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Bahnstreik ist beendetDas Leben in vollen Zügen genießen

GDL und Deutsche Bahn haben sich auf eine Schlichtung verständigt. Damit ist der Lokführerstreik vorzeitig beendet. Nun herrscht bis Mitte Juni Friedenspflicht.

Wunderschön: Die Deutsche Bahn fährt (!) durch Deutschland. Bild: dpa

BERLIN dpa/rtr | Der mittlerweile neunte Lokführerstreik bei der Deutschen Bahn geht noch am Donnerstag zu Ende. Die Gewerkschaft GDL und die Bahn verständigten sich auf ein Schlichtungsverfahren in dem seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt. Das teilten beide Seiten am Morgen mit. Die notwendigen Maßnahmen für die Kunden sind laut Bahn bereits um 7.00 Uhr angelaufen, nach Darstellung der GDL ist der Streik aber offiziell erst am Abend um 19.00 Uhr vollständig beendet. Die Bahn arbeitet nach eigenen Angaben „mit Hochdruck“ daran, zum normalen Fahrplan zurückzukehren. Bis zum Mittag will sie mitteilen, wann der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden kann.

Die GDL gibt sich vor Beginn der Schlichtung kompromissbereit bei den Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder: „Sie wissen, wir haben eine sehr große Anzahl von Forderungen gestellt, die wir von Beginn an so eingeschätzt haben, dass wir sie nicht alle eins zu eins umsetzen“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Donnerstag in Berlin. „Die Kompromissbereitschaft war und ist gegeben.“

An einer Stelle habe es keine Kompromisslinie gegeben: „Das ist das Grundrecht, die geschützte Sphäre unserer Mitglieder, für sie Tarifverträge abzuschließen – völlig unbeeinflusst von anderen Gewerkschaften.“

Die Schlichtung soll am kommenden Mittwoch (27. Mai) beginnen und ist für drei Wochen angesetzt. Bis Mitte Juni sind die Streiks damit ausgesetzt, denn während des Verfahrens herrscht Friedenspflicht. Zwei externe Schlichter sollen den seit Mitte 2014 tobenden Tarifstreit nun beenden helfen: der brandenburgische Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) für die Deutsche Bahn und der thüringische Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) für die GDL.

Bis wann genau der Bahnverkehr bundesweit wieder voll angelaufen ist, war am Morgen noch nicht genau abzusehen. In Mannheim sagte ein GDL-Sprecher, die Lokführer ließen sich nicht alle sofort zurück an ihren Arbeitsplatz rufen. Dies werde seine Zeit brauchen. Ein Bahn-Sprecher erklärte: „Die Umstellung auf den regulären Fahrplan kann sich durchaus bis zum späten Nachmittag hinziehen.“

„Positive Grundlage geschaffen“

„Wir sind sehr erleichtert, unsere Kunden und Mitarbeiter können aufatmen“, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. „Schlichten statt streiken ist das Gebot der Stunde.“ Ziel müsse es nun sein, wieder Ruhe in die Bahn-Betriebe zu bringen. Weselsky erklärte: „Nach fast einem Jahr Tarifkonflikt konnte mit dem Druck im neunten Arbeitskampf der gordische Knoten durchschlagen werden. Wir gehen davon aus, dass damit eine positive Grundlage für die Verhandlungen in der Schlichtung geschaffen ist.“

Das Ringen zwischen den Tarifparteien um den Beschluss einer Schlichtung hatte laut GDL bis in die Morgenstunden gedauert. Die Gewerkschaft hatte den jüngsten Streik am Dienstag im Güterverkehr begonnen, seit Mittwoch wurde auch im Personenverkehr gestreikt. Die Arbeitsniederlegungen waren ohne Endzeitpunkt angekündigt worden, nach früheren Äußerungen Weselskys sollten sie allerdings noch länger dauern als der vorangegangene rund sechstägige Streik Anfang Mai. Am bevorstehenden Pfingstwochenende drohten damit massive Behinderungen, wegen voller Straßen wurden „Superstaus“ befürchtet.

Am Dienstag hatten Vorgespräche zwischen Bahn und GDL begonnen, die der frühere Bundesarbeitsrichter Klaus Bepler moderiert hatte. Nach GDL-Angaben gelang eine Einigung mit dem Bahn-Management darauf, dass Tarifverträge mit anderen Gewerkschaften für die Annahme eines Schlichterspruchs und den neuen GDL-Tarifvertrag keine Rolle spielen.

Für alle Berufsgruppen verhandeln

Die Bahn äußerte sich zu diesem Punkt zunächst nicht. Am Donnerstag wollte der bundeseigene Konzern auch seine Tarifverhandlungen mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG fortsetzen, die mit der GDL konkurriert.

„Die GDL kann für all ihre Mitglieder des Zugpersonals in den DB-Eisenbahnverkehrsunternehmen die Tarifverträge verhandeln und abschließen“, erklärte die Gewerkschaft. Dies war die zentrale Vorbedingung Weselskys für eine Schlichtung: Die GDL müsse nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen verhandeln dürfen. So ist ihr zufolge auch der Streit um die Lokrangierführer beigelegt, diese würden jetzt „als Lokomotivführer eingruppiert“. Die eigentlichen Tarifverhandlungen etwa zu Arbeitszeit, Lohn und Überstunden-Abbau könnten nun beginnen

Die EVG pocht derweil trotz der vereinbarten Schlichtung auf einen Tarifabschluss noch am Donnerstag. „Entweder gibt es eine Unterschrift oder Warnstreiks“, sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz am Donnerstag in Berlin.

An der Haltung der EVG, die für alle ihre Mitglieder und damit auch für die Lokführer einen Vertrag schließen will, habe sich nichts geändert. Möglich sei aber, dass eine Klausel eingearbeitet wird, in der auf gleiche Konditionen innerhalb der Berufsgruppen bestanden wird. Sollte also in der Schlichtung ein höherer Abschluss als mit der EVG vereinbart zustande kommen, müsste dieser auf alle Beschäftigten übertragen werden.

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2 Kommentare

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  • Herr Weselsky hätte den von ihm mit bitterlichen Krokodilstränen beweinten Bahnkunden viel Ungemach ersparen können, wenn er sich nicht wochenlang mit Händen und Füßen gegen eine Schlichtung gewehrt hätte. Und nun tut er so, als sei die Schlichtung seine eigene Idee gewesen.

    Mancher Politiker kann noch von ihm lernen!

     

    Was die angebliche „Kompromissbereitschaft“ der GDL betrifft, so ist sie mir bisher nicht aufgefallen. Herr Weselsky hat immer nur unbeirrt seine anfänglichen Forderungen wiederholt. Mal sehen, ob sich das nun ändert, wenn Ramelow und Platzeck mit am Tisch sitzen.

     

    Ansonsten deutet sich schon an, woran man sich künftig gewöhnen muss. Jetzt zeigt auch die bisher als „Hausgewerkschaft der DB“ belächelte EVG Zähne. Sie will ja nicht hinter der GDL zurückstehen und vielleicht noch Mitglieder an die Konkurrenz verlieren. Das wird die GDL ermutigen, ihre Forderungen aufzustocken, und die EVG wird ihrerseits nachziehen.

     

    Und wer bezahlt am Ende den Wettbewerb um den höchsten Tarif? Klar, die letzten noch verbliebenen Bahnkunden, die zuvor, wenn nötig, mit abwechselnden Streiks von GDL und EVG genervt wurden.

    Prost Mahlzeit!

    • @Pfanni:

      Was ist das hier? - Ein Horoskop?

      Die GDL hat bislang eines geschafft, nämlich dass sie als Verhandlungs- und Vertragspartner von der Bahn endlich ernst genommen wird. Und: dass so wichtige Forderungen, wie die Begrenzung von Überstunden, welche eine spürbare Entlastung der Angestellten bringen könnten, endlich zur Verhandlungsmasse gehören. Dagegen verblasst die Forderung nach ein paar Prozenterl mehr oder weniger in Bedeutungslosigkeit. Solche Forderungen sind es auch die Wirksamkeit gegen Arbeitslosigkeit entfalten können - und dem ach so gebeutelten Bahnkunden ein mehr an Zuverlassigkeit der Bahn bescheren könnten.

      Ob sie auch den Untergang von Pfanni-Knödeln bedeuten würden, das möchte ich dann doch lieber wieder der regen Gilde von Kartenlegern und Kaffeesatzlesern anvertrauen.