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Bebauungsplan für Esso-Häuser-ArealAnwohner misstrauen Investor

Um die Bürgerbeteiligung zu den ehemaligen Esso-Häusern am Hamburger Spielbudenplatz wirklich umzusetzen, sollen Details im Bebauungsplan fixiert werden.

Unkonventionelle Ideen: Paloma-Viertel mit Stadtbalkon an der Frontseite Foto: dpa

HAMBURG taz | Fallen die Wünsche der Anwohnerinnen und Anwohner, die die Pläne für das Paloma-Viertel am Spielbudenplatz so besonders machen, am Ende doch noch unter den Tisch? Um das zu verhindern, hat die Planbude, die die Umsetzung begleitet, jetzt noch einmal öffentlich Druck gemacht: Der Bezirk möge die Wünsche bitte in den Bebauungsplan aufnehmen und damit direkt rechtsverbindlich machen. „Das ist jetzt die letzte Möglichkeit für die Stadt einzugreifen“, warnt Christoph Schäfer von der Planbude.

Der Investor Bayerische Hausbau hält das für unnötig, weil das anderswo bereits festgeschrieben sei: „Wir haben im Herbst vergangenen Jahres den ausführlichsten und detailliertesten städtebaulichen Vertrag in der Geschichte der Bayerischen Hausbau geschlossen“, sagt Kommunikationschef Bernhard Taubenberger. Und auch Sorina Weiland vom Bezirksamt Mitte findet die Sorgen unbegründet: „Der gute Wille ist auf allen Seiten da.“

Das Paloma-Viertel soll anstelle der ehemaligen „Esso-Häuser“ am Spielbudenplatz entstehen. Nach Protesten dagegen, dass hier ein weiteres Stück Reeperbahn der Gentrifizierung zum Opfer fallen könnte, wurden die Leute auf dem Kiez an der Neuplanung beteilgt.

Ergebnis dieser als Kunstprojekt angelegten „Wunschproduktion“ war ein dichtes, kleinteiliges Quartier mit der für St. Pauli typischen Mischung an Nutzungen: vom großen Hotel über Eigentums- und Sozialwohnungen bis zu Räumen für den Musikclub Molotow. Einige Häuser sollen von außen begehbar sein: zum Flanieren an der ersten Etage entlang auf einem „Stadtbalkon“, zum Skaten, Basketballspielen und Chillen.

Wunschproduktion fürs Viertel

„Kern der Wunschproduktion“ aus Sicht der Planbude ist ein Gebäude, in dem Baugemeinschaften unterkommen sollen und das „Nachbarschafts­cluster“ im Erdgeschoss, wo Einrichtungen für den Stadtteil einziehen sollen: eine Kantine, ein „Fab Lab“ zum Lernen und Erfinden, ein feministischer Sexshop und Proberäume im Keller.

Nun hat es sich zum einen als schwierig erwiesen, Baugemeinschaften für dieses Gebäude zu finden. In zwei Ausschreibungen fanden sich keine Bewerber. „Es liegt nicht daran, dass es keine Interessenten gäbe“, versichert Renée Tribble von der Planbude.

Doch obwohl die Hausbau bereit ist, den Grund für 800 statt 1.400 Euro pro Quadratmeter herzugeben, ist das Projekt offenbar zu teuer für Baugemeinschaften. Denn diese müssen die Kriterien für eine öffentliche Förderung erfüllen.

Inzwischen lässt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) prüfen, ob nicht der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen das Gebäude kaufen könnte. „Wir sind sehr froh, dass die Stadt jetzt gesagt hat, dass das so umgesetzt wird, wie vereinbart“, sagt Tribble.

Der Joker des Bezirksamtes

Sie und ihre Mitstreiter von der Planbude finden aber, das reiche nicht: Die Verhandlungen der Hausbau mit dem Molotow und dem Rock'n'Roll-Hostel Kogge zögen sich hin. Die öffentliche Nutzung der Dächer sei nicht gesichert. Deshalb solle das Bezirksamt Mitte jetzt seinen Joker ziehen. „Im Bebauungsplan kann man Dinge noch festschrauben“, sagt Schäfer. Denn das Viertel sei als „urbanes Gebiet“ ausgewiesen, in dem Nutzungen etagenweise festgesetzt werden können.

Die Hausbau sieht die Verantwortung für die Verzögerungen hingegen bei der Planbude. Sie habe weder, wie vereinbart, ein konkretes Betriebskonzept für das Nachbarschaftscluster vorgelegt noch einen Mietpreis für die Kogge vorgeschlagen. Dem Molotow sei die Hausbau über den städtebaulichen Vertrag hinaus entgegengekommen. Und falls sich für das Cluster kein Betreiber finde, sehe der Vertrag eine Vermietung durch die Hamburg-Kreativ-Gesellschaft vor.

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