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Berlin feiert 35 Jahre MauerfallImmerhin nicht „Wind of Change“

Kulturprojekte Berlin beschert der Stadt ein Festprogramm zum 35-jährigen Mauerfall-Jubiläum. Senatschef Kai Wegner (CDU) ist schwer begeistert.

Vier Kilometer Schilder: Installation zum Mauerfall Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Alle fünf Jahre lässt sich das Land Berlin nicht lumpen und richtet eine große Feier zum Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 1989 aus. Mit Kunst­installationen, Ausstellungen, Konzerten und unzähligen salbungsvollen Reden. Am Samstag sind mal wieder fünf Jahre seit dem letzten Brimborium vergangen. Erwartet werden Hunderttausende Gäste. Die Stadt ist aus dem Häuschen.

Im Mittelpunkt der von der landeseigenen Kulturprojekte Berlin organisierten Mauersause steht eine schon jetzt zu besichtigende Plakat-Installation entlang des ehemaligen Grenzverlaufs zwischen Invalidenstraße und Axel-Springer-Straße. Oberthema der vier Kilometer langen Schilderreihe: „Haltet die Freiheit hoch!“

Alle Be­su­che­r:in­nen können bereits ab Freitag an der Strecke einen 340-Seiten-Hardcover-Wälzer zu 35 Jahren Mauerfall abgreifen. Der ist ebenso umsonst wie weiland die Fahrten mit der BVG für Ost­ber­li­ne­r:in­nen, was bekanntlich für überfüllte Busse und Züge und bald auch schlechte Laune bei West­ber­li­ne­r:in­nen sorgte.

Aber am Jubeltag soll ja gefeiert und nicht gejammert werden. Berlins Regierender Zeremonienmeister Kai Wegner (CDU) zeigte sich dementsprechend schon am Donnerstag schwer in Stimmung und dankte Kulturprojekte Berlin, „die mit dieser Installation und einem umfangreichen Programm dieses besondere Mauerfall-Jubiläum unvergesslich machen“.

Gemeinschaftliches Mitgrölen

Dazu gehört auch das musikalische Begleitprogramm, genannt „Fest der Freiheit“. Auf fünf Bühnen, darunter am Brandenburger Tor und am Potsdamer Platz, sollen am Samstag zwischen 20 und 21 Uhr fast 700 Mu­si­ke­r:in­nen „acht ikonische Rock-Hymnen“ spielen, die Be­su­che­r:in­nen sind aufgefordert mitzusingen. „Das größte Mitmachkonzert, das Berlin je erlebt hat“ – drunter geht es im Anpreisetext nicht.

Die schon damals unerträgliche Wendeschnulze „Wind of Change“ von den Scorpions bleibt uns zwar erspart. Das als Abschluss geplante Mitgrölen von Marius Müller-Westernhagens „Freiheit“ macht es aber auch nicht besser. Immerhin gibt es dazu ein großes Feuerwerk.

Für alle, die am Jubiläumstag selbst noch nicht genug bekommen haben vom Mauerfallgedenken, geht es am Sonntag weiter beim Demokratiefest auf dem ehemaligen Stasi-Gelände in Lichtenberg. Geboten werden Workshops, Zeit­zeu­g:­in­nen­ge­sprä­che und Führungen. Als Grande Finale gibt es ab 20 Uhr ein kostenloses Konzert von Pussy Riot.

Der Aktionstag steht unter dem Motto „Revolution – und dann?“ Gute Frage. Zumindest im Fall des Umbruchs in der DDR vor 35 Jahren gerieten die treibenden Kräfte aus der Bür­ge­r:in­nen­be­we­gung jedenfalls extrem schnell ins Hintertreffen.

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1 Kommentar

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  • Was soll denn dieser Zynismus? Warum so negativ? Ich verstehe den Text anscheinend nicht.

    Freiheit und Wind Of Change, sollten wir nicht froh sein, dass es solche Lieder gibt?