EU-Kommissarin und Briefkastenfirmen: Zwischen Brüssel und Bahamas

Die Exwettbewerbskommissarin der EU, Neelie Kroes, hat einen Posten bei einer Offshore-Firma verschwiegen. Die Kommission ist irritiert.

Porträt Kroes

Neelie Kroes im Jahr 2014 Foto: ap

BRÜSSEL taz | Neelie Kroes war einmal eine der mächtigsten Frauen in Brüssel. Sie hat Großkonzernen die Stirn geboten und die EU-Kommission mit eiserner Faust vertreten. Nun ist die frühere Kommissarin für Wettbewerb zu einer Belastung für die EU geworden. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung hatte sie jahrelang eine geheime Briefkastenfirma auf den Bahamas, dies jedoch nicht wie vorgeschrieben in Brüssel mitgeteilt. Von 2000 bis 2009 soll Kroes Direktorin der Mint Holdings Limited gewesen sein.

Doch niemand wusste etwas davon. Wie kann das sein? Die EU-Kommission hatte am Donnerstag große Mühe, das zu erklären. Kroes habe sich offenbar nicht an die Regeln gehalten, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Man werde der Sache nachgehen und habe bereits schriftlich Auskunft angefordert. Eigenversagen könne man aber ausschließen, so der Sprecher: „Wir haben die strengsten Regeln der Welt.“ Vor falschen Angaben könne sich die Kommission jedoch nicht schützen.

Tatsächlich werden die Vermögensangaben und Geschäftsbeziehungen der Kommissare bisher nicht überprüft. Es reicht, sie offenzulegen, Sanktionen für Falschangaben sind nicht vorgesehen. Schlimmstenfalls könnten Kroes die Pensionsansprüche gekürzt werden, heißt es in Brüssel. Allerdings verteidigt sich die Niederländerin: Die Mint Holding sei nie aktiviert worden – sie habe es deshalb auch schlicht vergessen, sie zu melden.

Für die EU-Kommission kommt die Enthüllung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Nach dem Brexit-Votum wirbt sie in der Öffentlichkeit fast schon verzweifelt um verlorenes Vertrauen. Juncker hatte sich bereits über die Entscheidung seines Vorgängers José Manuel Barroso befremdet gezeigt, einen Job bei der Investmentbank Goldman Sachs in London anzunehmen. Auch in diesem Fall reichte es bisher aber nur zu symbolischen Strafen – Barroso wurde der freie Zugang zum Kommissionsgebäude untersagt, er muss künftig wie ein Lobbyist um Eintritt ersuchen.

Transparency International rief die EU auf, ihre Maßnahmen gegen Geldwäsche zu verschärfen. Für öffentliche Unternehmensregister sprach sich auch der grüne Europaabgeordnete und Finanzexperte Sven Giegold aus. Der Fall Kroes sei ein „Negativbeispiel für die Beschädigung von Vertrauen in die Politik“, so Giegold. Die Bundesregierung solle Forderungen nach mehr Transparenz nicht weiter blockieren.

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