Berliner Haushalt: Piraten lassen zählen
Im Wahlkampf patzten die Piraten bei der Frage, wie hoch die Schulden Berlins sind. Jetzt fragen sie mal genau nach.
Es ist noch gar nicht so lange her, da war den Piraten das mit den Millionen und Milliarden nicht ganz so klar. „Viele, viele Millionen“, antwortete noch kurz vor der Abgeordnetenhauswahl der heutige Fraktionschef Andreas Baum auf die Frage nach dem Berliner Schuldenstand. Tatsächlich waren und sind es nicht Millionen, sondern Milliarden, tausend mal so viel und davon rund 63.
Den Piraten hat die Unwissenheit ihres Frontmanns bei der Wahl bekanntlich nicht geschadet, sie zogen mit 14 Mann und einer Frau ins Parlament ein. Trotzdem wollten sie es jetzt offenbar genauer wissen. Für Nachhilfeunterricht dieser Art gibt es im Parlament die kleinen Anfragen an den Senat. Diese Möglichkeit nutzte nun Baums Fraktionskollege Heiko Herberg und fragte nach dem Gesamtschuldenstand.
62.925.353.000 Euro, antwortete die Senatsverwaltung für Finanzen pflichtschuldigst – nicht ohne zu sticheln, dass der Hauptausschuss des Parlaments den aktuellen Stand auch ohne Anfrage alle drei Monate präsentiert bekomme. Bis 2016 sollen noch rund zweieinhalb Milliarden hinzukommen. Danach will der Senat ohne neue Kredite auskommen. Frühere Prognosen auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 gingen noch davon aus, dass der Schuldenstand bis 2020 auf 74 Milliarden steigen würde. Derzeit profitiert das Land davon, dass es auslaufende alte und hochverzinste Kredite durch Verträge zu den gegenwärtig äußerst niedrigen Zinsen ersetzen kann.
Was von der Nachhilfe bei den Piraten hängen bleibt und ob das nun klar ist mit den Millionen und Milliarden, werden die nächsten Parlamentssitzungen zeigen. Aber Detailwissen allein ist ja auch nicht alles. „Mailand oder Madrid, Hauptsache, Italien“, sagte mal der Fußballer Andreas Möller, und der hat es immerhin zum Weltmeister gebracht. Foto: Archiv
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was