Baubeginn von Berliner Einheitswippe: Fledermaus, ick hör dir trapsen
Es sieht es so, als würde das umstrittene Einheitsdenkmal nun wirklich gebaut. Oder können die Fledermäuse und der NABU die Wippe noch kippen?
Angesichts des Baukomplexes falle ihm nur ein Wort ein: „Kitsch!“ Der Mann, der das sagt, gehört zu sechs Radfahrerinnen und Radfahrern, die Himmelfahrt im historischen Stadtviertel Berlins unterwegs sind. Auf der linken Seite des Spreekanals stehend, ruht der Blick der Gruppe auf dem gegenüberliegenden rekonstruierten Stadtschloss, das nahezu fertiggestellt ist. Am Dienstag gab das Kulturstaatsministerium bekannt, dass nun auch der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals begonnen habe.
Eine riesige begehbare Schale – die sogenannte Einheitswippe – soll vor dem Humboldt Forum auf dem Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals an die Wiedervereinigung erinnern. 17 Millionen Euro soll das umstrittene Denkmal kosten.
Viel zu sehen von Bauarbeiten ist am Himmelfahrtstag indes noch nicht. Ein Blick durch den Zaun zeigt auf dem Vorplatz des Humboldt Forums einen Haufen zerfetzter Dachpappe inmitten von Baumaterialien, daneben ein kleiner Bagger. Mit Beginn der Bauarbeiten ist offensichtlich gemeint, dass nunmehr die Dachpappe vom Sockel des früheren Kaiserdenkmals gerissen wird.
Der Bau der Wippe ist mindestens genauso umstritten wie das Humboldt Forum. „Nichts und niemand braucht das“, meinen denn auch die Radfahrer. Und wenn mit dem Humboldt Forum nun Fakten geschaffen seien, „könnte man doch wenigstens den Platz davor frei halten“.
Die Idee für ein Einheitsdenkmal gibt es seit 1998, der Beschluss des Bundestags erging 2007, die Mittel wurden 2018 bewilligt, und die Einweihung war für 2019, den 30. Jahrestag des Mauerfalls, geplant. Manchmal ist es gut, dass die Dinge in Berlin länger dauern als anderswo. Zunächst mussten Mosaike des Kaiserdenkmals gesichert werden – dann die Fledermäuse.
In dem Sockel leben Zwergfledermäuse und Wasserfledermäuse. Erstere gelten als gefährdet, Letztere als stark gefährdet. Am 12. Mai gab die Senatsumweltverwaltung dann aber grünes Licht: Der Bauherr habe per Fachgutachten nachgewiesen, dass keine Fledermäuse mehr in dem Sockel seien, teilte die Pressestelle mit. Ferner habe sich der Bauherr verpflichtet, im umliegenden Bereich Fledermauskästen aufzuhängen und den Tieren die Rückkehr in die Katakomben nach Bauende zu ermöglichen.
Für den Fall, dass weitere Fledermäuse in den Gewölben entdeckt würden, hätten aber alle die Tiere gefährdenden Bauarbeiten zu ruhen, heißt es in einer Pressemitteilung. Und: Naturschutzverbände hätten die Möglichkeit, Klage gegen die Entscheidung beim Verwaltungsgericht einzulegen.
Fledermaus, ick hör dir trapsen: Das letzte Wort in Sachen Wippe ist vielleicht doch noch nicht gesprochen.
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