Bauernproteste in Deutschland: Rechte wollen Wut ernten
Vorbild Niederlande? Der Bauernverband in Deutschland distanziert sich von Versuchen rechter Gruppen, Proteste von Landwirt:innen zu vereinnahmen.
So riefen unter anderem die rechtsextremen Freien Sachsen und einzelne Personen aus dem Querdenken-Spektrum in sozialen Netzwerken dazu auf, an Demonstrationen teilzunehmen. Die rechtsextreme Identitäre Bewegung reklamierte eine Plakataktion für sich, die am Sonntag auf einer Autobahnbrücke bei Leipzig stattfand.
Auch die AfD bemüht sich, den Unmut zu nutzen. Auf Twitter griffen unter anderem der Thüringer Fraktionsvorsitzende Björn Höcke und die AfD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen das Thema auf, um die Agrarpolitik von Bund und EU zu kritisieren.
Schon nach den ersten Demonstrationen in den Niederlanden Anfang Juli hatte Stephan Protschka, der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, angekündigt, dass die Proteste über die Grenze schwappen würden. Einzelne Parteimitglieder, darunter die Vorsitzende der Jungen Alternative Brandenburg, Anna Leisten, reisten am vergangenen Freitag ins niederländische Alkmaar.
In den Niederlanden ist die Stimmung bereits aufgeheizt. Bei Heerenveen feuerte ein Polizist in der vergangenen Woche Schüsse auf einen aus einer Absperrung ausbrechenden Traktor ab. Er sei davon ausgegangen, die Maschine solle als Waffe gegen seine Kolleg:innen eingesetzt werden, hieß es später.
Proteste in Deutschland bisher ruhig
In Deutschland verliefen die Aktionen bisher ruhig. Verlässliche Zahlen, wie viele Menschen teilgenommen haben, gibt es nicht. Verabredet hatten sich die Landwirt:innen meist spontan über regionale Telegram- und WhatsApp-Gruppen. Teils kamen die Aufrufe von Ortsgruppen der deutschlandweiten Bewegung „Land schafft Verbindung“.
Solidarität mit den Protesten im Nachbarland und Verständnis für die grenzübergreifende Wut zeigt der Deutsche Bauernverband. Präsident Joachim Rukwied will nicht ausschließen, „dass auch deutsche Bauern ihren aufgestauten Unmut in dieser Form ausdrücken“. Gleichzeitig verurteilte Rukwied die Gewalt in den Niederlanden und distanzierte sich von der „Trittbrettfahrerei“ rechter Gruppen und Parteien.
Wie in den Niederlanden richtet sich der Unmut der deutschen Landwirt:innen gegen das Naturschutzpaket der Europäischen Union, mit dem unter anderem der Einsatz von stickstoffhaltigem Dünger verringert werden soll. Die Regelungen würden die Ernteerträge der Betriebe erheblich senken, so die Kritik. Zu viel ausgetragener stickstoffhaltiger Dünger belastet als Nitrat Böden und Grundwasser.
Für das Wochenende sind in Deutschland weitere Proteste angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken