piwik no script img

Berliner Kita-KriseBetreuung wird schlechter

Kitas dürfen ab sofort „befristet“ ihre Gruppen überbelegen. Zudem bekommen die Bezirke mehr Handhabe bei Härtefällen.

Auch wenn es hier nicht so aussieht: Die Berliner Kitas sind voll Foto: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Das Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts sitzt Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) im Nacken: Im März hatten die Richter im Fall zweier Eltern entschieden, dass der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gilt – Fachkräftemangel hin oder her. Am Donnerstag kündigte Scheeres nun an, „befristete Überbelegungen“ in Kita-Gruppen seien ab sofort möglich.

Außerdem sollen die Bezirke und eine „Kita-Task-Force“ bei der Senatsverwaltung ein Mitspracherecht bei der Platzvergabe in besonders dringenden Fällen bekommen. Diese werden von den bezirklichen Jugendämtern schon jetzt auf zentralen Wartelisten gesammelt. Bisher war es allein Sache der Kita-Träger, wie sie die Plätze vergeben – die Bezirke hatten also trotz „Härtefalllisten“ keine Handhabe.

Konkret sollen die Jugendämter erst mal je 15 Problemfälle – etwa solche, wo der vorgesehene Betreuungsbeginn bereits verstrichen ist – an die Task-Force abgeben können. Dort will man „in engem Kontakt mit freien Trägern“ nach schnellen Lösungen suchen. Zugleich sollen die Bezirke mit den Kita-Eigenbetrieben Platzkontingente aushandeln, die sie mit Kindern von ihren Wartelisten besetzen können.

In den Bezirken dürfte Scheeres’ Ideen sehr unterschiedlich umgesetzt werden: Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) hält die Kontingentlösung für „Quatsch“ und will deshalb auch nur 50 Plätze für sein Jugendamt. Er kritisierte Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne), die die Plätze vorrangig an Bezirkskinder vergeben will. Das benachteilige „Tausende Eltern“.

„Die Bezirke sollen den Rechtsanspruch umsetzen. Dann brauchen wir auch die Möglichkeit dazu“, sagt hingegen Pankows Jugendstadträtin Rona Tietje (SPD). Tietje hat sich mit den Kita-Eigenbetrieben NordOst als erster Bezirk geeinigt: 135 Kontingentplätze soll es geben, drei Prozent der NordOst-Plätze. Aus Friedrichshain-Kreuzberg heißt es, dass man das „für sehr wenig“ hält. Bezirksbürgermeisterin Herrmann mahnte angesichts der nun erlaubten größeren Gruppen: „Das Land muss offen kommunizieren, dass die Qualitätsstandards wieder herabgesetzt werden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Grundgesetz Art. 2, Abs 1:

    "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, ..."

     

    Eine freie Entfaltung der Persönlichkeit ist bei Überbelegung in Kitas nicht gewährleistet. Kinder bauchen einen geschützten Raum und qualifizierten Beistand, um ihre Persönlichkeit frei entfalten zu können.

     

    "...soweit er nicht die Rechte anderer verletzt..."

     

    Nagut. Da verstößt das Kind gegen den Rechtsanspruch der Eltern.

     

    Pech gehabt, Kind.

    Du wirst eingepfercht.

    Eine gute Bildung wird dir verwehrt. Du wirst noch mehr Lautstärke und Stress ausgesetzt.

    Deine Pädagogen können dich nicht mehr umfassend unterstützen.

     

    Die UN-Kinderrechtskonvention und das Kinderschutzgesetz werden hier ebenso mit Füßen getreten.

  • Der Mensch im Zentrum. Es geht voran.