Bayerns Champions-League-Gegner: Keine Kampfansagen
Real Madrid zeigt sich vor dem Halbfinal-Hinspiel voller Respekt. Das Team ist konterstark, doch nach wie vor fehlt die Kontrolle über das Mittelfeld.
MADRID taz | Das gab es auch schon lange nicht mehr: Der FC Bayern kommt in die Stadt, und auf den Titelseiten der Madrider Sportpresse muss man die Ecken absuchen, um davon zu erfahren. Keine Kampfansagen, keine schwarzen Bestien, kein Oliver Kahn mit Matsch im Gesicht und der Schlagzeile: Das ist der Feind. Im Mittelpunkt des Hauptstadtlebens stand am Dienstag erst mal das andere Champions-League-Halbfinale, in dem Atletico Madrid den FC Chelsea empfing.
Denn sportlich könnte der Respekt vor den Münchnern vor dem Hinspiel im Champions-League-Halbfinale am Mittwoch (20.45 Uhr, ZDF) kaum größer sein. Wie El País berichtet, hätten Reals Späher nach intensiver Gegnerbeobachtung ihrem Trainer Carlo Ancelotti eine deprimierende Grundthese eröffnet: Die beste Version von Real Madrid hätte gegen die beste Version von Bayern München keine Chance auf ein Weiterkommen.
Auch unter Ancelotti bleibt Madrid vor allem mit Kontern gefährlich: wenn es schnell das Mittelfeld passieren und die immense Athletik von Cristiano Ronaldo oder Gareth Bale einsetzen kann. Gegen einen Rivalen vom Kaliber der Bayern ein Spiel im Mittelfeld zu kontrollieren, beherrscht es trotz der Fortschritte bei der Integration von Luka Modric immer noch nicht. Schon beim letzten Aufeinandertreffen im Halbfinale 2012 konnte Real eine 2:0-Rückspielführung Zuhause nicht verteidigen.
Unter Guardiola haben die Münchner darüber hinaus Varianten erarbeitet, die Ancelotti bei perfekter Exekution als kaum zu verteidigen eingestuft haben soll: wie das Aufrücken der Außenverteidiger ins zentrale Mittelfeld und die daraus resultierende Entfesselung der Spielmacher zu weiteren Angreifern. Freilich ist auch den Madrilenen nicht entgangen, dass das mit der Perfektion bei den Bayern zuletzt so eine Sache war. Seit dem 0:3 der Münchner gegen Dortmund wird der anfängliche Pessimismus von zarter Hoffnung ergänzt. Kommen die Bayern nicht in bester Version, sieht sich Real mit allen Chancen.
Bale spielt, Ronaldo vielleicht
Die beiden zuletzt maladen Superstars Ronaldo (Kniebeschwerden) und Bale (Grippe) trainierten am Dienstag jedenfalls ohne Beschwerden. Ancelotti bestätigte den Einsatz des Walisers, bei Ronaldo sollen am Spieltag weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Die Frage eines Einsatzes des Weltfußballers hat weitreichende taktische Implikationen. Kann er mitwirken, ergibt sich die Aufstellung praktisch von selbst. Dann spielt Real immer im 4-3-3-System mit der „BBC“ im Angriff: Bale, Benzema, Cristiano. Ohne ihn würde sich für Ancelotti wesentlich mehr Manövrierspielraum eröffnen. Der Pokalsieg vorige Woche gegen Barcelona gelang auf Basis eines 4-4-2, mit Isco als zusätzlichem Mittelfeldspieler zu den üblichen Xabi Alonso, Modric und Ángel Di María.
Real wirkte kompakter als in vorherigen Schlüsselspielen, in denen es oft in zwei Teile zerbrach, und so war die Einlassung von Alonso, dem Kopf der Mannschaft, auch als dezenter Hinweis an die oft etwas arbeitsscheuen Starangreifer zu verstehen: „In diesem Stadium des Wettbewerbs braucht es das Engagement der ganzen Mannschaft. Wir müssen immer ein Block sein.“
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