Berliner Humboldt Forum: Rechte Propheten

An der Balustrade der Schlossattrappe werden acht große Statuen nach historischem Vorbild montiert. Auch hierfür sollen rechte Kreise gespendet haben.

Das Foto zeigt das Humboldt Forum, auch bekannt als Stadtschloss

Die Riesen kommen: Vorbereitungen für die Anbringung der Statuen am Stadtschloss Foto: Christian Ditsch/Imago

BERLIN taz | Das Kreuz auf der Kuppel der Stadtschloss­attrappe in Berlins Mitte steht, fertig ist auch die Inschrift mit den zwei Bibelversen, über die lange gestritten wurde. An diesem Dienstag schließlich bekommt der Kasten erneut Zuwachs, wenn die Statuen der acht alttestamentlichen Propheten Jesaja, Hosea, Zephania, Zacharias, Jonas, Daniel, Jeremias und Hesekiel auf der Kuppel-Balustrade aufgestellt werden.

Ein weiteres Mal wird es dann die Schlossfans wohlig erschauern. Endgültig abgeschlossen werden die Arbeiten am sogenannten Stadtschloss Anfang kommenden Jahres mit der Anbringung weiterer Sandsteinfiguren, wie bei einem Pressetermin der Stiftung Humboldt Forum vor gut zwei Wochen bekannt gegeben wurde.

Zu dem Termin gekommen waren auch deren Generalintendant Hartmut Dogerloh und Vorstandsmitglied Hans-Dieter Hegner, zuständig für den Baubereich. Dabei stellte sich schnell heraus, dass der Chef der Stiftung zumindest bei diesem Termin nichts zu melden hatte. Stattdessen übernahm Hegner, der Mann mit dem technischen Sachverstand und einem verknautschten Lederhut, das Wort und gab es fortan auch nicht mehr ab.

Er betonte, dass nur die besten Bild- und Steinhauer aus Berlin, Brandenburg und Sachsen damit beauftragt wurden, die jeweils drei Meter hohen und drei Tonnen schweren Prophetenfiguren herzustellen, die am Ende von einer Expertenkommission begutachtet wurden. Die Basis für die Arbeit der Künstler bildeten Fotovorlagen.

„Keine Erkenntnisse über rechtsradikale Spender“

Zur Erinnerung: Das ursprüngliche Barockschloss entstand im 17. Jahrhundert, die Kuppel kam erst Mitte des 18. Jahrhunderts hinzu. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau schwer beschädigt und ab 1950 auf Befehl der DDR-Staats- und Parteiführung gesprengt, im März 1951 war er verschwunden. An seiner Stelle entstand der Palast der Republik, der wiederum 2008 abgerissen wurde, um Platz für das Humboldt Forum zu machen. Für die gesamte Rekonstruktion der Außenfassaden war die Verwendung von Fotovorlagen ein gängiges Verfahren.

Über die privaten Spender, die auch die Errichtung der Prophetenfiguren erst ermöglichten, wurden auf dem Pressetermin kaum Worte verloren. „Wir wollten bei allen Spenden wissen, wo sie herkommen“, sagte Hegner, dabei hätten sich „keine Erkenntnisse über rechtsradikale Spender ergeben“. Damit war die Sache erledigt.

Schnell wurde zum nächsten Programmpunkt übergegangen, der Präsentation der neuen Sitzmöbel, die die Innenhöfe des Humboldt Forums in Zukunft schmücken sollen. Entschieden habe man sich für 60 Exemplare des Modells „Viena“ aus der Enzi-Familie, das sich bereits im Wiener Museumsquartier bewährt habe. In Rosa, Blau und Rot, ganz allerliebst, aber auch nicht wirklich relevant. Anders als die Frage nach den Spenden für die Prophetenfiguren.

Philipp Oswalt, Professor für Architekturtheorie an der Universität Kassel, kommt mit Blick darauf auch zu einem ganz anderen Fazit als Hegner. „Mit Spendengeldern von Rechtsradikalen wird die christliche Symbolik am Berliner Schloss ausgebaut“, kommentiert Oswalt auch die Anbringung der Prophetenfiguren am Dienstag.

Dank an die „Junge Freiheit“ fürs Schmuckelement

Die Vorstände des Humboldt Forums dürften Oswalts Einwände nicht weiter kratzen. Der Architekt ist seit Jahren einer ihrer Intimfeinde. In zahlreichen Interviews und Texten und nicht zuletzt in seinem im vergangenen Jahr erschienenen Buch „Bauen am nationalen Haus“ treibt er die Stiftung Humboldt Forum vor sich her.

Oswalt hat dann auch nachgewiesen, wie der von dem Preußen-Experten Wilhelm von Boddien gegründete Förderverein Berliner Schloss bewusst auch im rechten bis rechtsextremen Milieu nach Schlossbegeisterten fahndete, um die letztendlich benötigten Spenden in Höhe von 118 Millionen Euro zusammenzutragen, mit denen die Schlossfassaden und die Balustradenfiguren rekonstruiert werden konnten.

Demnach wurde unter anderem auch mit einer Anzeige in der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit um Gelder geworben. Die Zeitung selbst hat ebenso wie ihr Chefredakteur Dieter Stein brav gespendet. Das lässt sich in der Spenderliste des Fördervereins einsehen. „Vielen Dank für Ihre Spende!“, heißt es da in Richtung Junge Freiheit. Ein Dankeschön an das Blatt geht auch raus für das „Schmuckelement Sima mit Löwenköpfen. Umlaufendes Kranzgesims“.

Und die Junge Freiheit ist keineswegs der einzige fragwürdige Geldgeber. Der 2016 gestorbene Großspender Ehrhardt Bödecker etwa wurde bereits mit einem Reliefmedaillon im Humboldt Forum geehrt. Oswalt und eine nach aufkommender Kritik von der Stiftung selbst in Auftrag gegebene Studie konnten belegen, dass der Mann regelmäßig mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen war. Die Namen derjenigen, die nun die 1,2 Millionen Euro für die Prophetenfiguren aufgebracht haben, werden von der Stiftung nicht mehr öffentlich gemacht.

Diffamierung des Kritikers als „Städtebau-Antifa“

Für Aufklärung kann auch hier Oswalts „Bauen am nationalen Haus“ sorgen. Demnach wurde die Prophetenfigur Daniel von Vera Lengsfeld mitfinanziert, ihres Zeichens einstige DDR-Bürgerrechtlerin und Grünen-Politikerin, die einen Weg zurückgelegt hat nach rechts, zur Pegida- und AfD-Symphatisantin, Coronaleugnerin und Ehrenpreisträgerin der Jungen Freiheit.

In dem Buch „Linke Räume“ von Claus Wolfschlag, das im Rechtsaußenverlag Antaios von Götz Kubitschek erschienen ist, wird Oswalt vorgeworfen, „Städtebau-Antifa“ zu betreiben, die Junge Freiheit gilt hier als „konservativ“, eigentlich nicht einmal rechts. In der Lesart wäre Oswalt nur ein überdrehter Linker und Vera Lengsfeld eine harmlose Konservative. Da die Stiftung Humboldt Forum ja nach eigener Aussage nirgends Rechtsradikale entdecken kann, sieht sie es wohl auch so.

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