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BaWü-Ministerpräsident zu SyrernAngst vor dem Schläfer

Sicherheitsüberprüfung von Flüchtlingen aus Syrien? Für diesen Vorstoß erntet Winfried Kretschmann Kritik – von den Linken bis zur CSU.

Kretschmann sorgt sich, dass IS-Terroristen als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland kommen. Foto: dpa

Berlin taz | Mit seiner jüngsten Volte sorgt Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann für Kopfschütteln. Ursprünglich hatte er gefordert, syrische Flüchtlinge aus dem Asylverfahren zu nehmen, um ihre Aufnahme zu beschleunigen. Jetzt ergänzte er seinen Vorschlag um einen weiteren Punkt: Gegenüber dem Magazin Focus mahnte er an, „neben der üblichen gesundheitlichen Untersuchung“ brauche es „zwingend eine umfassende Sicherheitsüberprüfung“, wie sie bisher im Asylverfahren bereits gängig sei. Denn, so Kretschmann: „Wir können nicht das Risiko eingehen, dass Terroristen vom ,Islamischen Staat‘ als Flüchtlinge nach Deutschland kommen“.

Bei der CSU zeigt man sich über diese Aussage verwundert. Es sei bereits so, „dass jeder Asylbewerber, der in Deutschland einen Antrag stellt, sicherheitsüberprüft wird“, sagte Stephan Mayer, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, der taz. Je nach Erkenntnislage würden zudem weitere Abfragen bei den Sicherheitsbehörden durchgeführt. „Zu einer systematischen und gezielten Nutzung des Asylsystems durch islamistische Terroristen liegen den Sicherheitsbehörden derzeit keine Erkenntnisse vor“, fügte Meyer hinzu.

„Das ist kein Thema, bei dem es bislang an Sensibilität gemangelt hätte“, sagt die Expertin Marei Pelzer von Pro Asyl. Eine Sicherheitsüberprüfung von Asylbewerbern erfolge gewöhnlich bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und liege im Ermessen der Länder. Sie sei nicht zwingend oder notwendig, erfolge aber in manchen Bundesländern wie Bayern besonders intensiv.

Bisher waren es vor allem rechtspopulistische Parteien und Publizisten wie Roger Köppel, die das Angstbild von islamistischen Schläfern an die Wand malten, die sich unter friedfertige Flüchtlinge mischen und in Deutschland einen Anschlag begehen könnten. Die Linkspartei sieht in Kretschmanns Forderung deshalb einen „Versuch der Stimmungsmache gegen die Schutzsuchenden“. Diese würden „zu Unrecht pauschal unter Islamismusverdacht gestellt, selbst wenn sie in Wahrheit auf der Flucht vor dem dschihadistischen Terror in Syrien sind“, sagte Ulla Jelpke der taz. Nach einem Artikel in der Welt über IS-Kämpfer, die sich angeblich unter Flüchtlinge mischten, hatte die Linke vor einem Monat eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Diese antwortete damals, dass ihr keine solchen Erkenntnisse vorlägen.

Auch die eigene Partei ist nicht begeistert

„Es gibt offensichtlich genug IS-Sympathisanten hier im Land, sodass der IS kaum den gefährlichen und zeitaufwendigen Weg von Flüchtlingen auf sich nehmen muss, um in Deutschland Zellen zu schaffen“, meint Jelpke und fordert: „Der Verfassungsschutz und andere Schnüffelbehörden haben bei der Flüchtlingsaufnahme nichts zu suchen. Sie sollen die Flüchtlinge gefälligst in Ruhe lassen, anstatt diesen eh schon traumatisierten Menschen durch eine Sicherheitsbefragung, die nichts mit dem Asylverfahren zu tun hat, Angst einzujagen“.

Auch in Kretschmanns eigener Partei stieß sein Vorschlag nicht auf Begeisterung. Kommentieren wollte ihn jedoch erst einmal niemand. Anders als die meisten Grünen spricht sich Kretschmann auch dafür aus, mehr Länder als bisher als „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen zu lassen. Flüchtlingen vom Balkan müsse „von Anfang an“ klargemacht werden, dass ihr Asylantrag aussichtslos sei, so Kretschmann zu Focus. Für sie müssten andere Wege der Einwanderung geschaffen werden.

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10 Kommentare

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  • Wenn wir uns die Ausführungen von Christoph Reuter genauer anschauen über das Stasi-Kaliphat, dann geht es vor allem um die Kontrolle und Auspressung der Bevölkerung dort in dem syrisch-irakischen Gebiet.

    Reuter argumentierte, dass die Attentäter von Paris 7.01. und in den weiteren Fällen eine, die erste Aktion durchgeplant hatten, aber alles weitere planlos, chaotisch gewesen sei. Das würde darauf hin deuten, dass sie nicht im Auftrag des Daish handeln, sondern auf eigene "Inspiration" hin. Schlimm genug.

  • 6G
    64457 (Profil gelöscht)

    Dieser Artikel aus der Welt hat mir Angst gemacht, Zitat: doch eine Angst hat Ibrahim: dass sich die Terrormiliz Islamischer Staat auch in Deutschland ausbreitet. Mit ihm seien Islamisten eingereist, berichtet er. http://www.welt.de/wirtschaft/article145731599/Von-Syrien-nach-Sylt-Asyl-auf-der-Promi-Insel.html In der selben Zeitung, andere Nr., finde ich jetzt nicht, wurde eine Drohung des IS zitiert, bis zu 500.000 Salafisten per Flüchtlingsboot nach Europa zu schicken. Nach Angaben eines in einer Erstaufnahme tätigen kommen auch immer mal wieder Kommentare von Nordafrikanern, wie Sch*** Deutschland und Demokratie seien, was nat. noch kein Beleg ist, aber ein Bekenntnis zum GG sollte schon sein, wenn man hier leben will.

  • Keine Angst vor Syrern - die meisten durchgedrehten Terroristen dort sind Ausländer. Ob nun die wenigen durchgedrehten Syrer ihre Gewaltphantasie in Stuttgart oder Freiburg ausleben wollen, bezweifele ich mal, weil sie das eben in ihrem Heimatland Syrien ganz gut können. Dort gibt's jede Menge Chancen auf Gewalt. Ich verstehe diesen Vorstoß nicht. Außerdem würde eine "eine umfassende Sicherheitsüberprüfung" vor allem als eine Bremse für die Aufnahme von Syrern wirken. Und diesen Menschen muss man jetzt helfen. Deutschland hat im Kontrast zum Libanon, zur Türkei und zu Jordanien sowieso sehr wenige aufgenommen. Die Leben in der Wüste bei °38-45C, schlafen dort immer noch im Winter, wenn es bitter kalt nachts wird und der deutsche NATO-Partner Türkei befeuert die Zerstörung des Landes dann noch weiter, ohne dass in Deutschland darüber auch nur nachgedacht wird. Jedenfalls nicht in der Regierung.

  • Was meint denn Kretschmann damit?

     

    Eine Regelüberprüfung gibst bereits...

     

    Vermuten kann man ja viel, was aber als Rechtsgrundlage doch ein bischen dünn ist, zu dünn.

  • Frau Jelpke sollte den Verfassungsschutz seine Arbeit machen lassen, ohne ihre einfältigen Thesen über Medien zu verbreiten. Es gibt keinen Grund, warum Ein- und Zuwanderung zu Lasten der inneren Sicherheit gehen sollten.

  • Tja - so wine Sekundärsozialisation - a

    Schrägschisser -

    Das wäscht&wächst sich -

    Nicht so leicht raus!

     

    Nennen wir ihn doch fürderhin ->

    Wladimir Iljitsch Spätzle;

    (den anderen Spätzle-Schmitt -

    Wolfgang Carl;)

     

    Pascht scho -

    Die Doppel-Schpätzles!

    Was dem einen die Null -

    Is dem anderen die Bürste!

  • Ich liebe die BW Grünen, dort scheint sie wirklich logisch zu denken. Das gibt doch ein bisschen Hoffnung.

  • Kretschmann macht die Grünen braunfähig. Denn wer weiß, was noch kommt...

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Schon mal was von Unschuldvermutung gehört? Ach ne, gilt ja in Deutschland nicht mehr... zumindest für Ausländer.

  • Kretschmann - der beste Mappus, den die Union nie hatte.