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Beate ZschäpePost von Anders Breivik

Ein Brief von Anders Breivik an die NSU-Terroristin Beate Zschäpe ist aufgetaucht. Derweil streitet sich Zschäpes Anwalt mit Generalbundesanwalt Range über die Schwere ihrer Schuld.

Neue Bilder von Beate Zschäpe: Dem NDR <a href="http://tagesschau.de/inland/zschaepe128.html">liegt ein Video vor</a>, dass der Gegenüberstellung von Zeugen dient. Bild: Screenshot Tagesthemen

HAMBURG dpa/dapd | Der norwegische Massenmörder Anders Breivik hat die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe dazu aufgefordert, ihren Prozess für rechtsextremistische Propaganda zu nutzen. Dies berichtet der Spiegel und zitiert aus einem dreiseitigen Schreiben, das Breivik im Mai zu Zschäpe ins Gefängnis Köln-Ossendorf schickte. Der Versuch der Kontaktaufnahme war bereits bekannt, nicht jedoch der Inhalt des Briefs. Das Schreiben wurde von der Justiz beschlagnahmt und Zschäpe nicht zugestellt.

Dem Spiegel zufolge redet Breivik Zschäpe mit „liebe Schwester Beate“ an und empfiehlt ihr, ihre „politischen Motive“ kundzutun. Wenn klar werde, dass sie tatsächlich eine militante Nationalistin sei, werde sie zur „mutigen Heldin des nationalistischen Widerstands, die alles getan und geopfert hat, um den Multikulturalismus und die Islamisierung Deutschlands zu stoppen“.

Die rassistische Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) mit zehn Toten wird von Breivik ausdrücklich gelobt. Er und Zschäpe seien „Märtyrer der konservativen Revolution und sollten extrem stolz auf unser Opfer und unsere Mühen sein“.

Im laufenden Verfahren gegen Zschäpe schließt Generalbundesanwalt Harald Range eine besondere Schwere der Schuld bei der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe nicht aus. „Angesichts des Anklagevorwurfs“ stehe diese Frage „natürlich im Raum“, sagte Range im Interview des Spiegel. Zschäpe habe alle Morde mitgetragen.

Der NSU, dem neben den verstorbenen Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die jetzt unter anderem wegen zehnfachen Mordes angeklagte Zschäpe angehört habe, habe „alles gemeinsam geplant, organisiert und letztendlich durchgeführt“.

Als Drahtzieherin bezeichnete Range Zschäpe dagegen nicht ausdrücklich: Seine Überzeugung sei, dass sie „gleichrangig agierte“. Der Generalbundesanwalt äußerte sich im am Sonntag veröffentlichtem Gespräch auch zu einer möglichen Sicherungsverwahrung für Zschäpe: „Wir haben in der Anklageschrift dargelegt, dass die formellen Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung vorliegen.“

Der Anwalt der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, bestreitet dagegen die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft, seine Mandantin sei Mittäterin bei den Verbrechen des NSU gewesen. Dem Norddeutschen Rundfunk sagte Heer: „Wir halten schon jetzt die Hypothese der Bundesanwaltschaft, Frau Zschäpe sei Mittäterin, für äußerst gewagt und gehen davon aus, dass diese Hypothese nicht bestätigt werden wird.“

In dem Interview bestreitet Heer außerdem, dass sich seine Mandantin in der Nähe der Tatorte aufgehalten habe. „Nach unseren Informationen war Beate Zschäpe an keinem Tatort und auch nicht in der Nähe des Tatortes zugegen.“ Damit widerspricht Heer der Darstellung der Bundesanwaltschaft. Heer kündigte an, seiner Mandantin zu raten, weiterhin „keine Angaben zur Sache zu machen, also zu schweigen.“

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15 Kommentare

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  • CS
    christlich stolzer Odin

    wieder mal wird deutlich das es Breivik in seinem Manifest nur darum geht "white supremacy" gesellschaftsfähiger zu machen.

    Wie das funktionieren soll wird im "rhetoric"-Kapitel beschrieben, und des Pudels Kern ist im "ethnocentricity"-Kapitel zu finden

    ( 2.77&3.84 ).

    Er selbst sieht sich als "cultural conservative", die Nazis sind "racial conservatives".

    Blabla.

    Eigentlich nichts wirklich neues, aber obwohl seine Hoheit ABB da den Erkläreisbär gibt kam niemand dahinter.

    Das Manifest dient in erster Linie dazu Nazis anzusprechen.

    Vom Hauptziel Rassenreinheit ausgehend kann man auch die Wahl des Ziels Utøya direkt erklären,

    mit Antiislamismus nur indirekt.

     

    @ T.Error: die Brieffreundschaften wurden ihm vor einer Weile untersagt.

    Vielleicht ist mal jemand aufgefallen das es eine Unterstützerszene gibt, und Texte kodiert sein könnten ?

  • BG
    Bernd G.

    Die Beate war schon immer etwas Anders ;)

    Warum -und mit welcher Begründung- man ihr den Brief vorenthält weiß wohl nur die Justiz. Dass dieser jedoch an die Medien gelangt grenzt an Geheimnisverrat (in Haft ist das Post- und Fernmeldegeheimnis eingeschränkt, trotzdem dürfen die dort gewonnenen Erkenntnisse nicht in den Medien landen).

     

    Es wird ein Schauprozess geben, der trotzdem mit dem gerechten Urteil enden wird: Lebenslang wegsperren.

  • S
    stefan

    Nette Geschichte. Ihr fallt aber auf alles rein was euch angeboten wird. Die eigentliche Frage ist doch: Warum haben die zwei Nazis sich umgebracht ? Und warum nicht die Dame auch ? Statt dessen noch ein Haus sprengen und dabei so schlampig Beweise vernichten dass man an Absicht denken könnte ? Warum ist jemand so verzweifelt dass er sich das Leben nimmt. An Fahndungsdruck hat es erwiesenermaßen nicht gelegen. Ich wäre euch unendlich dankbar wenn das mal thematisiert würde.

  • D
    Demokratie-Troll

    Ich will nicht behaupten, dass sie davon kommt. Terrorgruppenmitgliedschaft, Brandstiftung, Beihilfe zum Mord sind wahrscheinlich als beweisbar anzunehmen. Aber wird man ihr die Mörderin auch nachweisen? Wahrscheinlich steht ihr Urteil bereits fest: Lebenslänglich. Ich bin nicht naiv. Aber trotzdem will ich mal anbringen, was man so im Seminar über ein rechtsstaatliches Verfahren lernt. Ein Mordurteil gibts nicht als Pauschale. Notwendig ist eine auf die jeweiligen Einzeltaten bezogene Täterhandlung. Böhnhardt nach der Tat Händchen zu halten und Mundlos vor der Tat die Strümpfe zu waschen reichen normalerweise nicht dafür aus.

  • M
    maoam

    Wie kann man jemanden als "nicht doof" bzw. intelligent bezeichnen der 1. behauptet, es gäbe Rassen, und 2. die weiße Rasse sei die Herrenrasse?!

     

     

    Die Erde ist erst 50 Jahre alt!

     

    Ich bin doch ganz schön intelligent, oder nicht?

  • HE
    Hugo Egon

    Rechtsradikale tragen also mittlerweile nicht mehr LONSDALE, sondern Hilfiger wie ich sehe.

  • V
    viccy

    Also ich würde auch sagen, dass mehr dafür spricht, dass sie "nur" Beihilfe zum Mord begangen hat und man ihr keine täterschaftliche Begehung vorwerfen kann. Sie war ja niemals vor Ort, und dass sie im Hintergrund quasi alle Fäden in der Hand hatte und die Jungs nur noch umgesetzt haben, was sie sich so ausgedacht hat, das dürfte schwer beweisbar sein (wahrscheinlich war es auch nicht so).

  • F
    FaktenStattFiktion

    Natürlich war Zschäpe aktiv eingebunden. Selbstverständlich ist der Brief des irren Breivik Beweis für Zschäpes Mittäterschaft. Fraglos ist die chronische Dauerberichterstattung über die NSU nur der journalistischen Aufklärung geschuldet.

     

    Und ja - die Welt ist eine flache Scheibe.

  • B
    Bachsau

    Briefe nicht zuzustellen ist eigentlich ein Unding. Aber wie so oft hab ich von Deutschland nichts Anderes erwartet.

  • R
    Rainer

    Frau Nazi bekommt Post von einem kriminellen Ausländer? Wenn das die Kameraden wüssten!

  • E
    emil

    und warum soll sie schweigen, wenn sie doch locker klarstellen könnte, dass sie nichts damit am hut hat? oder ist sie am ende doch darin verstrickt und der werte anwalt möchte uns einen bären aufbinden?

  • N
    Namensking

    So so, "konservative Revolution". Man sollte diese Konservativen stärker überwachen, da sich in ihren Kreisen offenbar Exremisten befinden.

  • M
    Medienkritiker

    Und wieder gilt es festzustellen, daß es sich bei den Mitgliedern der Medien um Leute handelt, die sich nicht im Rahmen des dt. Rechts bewegen. Und das offensichtlich ungestraft!

     

    Wie kommt dieses moralisch verelendete Gesindel dazu, die Post einer Bürgerin - ohne ihre Zustimmung - zu veröffentlichen?

     

    Frau Z. ist, auch wenn es dem Pressegesindel nicht passt, zum einen nicht verurteilt und demnach unschuldig und, das ist das wichtigere, sie ist im Besitzt ALLER Bürgerrechte. Dazu gehört auch das Briefgeheimnis!

  • G
    geschichtswerkstatt

    Der Beivik vermutet wahrscheinlich, das deutsche Strafprozesse ähnlich liberal und unvoreingenommen gehandhabt werden wie seiner in Norwegen. Man staunt doch immer wieder, wie naiv das Weltbild so eines kaltblütiger Mörders gleichzeitig sein kann. Die Tschäpe wäre ja wohl wirklich doof, wenn sie sich durch Provokation und Propaganda zusätzlich belasten würde. Für die Bundesanwaltschaft gäbe es doch keinen kläglicheren Stand, als wenn sie tatsächlich nicht mehr als eine engagierte Haushälterin der Täter gewesen wäre. Deswegen hat man auch von Anfang an etwas dicker aufgetragen. Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, dass auch das grundsätzliche Frauenbild der politisch extremen Rechten gegen eine aktive Mittäterschaft spricht. Allerdings, das hat die SS-Frauen in Auschwitz auch nicht von Gräueln abgehalten. Egal wie das Verfahren ausgehen wird, es wird kein gutes Licht auf die deutschen Behörden werfen. Findet sich denn niemand, der die Courage hätte, den Brief von Breivik qualifiziert zu beantworten? Die Wahrheit ist manchmal schwer zu ertragen. Wir Heutigen alle haben ja Auschwitz überlebt. Tatsächlich, eben außerhalb des Stacheldrahts, weit weg von der Gefahrenzone. Das ist großzügig und mit historischem Abstand betrachtet marginal. Das eint uns über alle Schützengräben hinweg.

  • T
    T.Error

    Dass der Mann Briefe verschicken kann ist ein schlechter Witz. Dem sollte man schlicht jeden Kontakt zur normalen Welt verbieten.