piwik no script img

Bauernprotest zum AgrardieselProteste vorm Haus der Ministerin

Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) erstattet Anzeige gegen die Teilnehmer einer Treckerdemo vor ihrem Privathaus.

Eine echte Schweinerei fand die Ministerin die Proteste vor ihrem eigenen Haus Foto: Friso Gentsch/dpa

Hannover taz/dpa | Auf einem privaten Handyvideo sieht das schon bedrohlich aus: Rund 30 Trecker sind am Donnerstagabend im Dunkeln vor dem Privathaus von Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) im Landkreis Lüchow-Dannenberg aufgefahren, mit der Hupe machen die Bauern ihrem Ärger Luft.

Anlass war vermutlich eine Entscheidung, die Staudte gar nicht zu verantworten hat: Die in Berlin angestrebte Streichung der Steuervergünstigungen für Agrardiesel und landwirtschaftliche Zugmaschinen als Einsparmaßnahme im Bundeshaushalt.

Dazu hatte sich Staudte schon am Nachmittag ausgesprochen kritisch geäußert und das Bundesfinanzministerium aufgefordert, nach Alternativen zu suchen.

Die Ministerin war zum Zeitpunkt des Protestes auch gar nicht Zuhause – da waren nur die beiden Kinder der Familie im Teenageralter, teilt ihre Pressestelle mit. Auch eine Nachbarin, die sich nach dem Grund für den Protest erkundigt hatte, sei barsch abgefertigt worden.

Für Staudte, früher selbst versierte Anti-Atomkraft-Demonstrantin, ist damit eindeutig eine rote Linie überschritten worden: „Es ist selbstverständlich legitim zu demonstrieren – auch mit Traktoren – aber nicht vor Privathäusern. Das bewerte ich als Versuch der Einschüchterung.

Unterwegs zur Großdemo in Berlin

Sie habe deshalb eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet und den Staatsschutz eingeschaltet. Die Urheber des Protestes werden im Umfeld der Vereinigung „Land schafft Verbindung“ vermutet, die Staudte deshalb auch aufforderte, sich von dieser Art des Protestes zu distanzieren.

Dem NDR sagte der LsV-Vorsitzende Niedersachsen-Bremen, Dirk Koslowski, er wisse lediglich, dass Landwirte aus dem Wendland durch den Wohnort Staudtes gefahren seien, aber nicht angehalten hätten. Landvolk-Präsident Holger Hennies distanzierte sich dagegen schnell und entschieden von der Aktion.

An verschiedenen Orten in Norddeutschland haben sich kleinere Trecker-Verbände auf den Weg gemacht, am Montag soll es eine Großdemo in Berlin vor dem Brandenburger Tor geben. Unterwegs kommt es immer wieder zu kleineren Blockaden und Verkehrsbehinderungen.

Auch in Staudtes Heimatort waren durch die spontane Versammlung zunächst drei Kreisel und eine Brücke blockiert worden, bevor sich eine Abordnung auf den Weg zum Haus der Ministerin machte. Die Polizei sei aber vor Ort gewesen, um die Sicherheit zu gewährleisten und ein mögliches Betreten des Grundstücks zu verhindern, erklärte ein Sprecher gegenüber der dpa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Wir leben in einer kleinen Marktgemeinde in Franken (weniger als 2500 Einwohner, verteilt auf zwei Dörfer). Es gibt hier mehr Trecker als landwirtschaftliche Betriebe und einen stattlichen Fuhrpark, wo man die neuesten Kraftprotze unter den bisher steuerbegünstigten Maschinen besichtigen und kaufen kann.



    Manche der örtlichen Wege und Straßen sind für diese modernen Dinos eigentlich nicht ausgelegt (darunter solche mit nur einem oder stellenweise gar keinem Gehsteig).



    Weil eines der Neubaugebiete (wo übrigens allen Unkenrufen zum Trotz unverdrossen weiter gebaut wird) nur über solche "Engpässe" zu erreichen ist, donnern neuerdings auch ältere und neuere dieser landwirtschaftlichen Maschinen durch die Gassen -



    um als Zulieferer von Baumaterialien nützliche Dienste zu tun. Oder man transportiert auch mal ein paar (Plastik-)Becher Kaffee aus dem örtlichen Supermarkt zu den hart Arbeitenden...



    Wir haben natürlich einen Bürgermeister von der CSU. Auch den einen oder anderen "Leerstand", eventuell sanierungsbedürftig, aber wir haben keine zu verteilenden Migranten.

  • Mit solchen Aktionen müssen Bauern auch nicht mehr auf Solidarität mit ihnen hoffen.



    Bei Frau Staudte vor dem Haus zu demonstrieren( die Demo war bestimmt nicht angemeldet) ist ein no go. Ich hoffe die Bauernverbände helfen jetzt mit die schwarzen Schafe aus ihren Reihen zu finden.

    • @pesetenpaule:

      Und ich dachte immer, die Bauernverbände SIND die schwarzbraunen Typen ...

      Die werden ganz bestimmt helfen, haha !

      • @Zebulon:

        Ups. Das hatte ich vergessen.🤦‍♂️

        • @pesetenpaule:

          Ich finde genau da gehört der Protest doch hin!



          Ist sie Grünen Politikerin?



          Ist es also ihre Partei, die dies beschlossen hat? Wenn die Grünen das nicht wollen, müssen sie die Ampel verlassen! Aber da sie lieber ihre eigenen Werte verraten als mit regieren aufzuhören, sind sie mit verantwortlich. Auch die liebe Frau Staudte



          Sollen sich die Bauern verhalten wie die letzte Generation und jeden nerven, der nix damit zu tun hat??



          Protest da, wo es jeden stört außer den verantwortlich, ist schlichtweg sinnlos!!



          Am besten fahren die Bauern bei jedem verantwortlichen Politiker direkt vors Haus!



          Denn nur die Burger zu ernähren und nicht die Politiker, funktioniert leider nicht