Berliner Baustellen: Freiheit? Einheit? Bitte warten!
Bei der Fertigstellung des Freiheits- und Einheitsdenkmals, auch Wippe genannt, gibt es Probleme. Es ist nicht das erste Mal.
Eigentlich sollte sie zum 3. Oktober fertig werden. Doch nun vermelden die Architekten, dass das umstrittene Freiheits- und Einheitsdenkmal wohl auch 2022 nicht bis zum Tag der Deutschen Einheit fertig werden wird. Wie derzeit überall herrschen auch auf dieser Baustelle auf der Westseite des Humboldt Forums am Standort des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals Lieferschwierigkeiten, die vom Krieg in der Ukraine sogar noch verstärkt werden.
Besonders bei der Herstellung der großen Stahlschale läuft es nicht rund, sagen die zerknirschten Architekten. Ein neues Datum für die Fertigstellung des Denkmals können sie auch nicht nennen.
Damit wird das Freiheits- und Einheitsdenkmal, das längst nur noch wechselweise als „Obstschale“ oder „Wippe“ verspottet wird, wieder einmal seinem Image gerecht, zum Gegenteil dessen geworden zu sein, das es einmal werden sollte – nämlich zu einem Symbol des Nichtfunktionierens.
Kurz nochmal zur Geschichte: Die Idee für ein Einheitsdenkmal zur Erinnerung an die friedliche Revolution gibt es seit 1998, nach dem Bundestagsbeschluss zur Errichtung 2007 sollte der Bau 2013 beginnen. Dann kamen wertvolle Mosaike, seltene Fledermäuse, gestiegene Baukosten und ungeklärte Grundstücksbesitzverhältnisse dazwischen.
Bauliche Verachtung
Schließlich wurde 2018 ein 17,2 Millionen teurer Bau bewilligt und die Einweihung war für 2019, den 30. Jahrestag des Mauerfalls, geplant. Noch im letzten Jahr, als sich der SPD-Politiker und Wippe-Befürworter Wolfgang Thierse damit lächerlich machte, keine Freitreppe nebst Aufzug zum geplanten Flussbad in der Nähe des Denkmals haben zu wollen („bauliche Verachtung“), sah es ganz gut aus mit dem Zeitplan für die Wippe.
Doch nun ist die Wippe schon wieder gekippt. Ursprünglich ging die Idee, die übrigens Choreographin Sasha Waltz als eine Art entschuldigenden Gegenentwurf zum Hohenzollernschloss mitentwickelt hat, so: Eine Schale, die sich sanft hebt und senkt, wenn sie betreten wird. Bis zu 1.400 Personen sollen auf dem 50 Meter breiten Ding Platz finden – was, wie Kritiker*innen immer wieder einwerfen, gar nicht so ungefährlich werden wird. Oben drauf soll der Schriftzug „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk“ prangen – zwei Sätze übrigens, wie andere Kritiker*innen bemängeln, die nicht wirklich in Gänze die Anliegen der friedlichen Revolution referieren.
Vielleicht sollte man Sasha Waltz einfach mal anrufen und fragen, was sie heute an die Stelle der Schale setzen würde. Vielleicht würde ja eine kleine Tafel reichen. Darauf könnte dann stehen: „Freiheit und Einheit? Bitte warten!“ Oder auch lokalpatriotischer: „Berlin ist eine Stadt, in der vieles nur langsam geht und einiges gar nicht. Knorke!“
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