piwik no script img

BUND nimmt Pestizid-Video zurückBauern sind doch keine Babykiller

Der BUND verzichtet auf einen Clip gegen Pestizide. Darin wurden Landwirte in die Nähe von Kindermördern gerückt. Nicht nur Bauern fanden das zu drastisch.

Isses nicht süüüüüüüß? Bild: Screeshot Youtube

BERLIN taz | Süße Babyköpfe wachsen aus einem Ackerboden. Plötzlich fliegt ein Flugzeug über das Feld – und lässt Chemikalien auf die Knirpse regnen. Die Botschaft des 45-Sekunden-Filmchens erscheint: „Pestizide. Hergestellt, um zu töten“. Die Verantwortlichen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben den Clip gegen Unkrautvernichtungsmittel am Freitag nach heftigen Protesten und Klageandrohungen von Bauern- und Lebensmittelverbänden aus dem Netz genommen.

Eigentlich wollte der (BUND) mit dem Film gegen den Einsatz von Glyphosat werben. Allerdings hat Deutschlands größter Umweltverband offenbar mit seiner Kampagne überzogen. Das Video sei „Hetze“, „falsche Propaganda“ und ein „Kreuzzug“ gegen die konventionelle Landwirtschaft, ätzte der Deutsche Bauernverband. Und weiter: Es rücke Bauern in die Nähe von Kindermördern. Der BUND mit seinen fast eine Million Mitgliedern versuche offenbar, Geschäfte mit der Angst der Menschen zu machen.

„Die Lebensmittelwirtschaft“, ein von Wirtschaftsverbänden gegründeter Verein, meinte, der BUND habe sich als Gesprächspartner verabschiedet. Der Verband sei offenbar nur noch dafür da, „Krach zu machen“, sagte der Deutschland-Chef des Agrarchemiekonzerns Bayer Crop Science, Helmut Schramm, zur FAZ. „Es scheint so, als fehle dem BUND eine moralische Instanz, die hingeht und sagt: so geht das nicht, auf dieses Niveau begeben wir uns nicht“, so Schramm. Laut FAZ drohten „mehrere Personen“ dem BUND mit Strafanzeigen wegen Beleidigung und Volksverhetzung.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Nun hat der Verband die Notbremse gezogen: Online ist der Clip nicht mehr zugänglich: Er erfülle „seine Funktion offenbar nicht“, hieß es in einer Mitteilung. Anstatt die „Aufmerksamkeit auf die gravierenden Folgen des weltweiten Einsatzes von Glyphosat zu lenken, konzentriere sich die Debatte derzeit auf die filmische Umsetzung dieses Anliegens“. An seiner Kritik an dem Pestizid, „das gravierende Umweltschäden verursache sowie inakzeptable Gesundheitsgefahren berge, halte der BUND jedoch fest“.

Unangemessene Darstellungsmittel

„Unser Spot hat die Agrarindustrie auf den Plan gerufen“, sagte BUND-Sprecher Norbert Franck. Doch offenbar waren auch viele BUND-Mitglieder empört. „Mit ihrer Kritik hätten wir gut leben können. Doch wir mussten feststellen, dass auch viele Menschen, die unser Anliegen in der Sache teilen, das gewählte Darstellungsmittel unangemessen finden.“

Hintergrund der Kampagne ist die aktuelle Prüfung der EU-Kommission, ob das seit rund 40 Jahre eingesetzte Herbizid 2014 neu zugelassen wird. Glyphosathaltige Pestizide sind laut BUND die weltweit meistgespritzten Unkrautvernichtungsmittel. Gentechnisch veränderte und mit Glyphosat behandelte Soja aus Südamerika werde in Deutschland an Rinder, Schweine und Hühner verfüttert. Laut BUND besteht der Verdacht, dass in den Anbaugebieten in Übersee die Anwendung von Glyphosat erhöhte Missbildungs- und Krebsraten bei Neugeborenen verursacht hat.

In Deutschland sei das Herbizid bereits in Getreideprodukten und im menschlichen Urin nachgewiesen worden. Allerdings: Für die Weltgesundheitsorganisation oder das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung gilt das Mittel mit Verweis auf Langzeitstudien als „unbedenklich“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    @Ökofaschismus - Gast

     

    "Selbstausbeutung ist an der Tagesordnung und die Preise sind am Boden."

     

    Dann sollen diese "armen" Bauern doch was anderes arbeiten, so wie es für die meisten Selbstausbeuter dieses Systems im "freiheitlichen" Wettbewerb von globalisierender Ausbeutung und Unterdrückung der realpolitisch-gewollte Fall ist - die Großkonzerne und Aktionäre, die ihr Spiel von Sozialismus AUSSCHLIESSLICH für sich fusionieren, wird es mächtig freuen!

  • K
    Ökofaschismus

    Danke für die wenigen treffenden Kommentare

    Aber die Dummheit und Arroganz einiger Ökofaschisten ist zum brechen!

     

    Klar gehört der Scheiss nicht auf das Feld und in die Nahrungskette!

     

    Geht doch mal raus und schaut euch die "gierigen Bauern" im Alltag an?

    Selbstausbeutung ist an der Tagesordnung und die Preise sind am Boden.

     

    Nicht alles was auf der heimischen Kräuterspirale mit viel Zeit und Liebe funktioniert, lässt sich in der Erwerbslandwirschaft umsetzten.

     

    Wenn es euch nicht passt wie es ist, dann geht doch selbst Unkrautjäten - die meisten Betriebe können bestimmt Hilfe gebrauchen...

  • Guten Tag, den Artikel finden gar nicht überzeugend! Soll der BUND vor der Chemieindustrie in die Knie gehen? Lesen Sie mal nach bei der CBG (http://cbgnetwork.org/1.html)!

    Der Film ist so grob überinterpretiert. Er soll nur einige wachrütteln, mal über den gefährlichen Gifteinsatz überall nachzudenken! Wie man aus dem Film den Vorwurf an "Bauern" , sie seien "Babykiller" konstruieren kann, ist uns schleierhaft! Es gibt so viele Anzeichen für die Gefahren durch Glyphosat (Roundup), dass es dringend verboten werden muss (siehe: www.hecke.wg.vu). TV-Tipp: "Das tägliche Gift", Mi. 13.11.13, 22.45 Uhr!!

  • Bauern killen Babys... die Wahrheit ist manchmal schrecklich.

    Millionen von Menschen, heute Babys, werden in 20 Jahren an Krebs erkranken, und keiner wird sagen können, was die Ursache dieser Erkrankung ist...

  • Die Propaganda, Angstmacherei, unwissenschaftlichkeit und Niveaulosigkeit ist bei den sich Umweltschutzorganisationen nennenden Spendeneinsammelkonzernen systemimmanent.

  • B
    beat

    Diese gewinnsüchtigen Bauern sorgen dafür, dass sie am morgen was zu essen haben und auch am mittag und abends und zwischendurch.

     

    Versorgen sie sich selbst mit Lebensmitteln? Warum nicht? Was glauben sie, wie ihr Computer produziert wurde, mit dem sie hier ihren Müll verbreiten, umeweltfreundlich? Und die drei Computer, die sie ausgetauscht haben, weil sie zu alt und langsam waren, wo sind die jetzt? verwesen die auf ihrem Kompost?

    • @beat:

      "lol"

      sorry, aber ich brauch' keine Bauern, ich brauch keine Computer, und das, was ich esse, habe ich selber angepflanzt!

      • @Tadeusz Kantor:

        Sie brauchen keine Computer? Das wäre schade, dann kämen wir doch nicht mehr in den Genuss ihrer niveauvollen, intelligenten Kommentare.

        Ironie aus.

      • @Tadeusz Kantor:

        'schließe mich an. Lediglich Selbstversorgung ist die Chance, sich aus dem Teufelskreis zu befreien. Schade mit dem Video, ich fand es gut und treffend.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    So wie Soldaten nun offiziell definierte Mörder sind, so sind diese verfluchten gewinnsüchtigen Bauern Umweltverschmutzer, Brunnenvergifter und letztendlich sogar Babymörder!!!

     

    Aber um auf die populistische WERBUNG des BUND zurück zu kommen - die wissen doch spätestens seit dem Frust eines ehemaligen Ärztekammer-Präsis, über die ständigen Finanzierungskampagnen, wo er anscheinend wütend das "sozialverträgliche Frühableben" propagierte und alles sich heuchlerisch darüber empörte, daß sich nicht wirklich etwas wahrhaftig / menschenwürdig verändert.

    • @688 (Profil gelöscht):

      Babymörder sind die die nichts dazu beitragen das Kinder was zu essen haben.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @Tim Leuther:

        Es sterben IMMERNOCH allein ca. 30000 Kinder TÄGLICH an UNSEREM "Recht des Stärkeren", denn die "Entwicklungshilfe" ist nicht nur der zynische Tropfen auf dem heißen Stein - also genau genommen, sind wir westlichen Gewohnheits - und Wohlstandsmenschen alle Babymörder!?

  • H
    holgi

    Der Begründung des BUND zielt ja nicht auf Industrie und Bauern ab, sondern auf Leute, die es eigentlich besser wissen müssten und Pestizide vermutlich ablehnen. Die legen wohl doch mehr Wert auf Babyromatik als auf pestizidfreies Essen.

     

    Die Bekanntheit der Kampange wird durch so einen Rückzieher aber eher gesteigert, gerade weil man sich heute eher für Medienrummel als das eigene Leben interessiert.

  • G
    Genießer

    Die EU-Kommission hat dieser Tage Smartstax und andere Gifte zugelassen - danke Bayer, danke Monsanto. Was hat Euch das gekostet? Im Rahmen der Gleichbehandlung dürfen wir davon ausgehen, dass die Beteiligten (EU-Kommission, weitere Politfunktionäre und -lobbyisten und die oberen drei Führungsebenen der Agrarkonzerne) zustimmen, neue Medikamente und (Agrar-)Gifte ohne ihr Wissen und ohne ihr Zutun verabreicht zu bekommen. Einwände?

  • E
    elches

    Anfangs lebten alle unsere Vorfahren ohne Chemie im Essen.Sind die Böden bald kaputt und ausgelaugt,der Humus verschwunden,dann: Prost Mahlzeit.Gute Nacht.

    • @elches:

      Unsere Vorfahren sind 30 Jahre alt geworden.

    • B
      BEAT
      @elches:

      Lebensmittel bestehen aus chemischen Stoffen, und sind durch Stoffwechsel der Pflanzen und Tiere "entstanden" somit haben unsere Vorfahren auch Chemie in ihrem Essen gehabt.

      • @BEAT:

        Ist diese Spitzfindigkeit diesen Post jetzt wert gewesen ?!

  • Bayer Crop Science redet von Moral. Als ob die wüssten, was das ist.

    • B
      beat
      @vic:

      Mich würde ja interessieren was Moral ist, ich habe nämlich keine Idee. Haben wir die selbe Moral? ist meine besser als ihre? gibt es eine allgemeingültige Moral? Wer bestimmt was moralisch ist? Handeln sie immer entsprechend ihrer Moral? wenn nicht, warum nicht?

  • K
    Klompap

    Es ist ja für einen guten Zweck... lol....

  • Pestzide in Babynahrung sind ja auch nicht so besonders Hipp.

  • L
    Linus

    Hihiiiii! Bayer-Schramm spricht vom Fehlen einer moralichen Instanz! Hihiiii! Ausgerechnet der! Das ist wirklich mal eine sehr lustige Meldung vom Chefzyniker!

  • G
    gast

    ein auf popolismus trainiertes volk kann man nicht anders erreichen, jede andere werbung ist auf demselben niveau, aber wer sollte da denn bitte aufschreien, Medien, die sich zum großteil aus werbungen finanzieren?