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Berliner Linke sortiert sich neuParteichefin kündigt Rückzug an

Franziska Brychcy will nicht erneut für den Vorsitz der Berliner Linken kandidieren. Als Nachfolgerin bringt sich Kerstin Wolter in Stellung.

Konzentration aufs Abgeordnetenhausmandat: Noch-Linke-Landeschefin Franziska Brychcy Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Bei der Berliner Linken werden die Karten neu gemischt. Am Dienstagabend erklärte Landes­chefin Franziska Brychcy, beim Parteitag im Mai nicht erneut zu kandidieren. Die Bildungs­expertin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus steht seit Mai 2022 mit Maximilian Schirmer an der Spitze des Landesverbands.

„Es war mir eine Ehre und Freude“, teilte Brychcy mit. Sie habe aber gemerkt, dass die Arbeit für die Partei und im Parlament zwei Vollzeitjobs sind und damit einer zu viel. Auch ihre fünf Kinder hätten ihr „gespiegelt, dass sie mich brauchen“. Sie werde sich nun voll auf das Abgeordnetenhaus konzentrieren.

Brychcys bisheriger Co-Landesvorsitzender Schirmer kündigte unterdessen an, weitermachen und künftig mit Kerstin Wolter eine Doppelspitze bilden zu wollen. Wolter führt seit gut sechs Jahren die Linke in Friedrichshain-Kreuzberg, den inzwischen zweitstärksten Bezirksverband der Landespartei. Die 38-Jährige gilt als Vertreterin der regierungsbeteiligungskritischeren Bewegungslinken, der drei Jahre jüngere Schirmer als Vertreter des pragmatischen Flügels.

„Wir möchten Brücken bauen und Konflikte nicht deckeln, sondern konstruktiv führen“, heißt es in der gemeinsamen Kandidatur für den Landesparteitag. Sie wüssten, was es bedeutet, „Krisen zu meistern und Erfolge zu organisieren“. Die Abgeordnetenhauswahl 2026 hätten sie dabei fest im Blick: „Wir nehmen den Kampf ums Rote Rathaus auf.“

Auferstanden aus Ruinen

Die Linke kann sich aktuell durchaus „auf die Schultern klopfen“, wie Schirmer und Wolter es formulieren. Bei der Bundestagswahl vor zweieinhalb Wochen fuhr die Partei berlinweit fast 20 Prozent der Stimmen ein. Ein beeindruckendes Ergebnis, das so kaum jemand erwartet hätte.

Dies umso mehr, als der Landesverband eigentlich in Trümmern zu liegen schien, nachdem sich die Ge­nos­s:in­nen auf dem letzten Parteitag im Oktober vergangenen Jahres eine heftige Auseinandersetzung über Antisemitismus in der Linken geliefert hatten. In der Folge verließen mehrere prominente Mitglieder die Partei, darunter Ex-Kultursenator Klaus Lederer.

Hintergrund des Streits war ein von Lederer und anderen eingebrachter Antrag gegen jeden Antisemitismus, der auf dem Parteitag in wesentlichen Punkten verändert wurde. So wurde auch die Bezeichnung des Hamas-Terrors als „eliminatorischer Antisemitismus“ gestrichen. Eingebracht hatte die Streichung unter anderem die designierte Landeschefin Kerstin Wolter.

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