Bedeutung der Wahl fürs Handwerk: Kostenlos Meister:in werden
Union, SPD und Grüne wollen die Gebühren für den Meister:innenbrief abschaffen. Ein höherer Mindestlohn bringt nur wenigen im Handwerk etwas.
Das Kraftfahrzeuggewerbe ist durchaus auch für Klimaschutz – aber es muss „sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Mobilitätsform den eigenen Bedürfnissen gemäß und ohne Restriktionen wählen dürfen“, wie es im Forderungskatalog des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes heißt. Ein Tempolimit für Autobahnen lehnt der Verband ab – auch wenn offen bleibt, warum das für Kfz-Mechaniker:innen wichtig ist.
Die Wünsche des Handwerks an die kommende Bundesregierung sind also sehr gemischt. Mit einem Umsatz von 576 Milliarden Euro in Deutschland ist es ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Das Handwerk besteht aus rund einer Million Betriebe mit 5,62 Millionen Beschäftigten – das entspricht 12,5 Prozent der Erwerbstätigen. 27 Prozent der Auszubildenden erlernen ihren Beruf in einem Handwerksbetrieb. 130 höchst unterschiedliche Berufe sind als Handwerk anerkannt, von der Bäckerin über den Friseur. Fast 60 Prozent der Betriebe haben weniger als fünf Beschäftigte, nur rund 2,5 Prozent mehr als 50.
Im Handwerk gibt es eine ganze Reihe von Branchenmindestlöhnen, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Im Dachdeckergewerbe liegt er bei 12,60 Euro, für Gesell:innen bei 14,10 Euro. Im Elektrohandwerk liegt er bei 12,40 Euro. Auf dem Bau gibt es für einfache Arbeiten mindestens 12,85 Euro, für sogenannte Fachwerker:innen im Westen 15,70 Euro. Im Osten gibt es für diese Lohngruppe keinen Branchenmindestlohn, weil sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht einigen konnten. Gerüstbauer:innen bekommen mindestens 12,20 Euro.
Was wollen die eigentlich? In der Serie „Die Wahl für…“ durchforstet die taz die Wahlprogramme der Parteien für die Bundestagswahl und versucht herauszufinden, was deren Ideen für die Menschen in Deutschland bedeuten würden. Alle Texte hier.
SPD und Grüne wollen den Mindestlohn auf 12 Euro, die Linke will ihn auf 13 Euro erhöhen. Die Union und die FDP sind dagegen. Von einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns würden im Handwerk Beschäftigte nur in wenigen Branchen profitieren, etwa in der Gebäudereinigung, wo der Mindestlohn bei 10,80 Euro für Innenbereiche liegt.
Für Beschäftigte in der Glas- und Fassadenreinigung würde ein höherer gesetzlicher Mindestlohn keinen Vorteil haben, weil der Mindestlohn der Branche bereits 14,10 Euro beträgt. Das gilt auch für Maler- und Lackierergesell:innen, sie bekommen mindestens 13,80 Euro. Hilfsarbeitende in diesem Gewerbe haben allerdings einen Mindestlohn von lediglich 11,40 Euro.
CDU und CSU versuchen im Wahlkampf damit zu punkten, dass die Meister:innenausbildung künftig kostenlos sein soll. Die SPD und die Grünen wollen ebenfalls die Gebühren für die entsprechenden Kurse abschaffen, auch wenn sie diese Forderung nicht so herausstellen, wie die Konkurrenz. Die Linkspartei ist für eine Aus- und Weiterbildungsoffensive im Handwerk. Die FDP äußert sich in ihrem Wahlprogramm nicht zur Meister:innenausbildung.
Für interessierte Gesell:innen geht es um viel Geld: Den Meister:innenbrief zu machen, ist je nach Gewerk und Art der Weiterbildung – etwa in Vollzeit oder berufsbegleitend – unterschiedlich teuer. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) kostet die Ausbildung zwischen knapp 6.000 Euro bis über 18.000 Euro. Für Friseur:innen ist sie vergleichweise günst, für Angehörige von Gesundheitsberufen teuer.
Hinzu kommen Kosten für Hilfsmittel, Material und Prüfungsgebühren. „Je nach Einzelfall werden die realen Kosten für Meistervorbereitung und -prüfung vollständig oder teilweise über das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gefördert“, so das ZDH. Allerdings erfolgt die Förderung nur zum Teil als Zuschuss. Deshalb bleiben die frisch gebackenen Meister:innern auf einer mehr oder weniger hohen Summe sitzen, die sie als Darlehen zurückzahlen müssen.
Der ZDH findet den Vorschlag gut, dass Weiterbildung, etwa zum Meister:innenbrieg kostenlos werden soll. „Aus Sicht des Handwerks sollte das Aufstiegs-Bafög so weiterentwickelt werden, dass der Darlehensanteil nach erfolgreicher Prüfung vollständig in einen Zuschuss gewandelt wird, sodass Fortbildungsteilnehmer zu 100 Prozent von den Fortbildungskosten entlastet werden“, heißt es auf taz-Anfrage. „Das wäre auch ein Beitrag zu mehr Gleichberechtigung von Fortbildungsabsolventen und Studierenden, die keine Gebühren für ihr Studium zahlen.“
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