Behörden gegen Landgrabbing: Brandenburg holt sich das Land zurück
Der Konzern Munich Re hatte mehr als 2.000 Hektar Ackerfläche gekauft. Nun haben die Behörden einen Teil der Verkaufsgenehmigungen kassiert.
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Der weltgrößte Rückversicherungskonzern hatte 2015 von der inzwischen insolventen Holding KTG Agrar die Firma ATU Landbau mit rund 2.800 Hektar Acker erworben, nachdem diese das gesetzliche Vorkaufsrecht für ortsansässige Landwirte ausgehebelt hatte. 2.263 Hektar davon liegen in Brandenburg. Die Fläche ist mehr als 800-mal größer als der Durchschnitt aller 2015 in Deutschland verkauften Äcker.
Getrieben auch durch branchenfremde Anleger haben sich seit 2007 die Verkaufswerte von landwirtschaftlich genutztem Land im Schnitt mehr als verdoppelt. Normale Bauern können in diesem Bieterkampf oft nicht mehr mithalten. Zudem fließen die Gewinne, etwa aus der Verpachtung des Lands aus den oft armen Regionen in der Provinz, in ohnehin schon reiche Städte. Nach einem Bericht der taz im November 2016 wurde der Fall auch in anderen Medien und der Politik als Landgrabbing kritisiert – also als illegitime Aneignung von Land.
„Die ATU hat dem Landkreis vorgetäuscht, die Flächen in ihrer Funktion als landwirtschaftlicher Betrieb zu kaufen, während sie aber tatsächlich einem außerlandwirtschaftlichen Investor zugeführt werden sollten“, sagte ein Sprecher des brandenburgischen Ministeriums nun. „Deshalb waren die Genehmigungen rechtswidrig.“ Demnach haben die Behörden jetzt Bauern gefunden, die für insgesamt 5 Millionen Euro einen Teil der Flächen kaufen wollen. Die Gesamtfläche sei damals für rund 27 Millionen Euro verkauft worden.
Doch noch dürfen die Landwirte die fraglichen Äcker nicht nutzen. „Es wurden Rechtsmittel gegen die Bescheide durch die damaligen Kaufvertragsparteien eingelegt“, schreibt das Ministerium. Erst wenn die Gerichte darüber rechtskräftig entschieden haben, würden die Landwirte ins Grundbuch eingetragen und damit offiziell Eigentümer.
Rund 186 der 2.800 Hektar, die die Munich Re von der KTG bei dem Deal 2015 erworben hat, liegen in Sachsen-Anhalt. Auch dort prüfen die Behörden nun, ob sie das Geschäft rückgängig machen können. „Die am Kauf beteiligten Gesellschaften werden zurzeit vom Landkreis Börde angehört“, teilte das Agrarministerium in Magdeburg mit. Die letzte Anhörungsfrist laufe am 10. November ab.
Die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG, wie der Konzern offiziell heißt, wollte sich auf Anfrage nicht zu der Sache äußern. Schließlich handele es sich um ein laufendes Verfahren, schrieb der Konzern der taz.
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