Bahn will Bürger beteiligen: Kein Y in der Lüneburger Heide
Die Y-Trasse für schnelle ICEs von Hannover nach Hamburg und Bremen kommt nicht. Alternativen sollen mit Anwohnern diskutiert werden - wie beim Fehmarnbelt.
HAMBURG taz | Die Y-Trasse wird nicht gebaut werden. Das ist nach Informationen der taz das Ergebnis einer Gesprächsrunde, die am gestrigen Donnerstagnachmittag im Bundesverkehrsministerium in Berlin stattfand. Vertreten auf der Konferenz waren die Deutsche Bahn und die betroffenen Bundesländer Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Einzelheiten werden am heutigen Freitagvormittag in Hannover vorgestellt.
Nach rund zwei Jahrzehnten Diskussionen seien die Pläne für die Y-Trasse „ja noch immer nicht weit gediehen“, sagt Ministeriumssprecherin Vera Moosmayer. Dies sei nicht zuletzt auf den Widerstand der Bevölkerung in der betroffenen Region zurückzuführen. Die Anwohner in der westlichen Lüneburger Heide befürchten hohen Lärm von der 125 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsstrecke, auf der ICEs mit bis zu 300 Stundenkilometer zwischen den drei größten norddeutschen Städten verkehren sollen. Umweltschützer warnen zudem vor der Zerschneidung von Biotopen.
Nun sollen drei neue Varianten vorgestellt und in einem Raumordnungsverfahren, für das mindestens ein Jahr veranschlagt wird, öffentlich diskutiert werden. Vorbild ist das Dialogforum zur Schienenanbindung einer festen Fehmarnbelt-Querung, das seit 2012 tagt. An diesem Runden Tisch debattieren Politik und Deutsche Bahn mit diversen Organisationen und kritischen Bürgerinitiativen über das Projekt.
Y-Trasse ist die Bezeichnung für eine Schnellstrecke von Hannover nach Bremen und Hamburg. Die drei Teilabschnitte fügen sich in Form eines Y zusammen.
Der Ast: Kernstück ist ein 81 Kilometer langer Neubau zwischen Lauenbrück an der Strecke Hamburg-Bremen und Isernhagen an der Strecke Hamburg-Hannover.
Die Zweige: Daran schließen an ein Bremer Zweig von 27 Kilometer Länge und ein hannoverscher Zweig von 17 Kilometer Länge.
Das Tempo: Der Ast soll eine Geschwindigkeit von 300 km/h ermöglichen, die beiden Zweige sind auf 160 km/h ausgelegt.
Die Kosten: Es gibt unterschiedliche Schätzungen. Aktuell wird von etwa vier Milliarden Euro Baukosten (nach Preisen von 2008) ausgegangen, real sind sechs Milliarden Euro wahrscheinlich.
Allerdings hat dort die politische Vorgabe, es dürfe nur „über das Wie, nicht über das Ob“ der Trasse diskutiert werden, bereits zum Auszug mehrerer Initiativen geführt. Offiziell soll das Gremium „als neue Form der Bürgerbeteiligung“ dazu dienen, „Betroffene zu Beteiligten zu machen“, wie der damalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) es nannte. Unwahrscheinlich, dass sein CSU-Nachfolger Alexander Dobrindt jetzt in der Heide das Verfahren ergebnisoffen anlegt.
Eine der Alternativen ist der Ausbau der bestehenden Strecke von Hamburg über Lüneburg und Celle nach Hannover. Eine zweite Variante ist eine Neubaustrecke vom Hamburger Rangierbahnhof Maschen über Soltau nach Celle, ergänzt um einen Ausbau der Strecke zwischen Bremen und Soltau. Die dritte Lösung wäre eine Neubaustrecke aus dem Raum Maschen bis nach Unterlüß im Kreis Celle. Außerdem sind zusätzliche Gleise zwischen Wunstorf und Nienburg im Verlauf der Strecke Hannover-Bremen vorgesehen. Für alle drei Varianten sollen in Kürze Kosten-Nutzen-Berechnungen vorliegen.
Sinn der Neubaupläne ist die Trennung zwischen schnellen Expresszügen einerseits und langsamen Güterzügen sowie oft haltenden Regionalzügen andererseits. So braucht aktuell ein ICE für die 170 Kilometer von Hamburg nach Hannover fast eineinhalb Stunden, auf der anschließenden Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hannover nach Würzburg legt er in zwei Stunden fast die doppelte Distanz zurück.
Neu ins Spiel gebracht wurde aber die Variante einer neuen West-Ost-Achse. Insbesondere die seit knapp einem Jahr amtierende rot-grüne Koalition in Niedersachsen setzt sich für diese Linie ein, weil sie billiger und rascher zu realisieren sei und die Nord-Süd-Trassen über Hannover entlasten würde. Deshalb solle die Verbindung von Bremerhaven und Wilhelmshaven über Bremen und Uelzen nach Magdeburg ausgebaut und von dort über Halle nach Süddeutschland geführt werden. Dadurch könnten die Güterzüge aus den großen Nordseehäfen in den Osten und Süden fahren, ohne die ICEs zu behindern.
Es gehe darum, die Seehäfen besser an das Hinterland anzubinden und „das Machbare zu realisieren“, findet die Landesregierung in Hannover. Das Ziel sei, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), „Güter auf die Schiene zu kriegen und nicht ein Luxusausbau, der jahrelang auf sich warten lässt und den Häfen und der Wirtschaft nicht hilft“.
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