Berichterstattung über Angriff per Auto: Falsch abgeschrieben
Die Polizei bezeichnete die Attacke auf eine AfD-Gegendemonstrantin als „Verkehrsunfall“. Viele Medien haben das einfach übernommen.
D ie Nachricht war schnell in den bundesweiten Medien: Im Anschluss an eine AfD-Veranstaltung mit dem Bundessprecher Jörg Meuthen am Samstag in Henstedt-Ulzburg hätte es Auseinandersetzungen zwischen Besucher*innen der Veranstaltung und Gegendemonstrant*innen gegeben. Die „rechte und linke Szene“ seien aneinander geraten, schrieb die Polizei in ihrer Pressemitteilung. „Eine Person der linken Szene“ sei durch einen Verkehrsunfall schwer verletzt worden. So weit, so schlecht.
Nicht am Samstag und auch nicht am Sonntag haben Journalist*innen diese Darstellung des Tatverlaufes durch die Polizei hinterfragt. Eins zu eins wurde stattdessen das Polizei-Narrativ kolportiert. In manchen Redaktionen dominiert ja auch das Motiv von „den Linken“ und „den Rechten“, die die Gesellschaft mit „ihren Auseinandersetzungen“ gefährden würden. Historisch so falsch wie aktuell. Die Ressentiments in der gesellschaftlichen Mitte – gar bei sich selbst – werden so nonchalant ausgeblendet.
Doch längst ist ein genaues Hinschauen mehr als geboten. Nicht bloß von Journalist*innen, aber von ihnen besonders – das ist ihre professionelle Aufgabe.
Ein Nachfassen, mögliche Betroffene oder anwesende Zeug*innen ansprechen, hätte offenbaren können, dass am Samstag ein AfD-Anhänger mit seinem Pick-up auf einem Gehweg mindestens drei Personen anfuhr, eine Frau verletzte. Das Fahrzeug wurde zur Waffe. Die Frau hätte tot sein können.
Die Relativierung der rechten Gewalt durch die Polizei wurde jedoch medial mit betrieben. Mal wieder. Seit Jahren warnen Beratungsstellen von Opfern rechter Gewalt, Pressemitteilungen der Polizei nicht einfach zu übernehmen. In Seminaren zeigen die Beratungsstellen exemplarisch, wie in einer Polizeimeldung über eine Jugendschlägerei der politische Kontext nicht erwähnt und prompt nicht berichtet wird.
Hinzu kommt: Eine Quelle genügt nicht für die Berichterstattung. Und spätestens seit dem NSU sollte bei den Pressemitteilungen der deutschen Sicherheitsbehörden ebenso die gebotene Quellenkritik erfolgen. Auch um den Opfern gerecht zu werden.
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