Barrosos Kontakte in die Wirtschaft: Mit Dank für gute Zusammenarbeit
Die US-Investmentbank Goldman Sachs stand mit dem ehemaligen Chef der EU-Kommission anscheinend schon während seiner Amtszeit in engem Kontakt.
Barroso steht seit Kurzem auf der Payroll von Goldman Sachs – als Lobbyist in London. Dass er nach seinem Ausscheiden aus der EU-Kommission zu einer US-Bank wechselte und die Amerikaner nun zum Brexit beraten will, hat für erheblichen Wirbel in Brüssel gesorgt. Mehrere Dutzend Mitarbeiter der EU-Kommission unterzeichneten eine Petition und fordern, ein Exempel an ihrem früheren Behördenchef zu statuieren.
Doch Jean-Claude Juncker, Barrosos Nachfolger, tut sich schwer. Mehrere Wochen reagierte er gar nicht auf die Aktivitäten seines Amtsvorgängers. Als der öffentliche Druck wuchs, stufte er Barroso schließlich zum simplen Lobbyisten herunter und entzog ihm das Besuchsrecht in der EU-Kommission. Auf die neuen Enthüllungen wollte Junckers Sprecher am Montag nicht reagieren. Er betonte, Juncker habe gleich nach seinem Antritt neue Transparenzregeln eingeführt – mit einer weitgehenden Offenlegung von Lobbykontakten.
Allerdings geht es längst nicht mehr nur um Lobbytransparenz. Sollte der Bericht von Público stimmen, stellt sich vielmehr die Frage, ob und gegebenenfalls wie Goldman Sachs Einfluss auf die EU-Gesetzgebung nehmen konnte. Barroso war schon in Brüssel, als die Finanzkrise in den USA begann und die EU ihre Regulierung massiv nachbessern musste.
Angesichts der Danksagung des Goldman-Chefs liegt die Vermutung nahe, dass die US-Banker bei Barroso ein offenes Ohr fanden. Barroso dementierte den Bericht. Er sei während der Krise mit allen großem Banken in Kontakt gewesen, um die „starke Botschaft der EU-Kommission“ zu übermitteln.
Goldman Sachs war vor und während der Finanzkrise besonders stark in das später in Verruf geratene „Subprime“-Geschäft verstrickt. Die US-Bank half zudem Griechenland, die Höhe seiner Staatsschuld zu verschleiern. Dennoch ist die EU nie gegen die Verantwortlichen in New York vorgegangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was