Bedingungen für Auslauferlaubnis: Sea-Eye soll Rettung einstellen
Das Rettungsschiff „Seefuchs“ steckt in einem Hafen von Malta fest. Verlassen dürfe sie ihn nur, wenn die NGO Rettungseinsätze grundsätzlich aufgibt.
Die „Seefuchs“ hatte ihre letzte Rettungsmission am 21. Juni beendet. Maltas Regierung hatte damals behauptet, dass die Registrierung des Schiffs im niederländischen Sportbootregister nicht ausreichend sei. Seither liegt die „Seefuchs“ im Hafen von Valletta. Eine kleine Crew von vier Freiwilligen kümmert sich um das Schiff.
Die „Seefuchs“ ist ein kleines Schiff, nur 26 Meter lang. Sie ist dafür ausgelegt, bei Notfällen vor Ort Hilfe zu leisten. Sie ist aber ungeeignet, um Schiffbrüchige an Bord zu nehmen und Hunderte von Kilometern etwa nach Italien zu bringen. Die „Seefuchs“ übergab die Geretteten in der Vergangenheit deshalb auf hoher See an größere Schiffe, zum Beispiel der italienischen Marine, Frontex oder an private Rettungsschiffe. Das ist nun nicht mehr möglich.
„Es kommt keiner mehr, um uns die Menschen abzunehmen“, sagt Sea-Eye Sprecher Gorden Isler der taz. „Italien hat seit Juni jede Rettungstätigkeit eingestellt. Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass Gerettete von anderen Schiffen übernommen und an Land gebracht werden.“ Deshalb sind künftige Einsätze unter diesen neuen Bedingungen mit der „Seefuchs“ nicht mehr möglich. Sea-Eye hat nun Geld gesammelt, um ein neues, größeres Schiff anzuschaffen, mit dem der Transfer Geretteter bis zu einem sicheren Hafen in Europa möglich ist.
Selbstverpflichtung verlangt
Die NGO bat Malta deshalb am 4. September um Erlaubnis, auszulaufen und das Schiff nach Deutschland bringen zu dürfen. Doch Maltas Regierung fürchtet offenbar, die „Seefuchs“ könnte weiter zu Rettungseinsätzen benutzt werden. Zehn Tage später schickte sie die Mail, in der sie von Sea-Eye die Selbstverpflichtung zum Ende der Rettungseinsätze verlangte. Die NGO lehnt dies jedoch kategorisch ab. „Wir arbeiten gerade daran, eine neue Flagge für die Seefuchs zu bekommen“, sagt Isler. „Wenn wir die haben, kann Malta uns aus sachlichen Gründen nicht mehr festhalten.“
Seitdem die italienische Regierung im Frühsommer ihre Häfen für Flüchtlinge geschlossen hat, ist praktisch die gesamte Flotte privater Rettungsschiffe im Mittelmeer lahmgelegt worden.
Gorden Isler, Sea-Eye Sprecher
Auf ähnliche Weise, nur nicht schriftlich, hatte Malta auch die NGO Sea Watch loswerden wollen. Deren Schiff „Sea Watch 3“ wird von den maltesischen Behörden seit Juni am auslaufen gehindert, ebenso darf das Flugzeug „Moonbird“, das von der NGO betrieben wird, nicht abheben. Offiziell behauptet Malta, prüfen zu wollen, ob die Registrierung der „Sea Watch 3“ korrekt sei. Im August hatte der Flaggenstaat Niederlande dies bestätigt. Danach gab es ein Treffen von Vertretern von Sea Watch, der Hafenbehörde von Malta und Mitarbeitern des Büros von Maltas Premierminister Joseph Muscat.
Dabei sei Sea Watch bedeutet worden, dass das Schiff wieder ablegen dürfe, wenn die Organisation schriftlich versichert, künftig in der Region keine Rettungseinsätze durchzuführen, berichtet ein Sprecher von Sea Watch der taz. Die Organisation habe dies jedoch nicht in der geforderten Weise versichert.
Seit Beginn der Rettungsblockade sind in der Region fast 800 Menschen ertrunken. Zwei Schiffe der spanischen NGO Proactiva Open Arms sitzen in Spanien fest. Das Schiff „Lifeline“ der Dresdner NGO Mission Lifeline wird von Maltas Justiz festgehalten, ein Verfahren gegen den Kapitän Claus Peter Reisch läuft.
Aktiv ist nur noch das Schiff „Aquarius“ der deutschen NGO SOS Mediterranee sowie Ärzte ohne Grenzen. Die „Aquarius“ nahm am Sonntag 58 Überlebende eines Unglücks vor Libyen an Bord. Erst im Laufe der Woche erklärten sich schießlich vier EU-Staaten bereit, die Geretteten aufzunehmen. Am Donnerstagnachmittag wartete die „Aquarius“ vor Malta auf Anweisungen der Behörden zum Transfer der Menschen.
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