche verlieren.“

    Beide Automatismen scheinen mir zweifelhaft. Es ist bei weitem nicht ausgemacht, dass die AfD als Partei verfassungsfeindlich und nicht etwa „nur“ rechtsextrem ist bzw. durch den Verfassungsschutz so eingestuft wird.

    Noch viel weniger scheint mir die automatische Entfernung aller AfD Mitglieder aus dem Beamtenstatus.

    Hier scheint mir eher der Wunsch Vater des Gedankens zu sein. Zur Thematik Beamte in der AfD habe ich hier in den letzten Tagen schon differenziertere Artikel gelesen. Schade.

    • 9G
      90857 (Profil gelöscht)
      @Kriebs:

      Auf jeden Fall hat diese letztinstanzliche Entscheidung eine neue Qualität.

      Damals, Anfang der 70er und bezüglich der sog. Berufsverbote ging es nach meiner Erinnerung primär bis ausschließlich um Beamtenanwärter, nicht um bereits seit Jahren im Beamtenstatus seiende.

      Insofern, und obwohl weder Beamter noch AfD-Wähler (eher ein alter 68er Linker), so erschreckt mich diese, wie der Autor hier schreibt, inhaltlich nicht begründete Entscheidung des Verfassungsgerichts dann doch etwas.

      • @90857 (Profil gelöscht):

        Die Antwort muss sie erst mal nicht so sehr erschrecken, denn die Beschwerde wurde aus formalen Gründen nicht angenommen und daher auch inhaltlich nicht behandelt. Der Anwalt des Polizisten hat scheinbar seinen Job schlecht gemacht und aus den Urteilen der Vorinstanzen nicht sauber herausgearbeitet, warum hier verfassungsgemäße Rechte des Polizisten verletzt wurden.



        Daher kann man aus dieser Entscheidung auch keinen Automatismus gegen verbeamtete AfD Mitglieder ableiten, wie das der Autor des Artikels tut.

        • 9G
          90857 (Profil gelöscht)
          @Ressourci:

          Rudimentär habe ich das schon mitbekommen, ist mir dennoch wenig Trost - wider das Erschrecken ...

          Die (angenommene) Verfassungsfeindlichkeit dieser in Rede stehenden Partei (Pro-NRW) basiert nach meinem Verständnis doch lediglich auf einer Einschätzung des Verfassungsschutzes.

          Darüber hinaus als formalrechtliches Verbotsverfahren wäre es -wegen der möglicherweise vielen V-Leute eben dieses Verfassungsschutzes- vielleicht ausgegangen wie das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren.

          Insofern muss ich mich -als Nichtjurist- nicht mal im Detail mit den Entscheidungen der Vorinstanzen auseinandersetzen. Es sei denn, der Beamte wäre wegen einer strafrechtlichen Relevanz seiner Tätigkeiten bzw. Äußerungen bereits rechtsgültig verurteilt.







          Einen Beamten ansonsten und (lediglich) wegen seiner aktiven Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei den Beamtenstatus zu entziehen, das mag mich schon erschrecken.

      • @90857 (Profil gelöscht):

        vorm erschrecken täte ich lieber erst noch die in www.bundesverfassu...28_2bvr243218.html angeführten instanzgerichtlichen entscheidungen + die verfassungsbeschwerde selbst lesen.

        • @christine rölke-sommer:

          ok - ich verfüg mich da mal a weng rathsuchend rein. Newahr.

          (Normal ja aber eher nich - nur einst in den Akten!;)