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Bärbel Bas und BergkarabachPasst schon, weitermachen

Kommentar von Lisa Schneider

Die Bundestagspräsidentin posiert mit einer aserbaidschanischen Politikerin – und einem fragwürdigen Foto. Deren Propagandamaschine bedankt sich.

Repräsentantin der Republik: Bärbel Bas, hier bei einem unverfänglichen Fototermin Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

S ahiba Gafarova, Sprecherin der aserbaidschanischen Nationalversammlung und Politikerin, ist auf Europa-Tournee. Sie trifft unter anderem den Sprecher des tschechischen Senats sowie Bärbel Bas, Präsidentin des Bundestags. All das teilt sie auf ihrem X-Account mit vielen Bildern: Gafarova in verschiedenen eleganten Blazern, freundlich lächelnd, mit wechselnden Politikerinnen und Politikern.

Vier Fotografien veröffentlicht Gafarova von ihrem Treffen mit Bas. Auf einem davon halten die beiden gemeinsam ein großformatiges Bild in den Händen. Darauf grüne Landschaft mit Gebäuden, in der Ferne Hügel und Himmel, und am unteren Rand in großen hellen Lettern: Karabach.

Bergkarabach, ein kleines Gebiet im Südkaukasus, das völkerrechtlich zu Aserbaidschan gerechnet wird und bis September 2023 armenisch besiedelt war. Am 19. September griff die aserbaidschanische Armee nach monatelanger Blockade Bergkarabachs an, kurz darauf kapitulierten die ethnischen Armenier. Beinahe die gesamte armenische Bevölkerung hat seitdem das Gebiet verlassen, das aserbaidschanische Militär patrouilliert durch Geisterstädte.

Man habe die territoriale Integrität Aserbaidschans wiederhergestellt, nennt Baku diesen Vorgang. Armenier und Menschenrechtler weltweit sagen: Das war eine ethnische Säuberung, von über 100.000 Menschen.

In Anbetracht dieser jüngsten, vor weniger als drei Monaten geschehenen humanitären Katastrophe fragt man sich: Wusste Bärbel Bas, welche Bedeutung das Bild hat, das sie da in ihren Händen hält? Ist es ein Zeichen der Zustimmung, ein „Passt schon, weitermachen“, für das Vorgehen Aserbaidschans? Oder doch Unwissenheit?

Was genau Bas ausdrücken wollte, ist letztlich zweitrangig. In das Foto, einmal in der Welt, lässt sich hineininterpretieren, was den Betrachtenden gefällt. Aserbaidschan arbeitet stark mit Propaganda, jede – selbst vermeintliche – Zustimmung des Westens wird hochgehalten und als Bestätigung der Rechtmäßigkeit aserbaidschanischer Politik nach innen und außen verkauft. Egal, was Bas’ Intention war: Der Schaden ist schon in der Welt.

Hinweis: In dem Text fand sich eine missverständliche Formulierung. Wir haben das korrigiert.

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3 Kommentare

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  • Danke für den Bericht und trauriges Beispiel für die angeblich werteorientierte Außenpolitik.



    Es ist zum fremdschämen. Hätten die Armenier Gas und Öl wäre eine bessere Unterstützung wohl lukrativer.

  • das nennt man Realpolitik



    mir kommt das Frühstück hoch über dieses Moralgedünkel.



    entweder wir bauen eine Mauer um ganz Deutschland um ja kein Böses in unsere freie altruistische Demokratie kommen zu lassen, oder wir sehen ein, Dass wir genauso Engel sind wie der Rest der Welt

  • Schau da, hat sie sich in die Aserbaidschan-Connectection der Bundesregierung eingereiht. Kooruptionsland Deutschland lässt grüßen.

    de.wikipedia.org/w...dschan-Aff%C3%A4re