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Berichterstattung zum Tod von AviciiJetzt mit krassen Details!!!

Dinah Riese
Kommentar von Dinah Riese

Die Art, wie verschiedene Medien über den möglichen Suizid des DJs Avicii berichten, ist nicht nur pietätlos, sondern auch gefährlich.

Ein Konzert von DJ Avicii im Jahr 2014 in New York Foto: reuters

S ie wollen es einfach nicht verstehen. Oder besser gesagt: Verstanden haben sie es wohl, aber sie wollen nicht entsprechend handeln. Der mögliche Suizid eines prominenten Menschen verspricht zu viel Aufmerksamkeit, als dass diverse Boulevardmedien darauf verzichten würden, das Thema lang und breit – und ziemlich verantwortungslos – breitzutreten.

Vor nicht ganz zwei Wochen starb der DJ Avicii in Oman. Der 28-Jährige, mit bürgerlichem Namen Tim Bergling, hatte eine imposante Karriere hinter sich; Hunderte Auftritten in wenigen Jahren, volle Konzerthallen und bestens verkaufte CDs. Offiziell ist über die Umstände seines Todes nach wie vor wenig bekannt. Am Dienstag berichtete das US-amerikanische Promi-Portal TMZ aber, es habe sich um Suizid gehandelt – inklusive Details über das wann, das wie, das wo.

Und Bild, Bunte, Berliner Kurier und andere stiegen Online sofort ein. Artikel über Artikel, Tweets, Schlagzeilen, von denen einige nicht nur den vermeintlichen Suizid, sondern auch das vermeintliche Werkzeug in die Welt hinausschreien – und am Ende des Textes wie üblich der Hinweis, dass man über Suizide ja eigentlich nicht berichte, aber. Aber die gesellschaftliche Relevanz, aber das öffentliche Interesse, aber, aber, aber. Und man ist ja aus dem Schneider, immerhin schreibt man die Nummer der Telefonseelsorge dazu.

Diese Hinweise sind bei Berichterstattung über Suizide inzwischen üblich, um dem sogenannten Werther-Effekt vorzubeugen: Nach dem Erscheinen von Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ begingen viele junge Menschen nachahmend Suizid. Es gibt heute Studien dazu, dass bestimmte Formen der Berichterstattung Einfluss auf suizidgefährdete Personen haben können. Deswegen sollten Medien soweit möglich gar nicht, und wenn doch, dann mit dem nötigen Fingerspitzengefühl berichten.

In einem Papier der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention heißt es, vermieden werden sollten: Suizide, die auf der Titelseite oder als „Top-News“ angekündigt werden, Fotos der betreffenden Person, romantisierende oder idealisierende Darstellungen oder die detaillierte Beschreibung von Suizidmethode und Ort.

Genau das aber haben Bild, Bunte und weitere getan, länglich und in Großbuchstaben. Darunter dann einen Hinweis auf Hilfsangebote zu setzen, kann man nur zynisch nennen.

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Dinah Riese
Ressortleiterin Inland
leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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20 Kommentare

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  • Suizid ist ein völlig verfehltes Tabu. Über Suizid nachzudenken heißt, sich einem Alarmsignal und nicht einem Lebenszeichen zu nähern. Wenn einem der Suizid leichter fällt als das Leben, werden Mängel im Umfeld die den Suizid begünstigen, offenbar. Das zuzugeben, scheuen wir uns. Wir sind so feige. Vor, während und danach.

  • Und Ihnen hat das ja nun auch eine Schlagzeile gebracht...den Tod, eines Menschen wie auch immer zu kommentieren...

  • Ich finde es absurd, dass Medien wegen dem 'Werther-Effekt' nicht über Suizid berichten sollen/dürfen.

    Mag sein, dass sich im 18ten Jahrhundert einige Menschen, nach Veröffentlichung des Buches, selbst umgebracht haben. Aber heute?

    Ich leide seit einigen Jahren an Depression und denke (bzw. habe ich es auch schon versucht) hin und wieder an suizid. Aber definitiv nicht weil sich XY gerade das Leben anhand von ... und in ... genommen hat.

    Wer sich wirklich umbringen möchte, der findet auch andere Wege sich darüber zu informieren wie und wo man es am besten macht, anstatt der Presse zu folgen und zu warten bis es ein Promi tut um dies dann nachzuahmen.

    Wie viele Piloten haben denn nach dem 24. März 2015 einen Flugzeugabsturz absichtlich verursacht? So weit ich weiß - keiner.

    Vor ca. 300 Jahren haben die Leute das nachgemacht, weil es das erste Mal war, dass jemand über dieses 'Tabuthema' geschrieben hat.

    Ich finde wir müssten heutzutage viel offener darüber reden, schreiben und berichten. Vor allen Dingen auch aufklären was es für Folgen für Verwandte, Freunde und etc. hat, wenn man sich das Leben nimmt.

    Nur dadurch kann man einen möglichen Suizid einer Person verhindern und nicht indem die Gesellschaft das Thema weiterhin verleugnet.

    • @Mieze:

      Erfreulich zu hören, dass Sie sich in diesem Zusammenhang nicht gefährdet sehen. Aber das heißt ja nicht, dass es den Werther-Effekt nicht gibt. Die ihn belegenden Studien stammen - wie im Artikel auch erwähnt - aus der Neuzeit und nicht aus der Zeit unmittelbar nach Veröffentlichung des Namenspatrons. Nach meinem Verständnis kann man die Existenz des Werther-Effekts nach anerkannten wissenschaftlichen Standards heutzutage nicht leugnen.

      Übrigens geht es auch nicht darum, Mittel und Wege zu finden, wenn die Suizidabsicht feststeht. Hintergrund sind doch vielmehr Motivation und Bestärkung.

    • @Mieze:

      Vor allen Dingen müssten wir mal das Thema "Depression" von der Tabuliste nehmen.

       

      Dass, je nach Ursache und Schweregrad, auch Selbstmordattentate darin begründet sein können, sollte mal offen debattiert werden. Kaum jemand kann erkennen, wenn sich jemand in seinem Umfeld auf einmal depressiv verhält und selbst wenn, wohin soll er sich wenden. Wir sind, was psychische Erkrankungen anbelangt, nicht höher wie der Stand eines Trikontlandes.

      Der Depressive stört unsere Konsumlaune, der hat tatsächlich was zu nörgeln. Das will man in der Öffentlichkeit nicht hören.

      • @Age Krüger:

        Das natürlich auch.

  • Ey, isch wolle lese krasse details, nix details hier, was solle Überschrift, ey, voll krasse klickbaiting un nix neu, wat is nu? Is tot avicii?!?

  • 9G
    96551 (Profil gelöscht)

    Der vermeintliche Suizid von Avicii? Also weiß Frau Riese bereits vor allen anderen Quellen, dass es sich tatsächlich nicht um einen Selbstmord gehandelt hat?

     

    Oder beherrscht sie einfach nur nicht die deutsche Sprache? Machen Sie sich nichts draus, liebe Frau Riese, die meisten Journalisten verstehen nicht den Unterschied zwischen vermeintlich, angeblich, mutmaßlich etc.

    • @96551 (Profil gelöscht):

      Erklären Sie uns den Unterschied!

      • @Friedel Castrop:

        Das hab ich auch gerade geschrieben... selbst Schlagzeilen aus einer andern machen ...!!!

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @96551 (Profil gelöscht):

      Da hat aber jemand Haare auf den Zähnen.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        ist auch gut so

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @Hanne:

          Meinetwegen kann jede und jeder hier den Gremliza oder gleich den Karl Kraus geben. Nur sind das große Fußstapfen.

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @88181 (Profil gelöscht):

            Das sind in der Tat große Fußstapfen, wobei ich der Ansicht bin, dass selbst Karl Kraus hier nicht gebeckmessert hätte. "Angeblich" und "vermeintlich" sind nämlich laut Duden Synonyme.

             

            "Vermeintlich" kann also bedeuten, dass der DJ ggf. keinen Selbstmord begangen hat, es kann aber ebensogut bedeuten, dass Selbstmord angenommen werde.

             

            Ich finde Sprachkritik wichtig. Aber man sollte sich nicht auf Regeln verlassen, die man irgendwann gelesen oder von Lehrern in der Schule eingebläut bekam, nicht überbewerten, weil sie oft lediglich den persönlichen Gusto dessen kennzeichnen, der sie aufstellt.

             

            Extrembeispiele, von dem ich in Bezug auf die Auswahl von Stipendiaten einer Stiftung gehört habe: einer der Juroren habe Kandidaten abgelehnt, die sich erdreisteten, das Wort "eigentlich" in den Mund zu nehmen. Ein anderer bestand darauf, dass man nicht "promoviere", sondern "promoviert werde". Kann man so halten, muss man aber nicht, schon gar nicht laut Duden.

            • 8G
              88181 (Profil gelöscht)
              @849 (Profil gelöscht):

              Stimmt schon, Sprachkritik ist wichtig. Und natürlich sollten gerade die, die von Berufs wegen mit Sprache zu tun haben, große Aufmerksamkeit walten lassen.

               

              Die Präzision, mit der etwa ein Günter Gaus zur Sache ging, ist heute kaum noch zu finden.

               

              Und die Talk-Shows erschöpfen sich meistens in einem öden Hin-und-her-Gewerfe von Textbausteinen.

               

              Hoffentlich zählt jetzt keiner meine Fehler :-)

              • 8G
                849 (Profil gelöscht)
                @88181 (Profil gelöscht):

                Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass Journalisten das Schreiben nicht lernen, sondern dass vorausgesetzt wird, dass sie es können. Dass dies nicht der Fall ist, kann man nicht nur bei der TAZ sehen. Nicht, weil das Deutsche zu viele Regeln hätte, sondern weil es allgemein nicht mehr für nötig befunden wird, diese zu beherrschen. Meine erwachsenen Kinder lassen ihre Uni-Elaborate von mir korrigieren und obwohl ich selbst jahrelang u.a. als "Chef-Lektor" (aber in keinem Verlag) tätig war, habe ich bis heute keine vollkommen gesicherte Vorstellung, wie im Zweifel zu schreiben sei. Ich erlaube mir aufgrund der widersprüchlichen Regeln daher eine geringfügig eigene Rechtschreibung oder Zeichensetzung. Was ich allerdings viel problematischer finde als die Rechtschreibung: dass die Menschen keine Begriffe mehr haben, sondern nur gern von ihnen reden, wenn sie Wörter oder Benennungen meinen. Dass jeder in eine Worthülse irgendwas hineingeheimnissen kann, das er Begriff nennt, stößt die Tür zur Willkür und Demagogie weit auf. Die Konsequenzen sehen wir schon, so wir noch begrifflich denken können. Aber es ist uns egal, weil wir glauben, dass das nichts zur Sache tut und man nur solange zu reden braucht, bis die "message rübergebracht" ist.

                • 8G
                  88181 (Profil gelöscht)
                  @849 (Profil gelöscht):

                  Klingt ein bisschen kulturpessimistisch, aber ich stimme mal ein.

                   

                  Rühmen wir die Ausnahmen:

                   

                  Dominic Johnson

                  Georg Seeßlen

                  Bettina Gaus

                  Georg Diez

                  Arno Widmann

                  Alexander Osang

                   

                  Die fallen mir auf die Schnelle ein.

                   

                  Und Deniz Yücel, aber der ist wohl nicht so ihr Fall.

                  • 8G
                    849 (Profil gelöscht)
                    @88181 (Profil gelöscht):

                    Yücel ist voll mein Fall, nur bitte richtig ausgesprochen, nicht mit dieser nervigen Endbetonung, wie es die Deutschen tun, so als wär der Herr ein Franzos. Yücel ist sprachmächtig. Allein das macht ihn lesenswert. Aber auch inhaltlich hatte ich bei ihm selten etwas auszusetzen.

          • @88181 (Profil gelöscht):

            Der Stil, in dem @CAMELOTTA das absondert, ist zwar eher neunmalklug und kindisch, aber auf der anderen Seite geht mir auch dauernd der beliebige Gebrauch z.B. von "anscheinend" und "scheinbar" auf den Geist und so manche andere Gewalt gegen die deutsche Sprache.

             

            Und da ich selber auch kein felsenfester Germanist bin, bin ich immer wieder froh, wenn jemand, auch mich, auf so doofe Fehler hinweist.

            • 8G
              88181 (Profil gelöscht)
              @Age Krüger:

              Da haben Sie ja recht.