Berliner Schulen bekommen Luftfilter: Einmal tief durchatmen
Weil an vielen Schulen die Fenster nicht richtig öffnen, schafft der Senat für 4,5 Millionen Euro 1.200 Luftfilter an – um so Aerosole zu reduzieren.
Die Luftfilter für Klassenräume sind schon lange in der Diskussion. Seit die Schulen nach den Sommerferien zum normalen Betrieb ohne Abstandsregeln zurückgekehrt sind und die Temperaturen wieder kälter werden, hat sich die Debatte um vernünftige Lüftungskonzepte verschärft. Klar ist: Viele Schulen haben so gravierende bauliche Mängel, dass sich die Fenster nicht einfach mal eben öffnen lassen. Wie viele das genau in Berlin sind, müssten eigentlich die Bezirke wissen – doch eine koordinierte Abfrage gab es bisher nicht.
Das Lüftungskonzept der Kultusministerkonferenz, das Berlin übernommen hat, sieht vor: Einmal fünf Minuten Lüften nach der Hälfte jeder Unterrichtsstunde – und voller Durchzug in den Pausen, also Fenster und Türen weit auf. Berlins Bildungsverwaltung ergänzt das Konzept um den Hinweis, den Kindern „entsprechend warme Kleidung“ anzuziehen.
„Wir haben aber von verschiedenen Schulen Rückmeldungen, dass das mit dem Lüften eben nicht geht“, sagt Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses. Er sagt, man „begrüße“ die Entscheidung pro Luftfilter aus Elternsicht. „Allerdings ist jetzt die Frage, wie sie verteilt werden und was das für Geräte sind.“
Kein Thema im Hygienebeirat
Die Bildungsgewerkschaft GEW zeigte sich am Dienstag „irritiert“ über die Grundlage, auf der die Anschaffung der Filter beschlossen wurde. Das sei jedenfalls am Montag nicht Thema im Hygienebeirat gewesen. „Woher kommt die Zahl 1.200? Warum nicht 5.000?“, fragt GEW-Landeschef Tom Erdmann. Die Geräte könnten in jedem Fall nur ein Anfang sein, „weil wir ja 20.000 Klassenräume haben.“
Eingeflossen in die Entscheidung ist in jedem Fall ein Pilotversuch an drei Berliner Schulen, der seit dem Sommer lief. Die Lehrkräfte und SchülerInnen sollten nach subjektiven Kriterien urteilen, ob ihnen die Luft besser erscheint und wie sie die Lautstärkebelastung durch die Geräte beurteilen. Die Resonanz sei „positiv“ gewesen, teilt ein Sprecher von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) mit. Die Charité habe den Pilotversuch wissenschaftlich begleitet und „Geräte ab einer gewissen Luftfilterqualität“ zum Einkauf empfohlen.
Wie effektiv der Aerosolgehalt in einem Klassenraum so tatsächlich gesenkt werden kann, sagte die Bildungsverwaltung am Dienstag nicht. Modellversuche aus anderen Bundesländern legen nahe, dass manche Filter die Aerosolkonzentration um 90 Prozent reduzieren können. Wie viele Aersole jemand einatmen muss, um sich zu infizieren, ist medizinisch allerdings noch nicht abschließend geklärt. Experten wie der Energietechnik-Professor Martin Kriegel von der Technischen Universität Berlin haben unter anderem in einem Interview mit der taz betont, wie zentral Frischluftzufuhr ist, um die Aerosolkonzentration in Räumen zu senken – so viel weiß man sicher.
Landeselternsprecher Heise gibt zu bedenken, dass die Luftfilter zwar Viren aus der Luft filtern, die Luft aber nicht mit Sauerstoff anreichern. „Lüften muss man also trotzdem.“
Damit das mit dem frischen Wind in den Klassenzimmern klappt, hat die Bildungsverwaltung Ende Oktober bereits 3.500 CO2-Messgeräte bestellt. Die sollen aber nicht flächendeckend in jedes Klassenzimmer kommen: Je nach SchülerInnenzahl bekommen die Schulen zwischen drei und fünf Geräten – als „Unterstützung, um den richtigen Lüftungsrhythmus zu trainieren“, hatte Scheeres gesagt. Gesetzt dem Fall natürlich, die Fenster funktionieren.
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