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Bericht der Energieagentur IEAKrieg treibt Energiewende voran

Die Erneuerbaren sind der Gewinner der hohen Preise für fossile Rohstoffe. Dennoch rechnet die Energieagentur IEA mit einer Erderhitzung von 2,5 Grad.

Hohe Investitionen in die Erneuerbaren: Industriekletterer im Windpark Foto: Paul Langrock

Berlin taz | Der Krieg in der Ukraine hat vielen Ländern der Welt nicht nur die Verwundbarkeit ihrer Energieversorgung aufgezeigt, sondern auch deren fehlende Nachhaltigkeit. Diese Bilanz zieht die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem diesjährigen „World Energy Outlook“, der am Donnerstag erschien.

Ist die Krise eher ein Rückschlag oder ein Treiber der Energiewende? Die IEA, ein Interessenverband führender Industriestaaten, tendiert eher zu letzterer Sichtweise. Begründung: Der Vorteil der Erneuerbaren zeige sich gerade deutlich. Die Korrelation von hohen Anteilen Erneuerbarer und niedrigen Strompreisen sei in einzelnen Ländern deutlich. Auch hätten dort, wo es effizientere Häuser gibt, diese den Preisanstieg für Konsumenten abgepuffert.

Es gebe „wenig Beweise“ für die Vorwürfe Einzelner, dass die Klimapolitik und ihre Ziele der CO2-Neutralität für steigende Energiepreise verantwortlich seien, so die IEA.

Angesichts der aktuell hohen Preise der fossilen Energien hätten die Regierungen in der Summe mehr als 500 Mil­liar­den Dollar bereitgestellt, um die Auswirkungen der Energieknappheit auf das Wirtschaftsleben gering zu halten.

Zu wenig Aufmerksamkeit auf weniger Energieverbrauch

Kurzfristig sei wieder mehr Kohle und Öl zur Stromerzeugung eingesetzt worden, und mitunter seien auch Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert worden. Weniger Aufmerksamkeit hätten hingegen „nachfrageseitige Maßnahmen“ erhalten – also solche, die den Energieverbrauch senken anstatt das wegfallende Erdgas durch andere Energieträger zu ersetzen.

Gleichwohl sieht der Bericht, der als die „Bibel der Energiewirtschaft“ gilt, die Perspektiven nicht gar so düster: Während sich die Märkte angesichts der teureren fossilen Energien neu ausbalancierten, seien die Erneuerbaren längerfristig Gewinner.

Die Zunahme von erneuerbarem Strom werde in Zukunft ausreichen, um das Wachstum der gesamten Stromerzeugung zu übertreffen – und somit den Beitrag der fossilen Brennstoffe zur Stromerzeugung zu senken. Zwar treibe die Krise aktuell „die Auslastung bestehender kohlebefeuerter Anlagen kurzzeitig in die Höhe“, doch immerhin gebe es keine höheren Investitionen in neue Anlagen.

Trotz mancher positiver Ausblicke ist der IEA-Outlook zugleich auch ein Dokument des energiepolitischen Versagens der Weltgemeinschaft. Denn der Anteil fossiler Brennstoffe am globalen Energiemix ist seit Jahrzehnten mit rund 80 Prozent „hartnäckig hoch“. Bis 2030 sinke der Anteil laut Szenarien zwar auf unter 75 Prozent, bis 2050 dann unter 60 Prozent.

2050 immer noch 32 Milliarden Tonnen CO2

Damit werde der Höhepunkt der globalen CO2-Emissionen im Jahr 2025 mit 37 Milliarden Tonnen erreicht. Doch sind das insgesamt nur bescheidene Fortschritte, denn laut den Prognosen werden auch 2050 32 Milliarden Tonnen CO2 emittiert. Diese Reduzierung um nur 13 Prozent bis 2050 reiche bei Weitem nicht aus, um die Erd­er­hit­zung einzudämmen, so die IEA.

Entsprechend rechnet die Agentur mit einem Anstieg der globalen Mitteltemperatur um etwa 2,5 Grad bis zum Jahr 2100. Das sei zwar besser, als man es in früheren Jahren prognostiziert habe. Die seit 2015 erzielte politische Dynamik und technologische Fortschritte schwächten die Erwärmung im genannten Zeitraum um immerhin 1 Grad ab.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch ein Bericht, den das UN-Klimasekretariat soeben in Bonn veröffentlichte. Auch dieser prognostiziert auf Basis der Klimaschutzpläne der Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens eine globale Erwärmung um 2,5 Grad.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "Es gebe „wenig Beweise“ für die Vorwürfe Einzelner, dass die Klimapolitik und ihre Ziele der CO2-Neutralität für steigende Energiepreise verantwortlich seien, so die IEA."



    Abwarten. Mit zunehmendem Anteil an Wind- und Solarstrom steigen die Speicherkosten. Und die machen ein Vielfaches der Erzeugungskosten aus. Spätestens, wenn die Pufferung duch Fossilstrom wegfällt und Saisonspeicher erforderlich werden.



    Möglicherweise hilfreich: Den Bedarf an Saisonspeichern minimieren, statt ihn duch Wärmepumpen o.Ä. auch noch zu erhöhen...

    • @sollndas:

      Es wäre ja schön, wenn es "Speicherkosten" gäbe, weil gespeicherter grüner Strom zu Zeiten von zu wenig PV- und Windstrom geliefert wird. Doch solche Speicher sind in 10, 20 und wohl mehr Jahren nicht zu erwarten. Erstens wird sich niemand finden, der solche gigantischen Speicher (auf Batteriebasis) überhaupt finanzieren könnte und zweitens habe ich schon neue Studien gesehen, nach denen dafür die bekannten Rohstoffmengen gar nicht zum Abbau zur Verfügung stehen, ja nichtmal reichen würden um für ein einziges Land wie z.B. Deutschland solche Speicher zu bauen.



      Zur Zeit und wohl noch auf lange Zeit gibt es zur Unterstützung der EE, wenn diese bei Nacht und bei Dunkelflauten (wie 11.-14.10.22) kaum Strom liefern, als technische Lösung nur Atomkraftwerke und fossile Kraftwerke.



      Ja, immer mehr Wärmepumpen und E-Autos erhöhen den Strombedarf und verschärfen damit noch das Problem.

  • Bringt halt erstmal nix, bzw. noch mehr CO2, wenn man die Welt umbaut. Außerdem führen die hohen Profite in der Energiebranche zu noch mehr Konsum, egal ob Atomstrom oder Windstrom.

    • @WeisNich:

      Das verstehe ich jetzt nicht; warum führen die hohen Profite in der Energiebranche zu noch mehr Konsum? Die Profite liegen doch auf der Erzeugerseite, nicht beim Konsumenten. 🤔

      • @Felis:

        Ganz einfach, wenn eine Branche sehr hohe Gewinne macht, werden die verfrühstückt. Erinnern sollte man sich an Frank Asbeck, der hat im ersten Solarhype vor 20 Jahren so was von CO2 durch Luxus erzeugt.



        Damals hatten wenige Quadratmeter Photovoltaik genügt. Jetzt sind wieder die Goldschürfer unterwegs.