Berliner Schwebebahn-Fantasien – Contra: Schweb dich!

Berlin braucht eine Magnetschwebebahn. Glaubt zumindest die CDU. Es spricht so viel gegen die Idee – man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.

Das Bild zeigt die M-Bahn nach einem Unfall

Berlin hat schon Ende der 80er, Anfang der 90er richtig gute Erfahrungen mit Magnetbahnen gemacht Foto: Sabine Sauer

Zugegeben, es ist ziemlich einfach, sich über das Magnetbahn-Projekt lustig zu machen, das die Berliner CDU gerade aus ihrer verkehrspolitischen Wundertüte gezogen hat: der verunglückte Transrapid, Edmund Stoibers Gestammel, die putzige M-Bahn, die am Kemperplatz durch die Bahnhofswand gerammelt ist. Muss man da überhaupt noch inhaltlich werden, um diese Idee abzulehnen? Natürlich muss man. Aber die Aufgabe bleibt leicht.

Weniger leicht ist es zu entscheiden, wo man überhaupt anfangen soll. Am besten einfach bei der Tatsache, dass es keine so gute Idee sein könnte, eine neue Verkehrstechnologie ausgerechnet in Berlin auszuprobieren. Wo vielleicht nicht alles schiefgeht, was schiefgehen kann, aber doch eine ganze Menge. Die Aufzählung sparen wir uns an dieser Stelle.

Sich vor diesem Hintergrund, wie es die CDU offenbar anstrebt, in die Hände eines einzelnen Unternehmens zu begeben – der Firmengruppe Max Bögl, die ihre Magnetbahn „TSB“ als Komplettlösung liefern will –, ist gleich noch gewagter. Was, wenn die Oberpfälzer finanziell ins Strudeln geraten? Was, wenn ihre Technologie in der Anwendung Probleme macht, die dann kein anderer ausbügeln kann oder darf?

Man sollte nicht vergessen, dass die schicken kleinen TSB-Züge bis dato nur über Teststrecken an einem bayerischen Baggersee und im chinesischen Chengdu gleiten. Berlin sollte den BayerInnen und ChinesInnen auch den Vortritt dabei lassen, das System im echten Leben einzusetzen und die entsprechenden Risiken in Kauf zu nehmen.

Magnetschwebebahn wird keine Lücke füllen

Ein spezifisches Risiko, das man als Berliner Politiker offenbar berufsbedingt nicht erkennen kann, ist die Lücke zwischen behaupteten und tatsächlichen Kosten. Dass eine 5 bis 7 Kilometer lange Pilotstrecke, wie sie CDU-Fraktionschef Dirk Stettner vorschwebt, für 85 Millionen Euro zu haben ist, glaube, wer wolle. Andere haben dankenswerterweise schon ein bisschen gerechnet und sind – wenig überraschend – auf deutlich höhere Beträge gekommen.

Da sind wir aber noch nicht mal bei der Kernfrage angelangt: Wie lautet eigentlich das Problem, für das Stettner und Co. hier die vermeintliche Lösung präsentieren? Die Strukturschwäche der Oberpfalz sollte jedenfalls nicht die Sorge des Berliner Senats sein. Für den sicheren, schnellen und komfortablen Transport der BerlinerInnen aber gibt es prinzipiell schon ganz gute Lösungen, denen es nur an Mitteln fehlt, um noch attraktiver zu werden.

Nicht mal für eine Einzellösung, bei der die magische Magnetbahn eine Lücke füllen und glänzen könnte, drängt sich eine bestechende Idee auf. Der BER ist bekanntlich schon gut angebunden und soll nach dem Willen von Schwarz-Rot auch noch an die U7 gehängt werden.

Dann vielleicht die Route vom Hauptbahnhof zur künftigen Urban Tech Republic auf dem Ex-Flughafen Tegel? Ein Blick auf Stadtplan und Luftbild zeigt schnell, dass die Planfeststellung eines solchen Vorhabens (mit unklarem Nutzen) Unmengen an Zeit und Verwaltungsaufwand verbrennen würde. Gerade erst fertiggestellte Neubauviertel, zu kreuzende Bahnviadukte, ein Kraftwerk, ein Hafen und eine Schleuse auf dem Weg? Kann man machen – wenn man jede Menge Zeit und Geld hat.

Ein CDU-Mittelfinger aus Beton

Überhaupt ist die vom Anbieter blumig behauptete Vereinbarkeit seines Transportsystems mit einer verdichteten Stadtstruktur („schmiegt sich nahezu unauffällig ins Stadtbild ein“) nicht ganz so offensichtlich. TSB verweist darauf, dass sich im Untergrund einer Metropole ja schon „eine Vielzahl an Versorgungsrohren sowie U-Bahn-Tunnel“ befinde. Ja, und?

Wo schon die U-Bahn fährt, braucht es keine M-Bahn, und die Fundamente der massiven Betonständer, die deren Trasse tragen würden, dürften gerade mit dem Leitungs-Wildwuchs im Boden ein gehöriges Problem haben.

Die größte Unverschämtheit am CDU-Vorschlag bleibt natürlich, dass das Ganze aus dem Klimaschutz-Sondervermögen bezahlt werden soll. Aus einem Sonderkredit, der – wenn er das aktuelle verfassungsrechtliche Beben heil übersteht – für effiziente Maßnahmen zur CO2-Reduktion und zur Anpassung an den Klimawandel eingesetzt werden muss. Nicht für irgendein Maybe-Nice-to-Have.

Das ist ein Mittelfinger aus Beton, den die CDU da allen KlimaschützerInnen ins Gesicht drückt. Ende der Debatte, aber bitte schnell!

Oder lohnt doch ein zweiter Blick auf das Projekt? Ein Pro zum Magnetschwebebahnbau von Gereon Asmuth finden Sie hier.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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