BSW gründet Landesverbände im Norden: Vertraute und Männer nach vorne
In Niedersachsen und Bremen gründen sich am Wochenende Landesverbände des BSW. Am meisten Strahlkraft im Norden hat die Ortsgruppe in Oldenburg.
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Dass dafür nicht Hannover, sondern Oldenburg mit seinen knapp 170.000 Einwohner*innen gewählt wurde, ist kein Zufall: Oldenburg ist der Wahlkreis der Bundestagsabgeordneten und BSW-Bundesvorsitzenden Amira Mohamed Ali. Ihr Einfluss im Wahlkreis scheint groß. Die ehemalige Linksfraktion des Rats der Stadt mit ihren vier Mitgliedern ist am 4. Januar gesammelt aus der Linken aus- und als BSW aufgetreten – vier Tage vor der offiziellen Gründung der Partei auf Bundesebene.
An dieser Gründung war einer von ihnen direkt beteiligt: Das Oldenburger Ratsmitglied Jonas Höpken, damals noch Linke, war laut Nordwest Zeitung Vorsitzender des Vereins, der die Parteigründung seit September 2023 vorbereitet hat. Er gilt als Vertrauter von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine.
Und noch eine Verbindung gibt es zur Bundesebene: Das Oldenburger Ratsfraktionsmitglied Holger Onken, Kandidat des BSW für Niedersachsen bei der Europawahl, ist liiert mit der Vereinsvorsitzenden Amira Mohamed Ali. Er kandidiert nun für den Vorstand im niedersächsischen Landesverband.
Nur wenige Interessierte konnten schon Mitglied werden
Auch in anderen Kommunen in Niedersachsen sind bereits Mandatsträger von der Linken zum BSW gewechselt. Ins BSW aufgenommen zu werden, ohne ein Mandat mitzubringen, ist bisher gar nicht so einfach: In Niedersachsen gibt es offenbar zwar Tausende Interessierte, aber nur 60 Parteimitglieder.
In Bremen ist es ähnlich: 258 Menschen haben sich dort als Unterstützer*innen des BSW registriert; 92 von ihnen haben einen Mitgliedsantrag gestellt. 24 sind mittlerweile aufgenommen. „Wir wachsen langsam“, sagt Christopher Schulze, Landesbeauftragter für das BSW Bremen.
Als solcher bereitet er zum einen die Verbandsgründung auf Landesebene vor und spricht zum anderen mit allen potenziellen Parteimitgliedern; er gibt dann eine Empfehlung an den Bundesvorstand ab, der letztendlich über Aufnahme oder Nichtaufnahme eines jeden einzelnen Mitglieds entscheidet.
Die zentral gesteuerte Aufnahme solle verhindern, dass die neue Partei von Neuzugängen inhaltlich schnell in eine andere Richtung geführt wird, wie es etwa der ursprünglich wirtschaftsliberalen AfD passiert sei – aber auch, so Schulze, dass politische Wendehälse die junge Partei als Karriereschanze missbrauchen.
Auch der Bremer Landesbeauftragte Christopher Schulze hat Verbindungen ins nahe Oldenburg und zur Bundesspitze. Der 36-Jährige leitet das Wahlkreisbüro von Mohamed Ali in Oldenburg. Er kandidiert am Samstag für den Vorstand des Bremer Landesverbandes. „Das muss man natürlich trennen“, sagt Schulze. „Die Arbeit im Wahlkampfbüro ist beruflich, der Vorstandsposten ist ein Ehrenamt.“
Gemeinsam mit dem selbstständigen Digitalunternehmer Alper Iseri will Schulze in Bremen eine Doppelspitze bilden. Der 47-jährige Iseri hat bis auf eine kurze Phase als SPD-Mitglied bisher weder mit Parteien noch mit Ämtern Erfahrungen gemacht, bringe aber, so Schulze, „großen unternehmerischen Sachverstand“ mit.
Neben Schulze und Iseri als Doppelvorstand kandidiert in Bremen auch noch Manfred Steglich als Landesgeschäftsführer – bis 2008 führte der Sozialwissenschaftler die Geschäfte der Linksfraktion in der Bremer Bürgerschaft. Der Bremer Landesverband will sich demnach mit drei Männern an der Spitze aufstellen. Eine Quote brauche man nicht, sagt Schulze: Man habe sich bei den zu besetzenden Ämtern für die Leute entschieden, die aufgrund ihrer Erfahrung am besten geeignet seien.
Nicht an der Bremer Parteispitze berücksichtigt wird damit Cornelia Barth, BSW-Mitglied seit Januar, die von 2007 bis 2013 und noch einmal von 2018 bis 2022 Landesvorsitzende der Bremer Linken war. „Wir wollen auch etwas frischen Wind reinbringen“, begründet Schulze die Entscheidung für Iseri.
Zunächst gilt für die neuen Landesverbände das Bundesparteiprogramm. Wie sie sich auf Landesebene inhaltlich positionieren, werde man noch debattieren müssen, sagt Schulze.
Zunächst findet diese Debatte nicht in der Öffentlichkeit statt: Bei den Gründungsversammlungen ist die Presse jeweils nur für eine Rede der Bundesvorsitzenden zugelassen. Das ist für Parteitage ungewöhnlich. Man wolle die vielen neuen Mitglieder im Politikgeschäft nicht gleich überfordern, erklärt Schulze – alle sollten sich erst mal in Ruhe kennenlernen, künftige Parteitage sollen dann öffentlich sein.
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