Bernd Pickert über antimuslimische Töne im US-Wahlkampf: Erst denken, dann wählen
Es scheint, als ob Donald Trump diesmal zu weit gegangen ist. Seine beleidigenden Äußerungen gegen das Ehepaar Khizr und Ghazala Khan haben in den USA einen Sturm der Kritik entfacht – ungewohnt für den Kandidaten, der sich bislang jeden Fehltritt erlauben konnte, ohne dass es ihm geschadet hätte. Jetzt aber gehen selbst republikanische Parteifreunde auf Distanz.
Der Kandidat hat an einem Tabu gerührt: Er hat es gewagt, schlecht über eine „Gold Star Family“ zu reden – eine Familie also, deren Sohn als US-Soldat im Krieg getötet wurde. Captain Humayun Khan war im Jahr 2004 im Irak ums Leben gekommen. Bitter, dass es eines solchen Schicksals bedarf, um als (muslimisches) Individuum in Schutz genommen zu werden, während die Öffentlichkeit die ständige kollektive Beleidigung einer Religionsgemeinschaft akzeptiert. Die Khan-Affäre zeigt, wie weit sich der öffentliche Diskurs inzwischen von Grundregeln des Respekts und des Anstands entfernt hat.
Nicht nur in den USA.
Es zeigt aber auch, wie falsch all jene liegen, die derzeit die Internetforen mit der Ansicht füllen, es sei vollkommen egal, ob Trump oder Clinton die Wahl gewännen, es werde sich ohnehin nichts ändern. Man solle am besten Jill Stein von den Grünen die Stimme geben, die habe wenigstens ein linkes Programm.
Dasselbe Argument, die großen Parteien seien gleichermaßen von Lobbyinteressen unterwandert, brachte bei der Wahl 2000 George W. Bush an die Macht, weil der grüne Kandidat Ralph Nader dem demokratischen Kandidaten Al Gore die entscheidenden Stimmen wegnahm.
Wer im Nachhinein, nach Afghanistan- und Irakkrieg, nach CIA-Geheimgefängnissen, Folter und Guantánamo meint, das sei unwichtig gewesen, ist nicht ganz bei Trost. Es wäre schön, wenn angesichts der realen Gefahr, die von Donald Trump ausgeht, nicht erst wieder hinterher bemerkt würde, dass es eben nicht egal ist.
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