Berliner Hochhausplan: Über den Wolken doch keine Freiheit
Der Senat diskutiert den Hochhausentwicklungsplan. Neue Bauflächen werden nicht benannt, dafür aber Bedingungen formuliert.
Hochhäuser, also Bauten ab 35 Meter Höhe, werden dabei nicht als Wundermittel beschrieben, sondern als ambivalent: Zwar gelten sie weiterhin „als wesentlicher Bestandteil moderner Innenstädte“, gleichzeitig würde mit ihnen die „Dominanz ökonomischer Interessen“ verbunden. Notwendig sei daher ein Interessenausgleich zwischen städtebaulicher Verdichtung und den „Wünschen und Bedürfnissen der Stadtgesellschaft“.
Neue Hochhäuser sollen einen „Mehrwert für die Allgemeinheit erzeugen“, etwa durch öffentlich nutzbare Erdgeschosszonen sowie zugängliche oder gemeinschaftlich genutzte Dächer. Gefordert wird zudem eine „besonders hohe städtebauliche und architektonische Qualität“ sowie ökologische und energetische Nachhaltigkeit. Für Hochhäuser ab 60 Meter soll eine Nutzungsmischung festgeschrieben werden. Reine Hotel- und Bürotürme wären dann ausgeschlossen – stattdessen bräuchte es auch Platz für Wohnungen, soziale oder kulturelle Infrastruktur.
Katalin Gennburg, Linke
Die Stadtentwicklungsexpertin der Linken, Katalin Gennburg, sagt: „Die Kriterien für Gemeinwohlorientierung sind richtig. Auch in der Höhe muss öffentlicher Raum gesichert werden.“ Sie begrüßt zudem, dass für jedes Projekt ein Bebauungsplan erstellt werden muss, schließlich handele es sich um „komplizierte Bauten für das Umfeld“. Eine Bebauung nach Paragraph 34 Baugesetzbuch, der die Zulässigkeit eines Vorhabens in einem bebauten Ortsteil ohne Bebauungsplan regelt, ist dann nicht mehr möglich.
Hochhaus am Treptower Park
Eines der ersten Projekte, für das die neuen Richtlinien gelten könnte, ist womöglich ein Hochhaus, das am Treptower Park am Standort des Multiplexkinos entstehen soll. Das Baukollegium, in dem Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit sechs ExpertInnen einzelne Projekte berät, hält ein 76 Meter hohes Gebäude an dieser Stelle für verträglich.
Der Investor Aroundtown, bekannt als Sponsor des 1. FC Union, plant ein Haus für Büros und ein Hotel. Eine Wohnnutzung wird angesichts der Insellage zwischen Straße und Bahntrasse ausgeschlossen. Das Baukollegium spricht sich für Gastronomie im Dachgeschoss und ein publikumswirksames Erdgeschoss aus. Soziale oder kulturelle Einrichtungen sollen mit einbezogen werden.
Nur 1.300 von rund 370.000 Bauten in Berlin sind höher als 35 Meter. Zwar steige das Interesse an Hochhausbau mit höheren Bodenpreisen, dennoch wird auch künftig wohl nicht massenweise hoch gebaut werden. Aus einer Senatsstudie geht hervor: „Die Herstellungskosten von Hochhäusern sind in aller Regel höher als bei Häusern unterhalb der Hochhausgrenze“ – dies habe ein „hohes Mietniveau bei Büros, Gewerberäumen und Wohnungen“ zur Folge. Als Lösung für die Schaffung neuen preiswerten Wohnraums kommen Hochhäuser daher kaum infrage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!