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Bedrohte Kunstfreiheit in SpanienHexenjagd auf Andersdenkende

In Spanien häufen sich Fälle, in denen Künstler aufgrund des Antiterrorgesetzes verfolgt und mit einer hohen Haftstrafe bedroht werden.

Bandleader César Strawberry wird vom Staatsanwalt mit einer Strafe von 20 Jahren bedroht – wegen seiner satirischen Bemerkungen. Foto: Reiner Wandler

Madrid taz | Anwälte, ein Richterverband und selbst Amnesty International (AI) schlagen Alarm. Puppenspieler werden für ihre Satire der „Verherrlichung des Terrorismus“ beschuldigt, und ein Aktionskünstler wird der „Verletzung religiöser Gefühle“ beschuldigt, weil er gegen die Amtskirche protestierte.

Amnesty ist empört über den jüngsten und wohl bekanntesten Fall der Repressionswelle gegen unliebsame Künstler. Am Fastnachtsfreitag wurden in Madrid zwei Puppenspieler mitten in der Aufführung festgenommen und aufgrund des Antiterrorgesetzes fünf Tage lang in Untersuchungshaft gehalten.

Ihr satirisches Stück „Die Hexe und Herr Cristóbal“ kritisiert Hausbesitzer, Richter und Polizei. Am Ende schiebt ein Polizist der Hexe ein Transparent unter, auf dem „Hoch lebe Alka-ETA“ zu lesen steht, um sie als Terroristin beschuldigen zu können.

Wer gegen Sparpolitik demonstriert, wird von Politikern der regierenden Partido Popular (PP) gern als ETA-Freund beschimpft; die linke Podemos wird oft in diese Ecke gerückt. Als am 11. März 2004 Bomben in Nahverkehrszügen von Madrid explodierten, wurde der islamistische Anschlag von dem damaligen PP-Premier José María Aznar als ETA-Anschlag verkauft, um so Kapital aus der Tragödie bei den wenige Tage später stattfindenden Wahlen zu schlagen. Ebendiese Szene sei „Verherrlichung des Terrorismus“, erklärt der zuständige Ermittlungsrichter jetzt.

Die rechte Presse greift den Fall auf, um gegen die Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena vom Bürgerbündnis „Ahora Madrid“ Stimmung zu machen. „Es ist mehr als fragwürdig, ob hier ein Rechtsvergehen vorliegt“, erklärt Joaquim Bosch, Sprecher des einflussreichen Verbandes „Richter für Demokratie“.

Meinungsfreiheit eingeschränkt

Nicht nur der Richterverband kritisiert die Strafrechtsreform aus dem Jahr 2015, die auf den „Pakt gegen den Dschihadismus“ der beiden großen Parteien PP und der sozialistischen PSOE zurückgeht. „Das Gesetz enthält eine so offene und weite Definition dessen, was Terrorismus ist, dass es die Meinungsfreiheit einschränkt“, urteilt auch AI. „Es ist verrückt. ETA hat vor über vier Jahren die Waffen niedergelegt. Doch werden mittlerweile mehr Menschen wegen ‚Verherrlichung des Terrorismus‘ verfolgt denn je“, beschwert sich auch César Strawberry.

Der 52-jährige Chef der spanischen HipHop-Band Def con Dos weiß, wovon er spricht. Die Staatsanwalt fordert für den Sänger 20 Monate Haft, 8 Jahre Aberkennung der Rechte auf Ausführung eines öffentlichen Amtes und 2 Jahre richterliche Überwachung.

Es geht darum, Angst zu verbreiten

César Strawberry, Bandleader

Die der Regierung unterstellte Strafbehörde hält damit ein Verfahren am Laufen, dass vom Ermittlungsrichter mangels Indizien längst eingestellt worden war. Strawberry hatte sich bei Twitter auf seine sarkastische Art ausgelassen. Als ein bekanntes ETA-Entführungsopfer eine rechtsradikale Partei gründete, kommentierte der Sänger: „Jetzt müsste man ihn entführen.“

In einer anderen Kurznachricht zählte er eine Reihe von Namen bekannter, spanischer Faschisten auf, die alle im hohen Alter verstarben, und schrieb: „Wenn du ihnen nicht das gibst, was Carrero Blanco zuteil wurde, ist die Langlebigkeit immer auf ihrer Seite.“

Scharfe Satire

Admiral Carrero Blanco, die rechte Hand des Diktators Franco, wurde 1973 von ETA auf dem Weg zur Messe in die Luft gesprengt. Das Regime verlor den Nachfolger für den alten Diktator. Der Weg zur Demokratie wurde so beschleunigt.

Doch nicht nur, wer mit dem Terror Satire betreibt, lebt gefährlich. Auch die Religion ist eine rote Linie. Das musste Aktionskünstler Abel Azcona erfahren. Er hatte bei Messebesuchen 242 geweihte Hostien gesammelt und mit ihnen auf einer Ausstellung in Pamplona das Wort „Päderastie“ gelegt. Jetzt wird gegen ihn wegen „Verletzung religiöser Gefühle“ ermittelt.

„Es geht darum, Angst zu verbreiten“, ist sich Strawberry sicher. Er selbst wurde fünf Tage vor den Kommunalwahlen vergangenen Mai festgenommen. Die PP verlor damals mehrere Großstädte an Podemos-nahe Bürgerbündnisse, darunterStrawberry’sHeimatstadt Madrid.

Der Innenminister verfolge gezielt Künstler, die den politischen Wandel unterstützt, sagt Strawberry. Minister Fernandez Díaz sei ultrareligiös und gehöre zum katholischen Geheimbund Opus Dei.

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9 Kommentare

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  • Künstler verhaften ist bestimmt eine super Methode, um Podemos unbeliebt zu machen ;)

     

    Also bitte weiter so, lieber spanischer Politiksumpf!

  • Aha, "Er hatte bei Messebesuchen 242 geweihte Hostien gesammelt und mit ihnen auf einer Ausstellung in Pamplona das Wort „Päderastie“ gelegt".

     

    Das entspricht ungefähr einer Aktion, bei der man in Moscheen Exemplare des Koran klaut und daraus öffentlich das Wort "Pädersastie" legt. (Mohammed hatte eine 6-jährige Ehefrau, und islamische Geistliche fordern deine Heiratserlaubnis für Mädchen ab 9 Jahren).

     

    Also, ich weiß nicht ob das in Deutschland unter Kunstfreiheit durchginge. Die Taz fände so eine Aktion auf jeden Fall nicht lustig. Aber wenn´s gegen die katholische Kirche geht, gibt´s offensichtlich andere Standards.

    • @Breitmaulfrosch:

      Der Überlieferung nach hatte Mohammed einen "Ehevertrag" mit einem 6-jährigen Mädchen, das hat den Rang eines Heiratsversprechens.

       

      Geheiratet haben soll er sie dann, als sie 9 Jahre alt war, nach Ansicht islamischer Geistlicher der Eintritt junger Mädchen in die Pubertät. In den meisten islamisch geprägten Staaten gilt heute jedoch eine Altersuntergrenze für das Heiraten von 16 bis 18 Jahren.

       

      In den USA, dem Land der Erzkatholiken, Evangelikalen, Kreationisten und anderer Sektenspinner dürfen in einigen Staaten Mädchen bereits im Alter von 12 bis 14 Jahren verheiratet werden.

    • @Breitmaulfrosch:

      nee, lustig vielleicht nicht, aber absolut moeglich und vor allem nicht strafverfolgungswert.

      jetzt mal von ihrer empoerung gegen zu viel islamtoleranz abgesehen - fangen sie nochmal von vorne an zu denken - sie finden es in ordnung, dass in einem laizistischen staat gegen einen kuenstler wegen verletzung religioeser gefuehle ermittelt wird?

      wenn es ihnen gelingt, bitte definieren sie dann noch einmal ´religioese gefuehle´.

      • @the real günni:

        Religiöse Gefühle sind genauso zu definieren wie die Verletzung von Gefühlen durch Beleidigungen. Dass man für die Bezeichnung "Du Ar ... och" bestraft wird, für das stehlen und verunglimpfen von Hostien oder dem Koran aber nicht (obwohl das für die Angehörigen der jeweiligen Religion erheblich beleidigender ist) ist nicht in Ordnung. Wenn schon absolute Meinungsfreiheit, dann muss die auch für alle Arten von abwertenden Bezeichnungen und Handlungen gelten.

        • @Breitmaulfrosch:

          Nicht die Hostien wurden verunglimpft, sondern eine Kirche, die nichts - oder jedenfalls nach Auffassung des Künstlers zu wenig - dagegen unternimmt, dass die Priester dieser Kirche sich im Hier und Jetzt an kleinen Jungs gegen deren Willen sexuell befriedigen.

           

          Mit dem Auslegen des Koran in gleicher Weise zielen sie gegen den Religionsgründer, der vor 1400 Jahren gelebt haben mag und von dem wir glauben können - oder nicht - was so alles in diesen 14 Jahrhunderten über ihn gesammelt und als "Wissen" weitergegeben wurde.

           

          Nehmen wir mal an, mit den Hostien wäre eine Beleidigung Marias und dem Glauben an ihre "unbefleckte Empfängnis" gelegt worden, dann würde das etwa an ihren "Koran-Vergleich" heranreichen.

        • @Breitmaulfrosch:

          Wenn ich eine Religion beleidige, ist der einzige, der mich wegen Beleidigung verklagen könnte, Gott selbst. Wenn er das tut, sei es ihm gegönnt. Er scheint aber entweder nicht zu existieren oder seinen Anhängern mehr Nonchalance vorzuleben als sie selbst bereit sind an den Tag zu legen. So oder so sind sie im Unrecht.

        • @Breitmaulfrosch:

          falsch. beleidigungen der person ist nicht gleichzusetzen mit der von dingen, die evtl. persoenlich konnotiert sind. dann waere jede verunglimpfung beispielsweise eines fanartikels eines gegnerischen fussballvereins eine persoenliche beleidigung, ist es aber nicht. das problem ist, dass manche religioese menschen ihre privatangelegenheit zu einer staatlichen machen - das ist aber ganz klar getrennt. und oft machen sie auch den fehler, ihre eigene religion ueber andere religionen oder glauben jeder art stellen zu wollen - auch hier gibt es kein besser oder schlechter.

  • Natürlich! Kunst sit Terror, selbst Denken ist Terror, ... eine andere Meinung haben als die Regierung ist Terror....

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    Nicht nur in Spanien, sonder auch bald im Rest der Welt.

    Wir brauchen Sicherheit, auch gegen Terrorristen! Vor allen Dingen gegenüber denen, die meinen hier könnte man etwas ANDRES machen als wir es vorschreiben!

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    Fahrenheit 451! Ein Alter "Schinken" mit hohem aktuellen Stellenwert!

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    Gruss

    Sikasuu