Berliner Behindertenparlament: Inklusion auf der langen Bank
17 Anträge hat das Berliner Behindertenparlament im Dezember gestellt. Viele blieben lange unbeantwortet. Abgeordnete kritisieren das.
Das Behindertenparlament hat sich unter Leitung verschiedener Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und Selbsthilfe-Organisationen 2021 gegründet und am 3. Dezember 2022 erstmals in Präsenz im Abgeordnetenhaus getagt, wo es künftig jährlich zusammen kommen soll. Präsident ist der unermüdliche Netzwerker, Aktivist und taz-Kolumnist Christian Specht. Der Abgeordnetenhauspräsident Dennis Buchner versprach beim Grußwort in der ersten Präsenzsitzung, dass man den „Prozess des Behinderns mit Gesetzen“ minimieren wolle.
Laut Pressemitteilung der Geschäftsstelle des BBP hat der Berliner Senat diesen Ankündigungen aber nur recht gemächlich Handlungen folgen lassen: Die Anträge des Behindertenparlaments seien nur in Teilen beantwortet und die bisherigen Antworten des Senats seien nur „ungenügend“, wie es auch von den Abgeordneten heißt. Das Behindertenparlament beschloss im Dezember 17 Anträge, die die Situation für Menschen mit Behinderungen in Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung, Pflege, Gewaltschutz und Mobilität sowie Partizipation verbessern sollten. Die Anträge hat das Berliner Behindertenparlament im Dezember 2022 der damaligen Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) übergeben.
Reagiert hatte der Senat zum Fragezeitpunkt im Juni lediglich auf vier. Staatssekretär Max Landero aus der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SPD) antwortete: „Eine formale Berichtspflicht des Senats, bzw. der einzelnen Senatsverwaltungen zu den ‚Anträgen‘ besteht nicht.“
Bewegung erst nach der Anfrage
Immerhin aber gab es laut Antwort nach der Anfrage etwas Bewegung und weitere Antworten zu den verschiedenen Anträgen seien inzwischen weiter geleitet worden. „Es ist davon auszugehen, dass bis zum nächsten Parlamentstag am 3. Dezember 2023 die eingeladenen politischen Leitungen der jeweiligen Senatsverwaltungen zu den Anträgen Stellung nehmen werden“, heißt es von Landero. Ein Gesamtüberblick könne aktuell noch nicht gegeben werden.
Die Abgeordneten der verschiedenen Abgeordnetenhaus-Fraktionen mahnten an, die Anträge ernst zu nehmen und zeitnah darüber zu informieren: Katina Schubert (Linke) forderte „mehr Anerkennung und Interaktion mit der ‚offiziellen‘ Politik.“ Catrin Wahlen (Grüne) sagte, sie erwarte eine gewissenhafte Beantwortung und dass der Senat die Anträge in seine Arbeit einfließen lasse: „Der Senat muss sich ernsthaft mit den Forderungen der Delegierten auseinandersetzen.“
Lars Düsterhöft (SPD) sagte: „Die Antworten sind ungenügend. Wir werden uns in der nächsten Ausschusssitzung mit diesem Thema befassen und uns bestimmt nicht mit diesen Antworten zufriedengeben.“ Auch Björn Wohlert (CDU) forderte: „Unabhängig von der formellen Berichtspflicht sollten sich alle Senatsverwaltungen verpflichtet sehen, zeitnah zu antworten.“ Das sei eine Frage der Wertschätzung für Menschen mit Behinderung.
Die einzige Antwort, die auf die schriftliche Anfrage näher ausgeführt ist, beinhaltet eine Absage an die Forderung, dass in Berlin nur noch barrierefreie Taxis zugelassen werden sollten. Darin heißt es: Laut Bundesgesetz müssen bei Unternehmen ab einer Größe von 20 Fahrzeugen mindestens 5 Prozent der Fahrzeuge barrierefrei sein. „Eine darüberhinausgehende landesgesetzliche Regelung wird als nicht statthaft erachtet“, schreibt der Senat. Demgegenüber erachte man eine Förderung barrierefreier Taxis durch den Senat weiter als sinnvoll. Zukünftig solle es zudem E-Inklusionstaxis geben. Mögliche Erleichterungen hinsichtlich der Inanspruchnahme würden aktuell vom Senat geprüft.
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