Berliner Clubszene und Drogen: Kein Drogen-Check in Clubs
Massenweise Drogen in der Partyszene: Nach Studie zu Vorlieben und Wünschen der Clubgänger verstärkt Gesundheitssenatorin Präventionsangebote.
In den Berliner Clubs werden reichlich Drogen konsumiert – um das bestätigt zu bekommen, hätte es keiner Studie bedurft. Den Mehrwert der von der Senatsverwaltung für Gesundheit in Auftrag gegebenen Untersuchung begründete die Landesdrogenbeauftragte Christine Köhler-Azara am Mittwoch denn auch so: „Ziel war, besser zu verstehen, wie in der Partyszene gedacht wird“. Die Ergebnisse dienten nun dazu, die Präventions- und Aufklärungsarbeit vor und in den Clubs zu stärken. 300.000 Euro stünden dafür bereit.
Ein Drug-Checking, das etliche der Befragten gefordert hatten, wird es aber weiterhin nicht geben. Dabei hat sich Rot-Rot-Grün in der Koalitionsvereinbarung für eine legale chemische Analyse von Partydrogen ausgesprochen. In der Schweiz ist es schon lange so, dass Konsumeinheiten vor Ort in den Clubs auf Inhaltsstoffe und Verunreinigungen untersuchen werden können. Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) sprach am Mittwoch von enormen rechtlichen Hürden. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sei deshalb aber mit der Staatsanwaltschaft im Gespräch. Dessen Sprecher bestätigte dies: „Die rechtlichen Möglichkeiten lassen uns wenig Spielraum, aber wir sind um eine Lösung bemüht.“
Die von der Charité durchgeführte Untersuchung ist keine repräsentative Studie. 887 Personen hatten den Fragebogen ausgefüllt. Welche Clubs sich an der Aktion beteiligt hatten, wollte die Gesundheitssenatorin am Mittwoch nicht sagen. Darüber sei Stillschweigen vereinbart worden, „das ist ein sensibles Feld“. Clubbetreiber für die Studie zu gewinnen sei nicht ganz einfach gewesen, weil „keiner in der Öffentlichkeit mit Drogenkonsum in Verbindung gebracht werden möchte“. Ob sie glaube, was sie da sage, wurde Kolat von Journalisten gefragt. Schließlich würden Clubs ohne illegale Drogen kaum existieren. Die Senatorin sah das anders: Das Geschäftsinteresse der Clubbetreiber sei der Verkauf von Alkohol, illegale Drogen seien da eher hinderlich.
Laut den Ergebnissen der Studie ist Alkohol in den Clubs Droge Nummer eins. Rund 88 Prozent der Befragten hatten in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken, 72 Prozent hatten geraucht, 62 Prozent Cannabis konsumiert, gefolgt von Amphetaminen wie Speed, Ecstasy, Kokain, Ketamin und LSD. Weit verbreitet ist offenbar auch die Einnahme von GHB/GBL. Dabei handle es sich um ein legal erhältliches Lösungsmittel zur Graffitientfernung, sagte Felix Betzler, Leiter der Studie. Das Lösungsmittel könne in Verbindung mit Alkohol zu einer schweren Bewusstseinstrübung führen.
Mehr als 60 Prozent der 877 Umfrageteilnehmer gaben an, in den vergangenen 30 Tagen Cannabis genommen zu haben. Rund 50 Prozent nahmen Amphetamine wie Speed, 49 Prozent Ecstasy (MDMA). 36 Prozent der Feiernden hatten Kokain genommen und 32 Prozent das Narkosemittel Ketamin.
52 Prozent der Befragten sagten, sie würden Drogen nehmen, um zu feiern, Spaß zu haben und ihre Stimmung zu verbessern. Bei 17 Prozent ging es auch ums Tanzen, eine verbesserte Wahrnehmung und intensiveren Sex. 16 Prozent meinten, sie wären mit den Drogen wacher und könnten länger durchhalten.
Die Klubbesucher waren im vergangenen Jahr befragt worden. Etwa ein Drittel der Teilnehmer füllte Fragebögen schriftlich aus, zwei Drittel antworteten im Internet. Die Studie ist nicht repräsentativ, weil die Teilnehmer zufällig zusammenkamen. (dpa)
Sich in Partystimmung zu bringen spiele bei dem Drogenkonsum „eine ganz große Rolle“, sagte Kolat. „Berlin ist nun mal die Partyhauptstadt.“ Bei einem Freizeitkonsum könne man nicht automatisch von Sucht sprechen. Dennoch sei der Wunsch nach mehr Aufklärung deutlich vorhanden: Knapp 44 Prozent der Befragten hatten sich mehr Präventionsangebote gewünscht. Am häufigsten sprach man sich dabei für Drug-Checking aus.
Von den 300.000 Euro solle eine Aufklärungskampagne vor den Clubs und eine Schulung des Personals finanziert werden. Türsteher und Barkeeper sollten über die Wirkungsweise der unterschiedlichen Drogen aufgeklärt werden – damit sie im Fall einer Überdosiseinnahme schneller Hilfsmaßnahmen einleiten können.
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