Berliner Finanzen in Coronazeiten: Keine neuen Kredite – bisher

Mehr Geld für Schutzmasken und Kulturbetriebe sieht der Entwurf des Nachtragshaushalts vor. Doch die Lage ist noch unsicher, sagt der Finanzsenator.

eine Schutzmaske in ihrer Verpackung

Für 60 Millionen kauft Berlin Schutz- und Technikausrüstung für Ärzte Foto: dpa

BERLIN taz | Der Senat nahm sich Zeit an diesem Dienstag, viel Zeit. Drei Experten waren eingeladen, viel wurde über ihre Thesen diskutiert. Das Thema natürlich: die Coronakrise. Genauer: Wie soll Berlin deren Folgen und seine Hilfsprogramme etwa für die Wirtschaft finanzieren.

Als der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD) mit knapp zwei Stunden Verspätung gegen 15 Uhr vor die Presse traten, hatte der rot-rot-grüne Senat den Nachtragshaushalt beschlossen. Es wird, so viel ist jetzt schon klar, nicht der letzte in diesem Jahr sein – zu sicher sei die Lage noch, sagte Kollatz.

Der Umfang des Nachtragshaushalts beträgt rund 3 Milliarden Euro, ein Großteil davon wird laut Kollatz durch Bundesgelder, etwa Hilfszahlungen für Unternehmen, bestritten. Die vielleicht wichtigste Botschaft des Finanzsenators: Der verbleibende Berliner Anteil soll ohne die Aufnahme neuer Kredite sichergestellt werden.

Schuldenabbau liegt auf Eis

Dafür werde der Schuldenabbau des Landes erst mal auf Eis gelegt und die dafür vorgesehenen 325 Millionen Euro nahezu vollständig ausgegeben; das Land werde keinen Überschuss mehr machen. Insgesamt steigt das Volumen des Haushalts von rund 30,5 Milliarden auf 33,4 Milliarden Euro.

Kollatz kündigte zugleich an, dass der Haushalt komplett neu justiert werden muss: „Wir werden aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Mai einen zweiten Nachtragshaushalt vorlegen, nachdem wir die Steuerschätzung erhalten haben, um den Rest des Jahres in den Blick zu bekommen.“ Kollatz rechnet mit erheblichen Steuermindereinnahmen.

Alleinerziehende Eltern, die wegen der Schließung der Kinderbetreuung in der Coronakrise weniger Gehalt bekommen haben, sollen vom Land entschädigt werden. Dafür hat Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) rund 23 Millionen Euro bereitgestellt, wie er am Dienstag mitteilte; die Verteilung soll über die Finanzämter erfolgen. Berechtigt seien jene „ledigen Elternteile“, die wegen der coronabedingten Schließung von Kita oder Hort zu Hause bleiben mussten; die Entschädigung werde bis zu sechs Wochen gezahlt. Das entsprechende Bundesgesetz sei jedoch erst eine Woche alt; deswegen habe das Land keine Erfahrung, wie viele Menschen betroffen sein könnten. Er habe mit rund 12.000 Menschen kalkuliert. Sollten es mehr Betroffene sein, werde nachgebessert. (taz)

Der erste Nachtragshaushalt wurde bereits am Dienstag dem Abgeordnetenhaus zu Beratung vorgelegt; für die Verabschiedung des zweiten müsste das Parlament vorher die Schuldenbremse aussetzen.

Einer der wichtigsten Posten im ersten Nachtragshaushalt sind Gelder für kleine und mittlere Unternehmen mit 10 bis 50 MitarbeiterInnen; diese seien bei den bisherigen Hilfsprogramm leer ausgegangen, sagte Michael Müller. 60 Millionen Euro wird die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) dafür bekommen.

Das Programm soll auch kleinen und mittleren Unternehmen der Kulturwirtschaft wie zum Beispiel unabhängigen Kinos mit mehreren Häusern und Clubs sowie Start-ups offenstehen. Die Unterstützung wird unterschiedlich ausfallen, sagte Kollatz: „Je näher am Kulturbereich, umso eher als Zuschuss; je näher am Start-up umso eher als Beteiligung.“

zwei Politiker sitzen auf einem Podium

Der Finanzsenator und sein Chef: Matthias Kollatz und Michael Müller am Dienstag Foto: dpa

Kollatz betonte, dass Berlin nicht in der Lage sein werde, allen Unternehmen zu helfen – da müsse der Bund einspringen. „Der Bund muss seine Programme öffnen“, erklärte der Senator.

Am Wochenende soll die Schutzkleidung schon da sein

Auch die Versorgung des medizinischen Personals in Berlin soll mit zusätzlichem Geld sicher gestellt werden. Allein 60 Millionen Euro sind eingeplant für den Kauf von Schutzmasken und -kleidung sowie technischem Gerät. Die Ware stünde in Peking und Schanghai zur Abholung bereit, erklärte Müller. Die Lufthansa soll sie abholen; am Wochenende werde die Lieferung in Berlin erwartet. Schließlich sind weitere Gelder für die Messe Berlin und die Flughafengesellschaft eingeplant.

Bei den Grünen kam der Entwurf schon mal positiv an. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Daniel Wesener sprach von einer „guten Grundlage“ für die weiteren Beratungen im Parlament. Die Grünen drängen auf eine Fortsetzung der schnellen Hilfen für die von der Coronakrise besonders betroffenen Unternehmen und Freiberufler. Gleichzeitig kündigte er an, der Flughafengesellschaft weniger Geld zur Verfügung zu stellen, solange der Bund weiter die temporäre Schließung Tegels wegen massiven Passagierrückgangs verhindere.

Finanzsenator Kollatz hatte noch eine gute Nachricht: die Bezirke haben im vergangenen Jahr einen Überschuss von fast 140 Millionen Euro erwirtschaftet; lediglich ein Bezirk habe minus gemacht. Insgesamt verfügen alle zwölf Bezirke über ein Guthaben von 250 Millionen Euro, so Kollatz. „Kann sein, dass wir die brauchen werden in den nächsten Monaten.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.