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Bau-Staatssekretärin Cansel KiziltepeViel Anspruch, wenig Möglichkeiten

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die linke SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe wird Staatssekretärin im Bauministerium. Doch ihre Positionen sind im Koalitionsvertrag nicht vertreten.

Cansel Kiziltepe, seit 2013 im Bundstag Foto: Christian Spicker/imago

D rei Jahre ist der Wohn- und Mietgipfel der Bundesregierung her. Die Show des damaligen Bauministers Horst Seehofer (CSU) brachte ein paar Absichtsbekundungen für mehr Neubau, sonst aber keine Verbesserungen für Mieter:innen. Abzusehen war das schon vorher, auch für die SPD-Linke und Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe. Sie schickte also ein Grußwort an einen von Mieterorganisationen ausgerichteten Alternativgipfel.

Kiziltepe schrieb damals: „Das deutsche Mietrecht ist mittlerweile Schauplatz eines Klassenkampfes im 21. Jahrhundert geworden: Vermieter vs. Mieter! Da reicht es nicht aus, ein paar kleine Reformen zu beschließen. Der Mietenmarkt muss revolutioniert werden!“ Es war nicht abzusehen, dass sich Kiziltepe mit ihren für die heutige SPD ungewöhnlich kämpferischen Ansichten einmal für höhere Aufgaben qualifizieren würde. Doch nun steht fest: Kiziltepe wird Staatssekretärin im Bundesbauministerium.

Angesichts Kiziltepes bislang stets klarer Positionierungen zugunsten der leidgeplagten Mie­te­r:in­nen ist diese Personalentscheidung der neuen Bauministerin Klara Geywitz (SPD) eigentlich ein Grund zur Hoffnung. Die Volkswirtin Kiziltepe steht dafür, der komplexen Frage, wie bezahlbares Wohnen erhalten werden kann, nicht mit Giffey'scher Eindimensionalität zu begegnen. „Neubau sei zwar der zentrale, aber nicht der einzige Baustein“ schrieb sie einst in einer Begründung, warum sie den Enteignungs-Volksentscheid unterstützt. Kiziltepe engagierte sich für Immobilienregister und gegen Share Deals, für ein Gewerbemietrecht und den Mietendeckel.

Der im Ampelkoalitionsvertrag gesetzte Schwerpunkt auf den vor allem durch Private zu leistenden Neubau wird jedoch kaum dazu führen, die Mietenspirale zu durchbrechen. Abgesehen von einer Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeiten von 15 auf 11 Prozent in drei Jahren, fehlt dem Papier jeder regulatorische Anspruch. Stand jetzt wird Kiziltepe ein Verhinderungsministerium verwalten, statt die Revolution anzuführen. Bleibt ihr zu wünschen, dass sie sich mit diesen Verhältnissen nicht arrangiert.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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3 Kommentare

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  • TAZ: Stand jetzt wird Kiziltepe ein Verhinderungsministerium verwalten, statt die Revolution anzuführen.

    Können sie noch erläutern, inwiefern diese Forderung sich aus dem Wahlergebnis ableitet?

  • Naja, nur weil im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich drinsteht dass man was macht heißt ja noch lange nicht dass man das nicht trotzdem mal versuchen kann.

    In übrigen ist die Idee dass die Bundesregierung hier aktiv was tun muss auch nicht so ganz richtig. Viel wichtiger wäre dass die Bundesregierung dafür sorgt dass Städte und Gemeinden tun können was sie für richtig halten - d.h. dass Städte und Gemeinden mehr Freiheit bekommen. Und ich denke da sollte es doch möglich sein die Anti-Verbots-Partei FDP mit ins Boot zu bekommen...

  • Naja, nur weil im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich drinsteht dass man was macht heißt ja noch lange nicht dass man das nicht trotzdem mal versuchen kann.

    In übrigen ist die Idee dass die Bundesregierung hier aktiv was tun muss auch nicht so ganz richtig. Viel wichtiger wäre dass die Bundesregierung dafür sorgt dass Städte und Gemeinden tun können was sie für richtig halten - d.h. dass Städte und Gemeinden mehr Freiheit bekommen. Und ich denke da sollte es doch möglich sein die Anti-Verbots-Partei FDP mit ins Boot zu bekommen...