Berliner Abgeordnetenhaus: Mehr Bäume ohne Volksentscheid
Die Fraktionen von CDU und SPD wollen nun den Baumentscheid im wesentlich unverändert übernehmen. Die dahinter stehende Initiative ist begeistert.

„In allen wesentlichen Punkten“ ist der zentrale Begriff dessen, was die Fraktionschefs von CDU und SPD, Dirk Stettner und Raed Saleh, am Mittwochmorgen im Abgeordnetenhaus vortrugen. Denn nur dann ist laut Verfassung eine Übernahme durch das Parlament möglich.
Noch vorige Woche sah es so aus, als würden CDU und SPD ein gegenüber dem Ansatz der Initiative weitgehend verändertes Gesetz beschließen und einen eigenen Entwurf vorlegen wollen. Für diesen Fall hatte die Initiative eine Klage beim Verfassungsgericht angekündigt und dort auf eine Eilentscheidung gehofft, um bei einem Urteil zu ihren Gunsten im Zeitplan für einen Volksentscheid 2026 zu bleiben.
Dazu kommt es nun offenbar nicht. Mitinitiator Heinrich Strößenreuther, der die Pressekonferenz mitverfolgte, zeigte sich direkt danach Journalisten gegenüber begeistert. „Ganz, ganz sicher“ sei er, dass es tatsächlich zu der nun angekündigten Übernahme aller wesentlichen Punkte komme. Die Entscheidung soll beim Plenum der Initiative mit allen Ehrenamtlichen liegen, dessen Größe Strößenreuther auf 100 bis 150 Personen beziffert.
CDU-Wende beim Landesparteitag
Noch vor einer Woche stellte sich die Lage ganz anders dar. Die CDU hatte zwar am 20. September bei ihrem Landesparteitag eine Kehrtwende gemacht und sich hinter den Baumentscheid gestellt. In der folgenden Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses aber lehnten es die Christdemokraten ab, auf Parkplätze zu verzichten, um dort Bäume pflanzen zu können. „Das wird es mit der CDU nicht geben“, legte sich ihr umweltpolitischer Sprecher Danny Freymark fest. Die SPD wiederum stemmte sich gegen einen Kontrollrat für die Baumpflanzungen und weiteren Hitzeschutz, den die Initiative fordert.
In der Pressekonferenz ruderte Fraktionschef Stettner zurück. Platz für die neuen Bäume zu finden, soll demnach auf Kosten aller Flächennutzer gehen. „Das betrifft auch Parkplätze in Berlin“, sagte er. Das soll aber nicht vorrangig gelten – „es geht nicht um ein Parkplatzvernichtungsprogramm, sondern um Baumpflanzungen“. Die Ausgestaltung des bislang von der Koalition kritisch betrachteten Kontrollrats ist zwar noch offen. Stettner wie Saleh gingen aber davon aus, sich hier mit der Initiative einigen zu können.
Kein unlösbares Problem stellen aus Sicht der Koalition die hohen Kosten des Anliegens dar. In verschiedenen Schätzungen war mal von 12, mal von 7 Milliarden Euro die Rede, aufgeteilt bis zum Jahr 2040. Strößenreuther hielt es am Mittwoch für möglich, mit 3 bis 4 Milliarden auszukommen. Die Koalition will das nach SPD-Angaben selbst gründlich nachrechnen – und dann aber zumindest größtenteils nicht aus dem schwächelnden Landeshaushalt bezahlen. „Das wird nicht ohne Bundesgelder gehen“, sagte SPD-Chefhaushälter Torsten Schneider.
Der Terminplan sieht nun am 8. und 17. Oktober eine Anhörung und ihre Auswertung im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vor. Ein Gesetz soll daraus in einer Sondersitzung des Parlaments am 3. November werden, um innerhalb einer von der Landesverfassung vorgegebenen Frist zu bleiben. Die nächste reguläre Sitzung wäre wegen der Herbstferien erst 3 Tage später.
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