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BGH-Urteil zum digitalen ErbeAuslagerungen unseres Selbst

Digitale Kommunikation gilt künftig als Erbe. Das Urteil musste zwischen dem Schutz des Privaten und dem Seelenfrieden der Angehörigen abwägen.

Wie schrecklich muss die Ungewissheit über die Todesumstände sein, wenn die Lösung womöglich auf digitalem Grund vorliegt? Foto: Ghost Presenter/Unsplash

Wer einmal die Wohnung eines Verstorbenen aufgelöst hat, wird sich an das seltsame Gefühl beim Durchschauen des materiellen Nachlasses, beim Durchwühlen der Unterwäscheschublade oder der Brieffächer erinnern. Schließlich berührt man Intimstes.

Wir empfinden ein doppeltes Schamgefühl: Können wir uns doch vorstellen, wie es wäre, wenn jemand unsere Sachen durchsuchte. Zugleich wollen wir auch nicht, dass unser Bild des Verstorbenen durch – für ihn wie uns – peinliche Enthüllungen verändert wird. Mit der Ausweitung der Intimsphäre in die Domäne des Digitalen potenzieren sich die Möglichkeiten der posthumen Beschämung. Wenige von uns können wollen, dass nachträglich intime Chats von Dritten gelesen und ausgewertet werden.

Und doch können wir den Wunsch der Mutter der verstorbenen Fünfzehnjährigen, die das Urteil des Bundesgerichtshofs nun nötig machte, verstehen. Wie schrecklich muss die Ungewissheit über die Todesumstände sein, wenn die Lösung womöglich Schwarz auf Weiß, oder eben auf digitalem Grund, vorliegt? Die Mutter hält gewissermaßen den Schlüssel zum digitalen Tagebuch der Tochter in der Hand, kennt das Facebook-Passwort, aber Facebook verwehrt ihr die Einsicht: Das in den Gedenkmodus versetzte Konto sperrt die Mutter aus; die enthaltenen Informationen sind begraben wie die Tochter.

Allzu leichthändig wollen wir den Schutz des Privaten und Vertraulichen nicht aus der Hand geben. Man könnte nun eine Art Dammbruchszenario herbeifantasieren: Da könnte ja jeder kommen! Es gibt doch ziemlich viele Gründe, warum man Einsicht in die private Kommunikation anderer erlangen wollen könnte. Zugleich geht es um den Seelenfrieden der Angehörigen, die schon viel Schmerz ertragen mussten – ein schwieriger Fall eben.

Sexting am Tisch

Vielleicht erinnern wir uns in diesem Kontext auch an Franz Kafkas Wunsch, der Freund Max Brod möge nach seinem Tod sämtliche Texte und Briefe vernichten. Gerade der Leser der nachgelassenen Briefe an Felice Bauer ergötzt sich nicht wenig an den intimen, teils schrecklich peinlichen, wenn auch wunderbar geschriebenen Liebeswindungen. Wir wären natürlich hochgradig traurig über den Verlust bedeutender literarischer Texte, auch wenn Generationen von Abiturienten dadurch von „Vor dem Gesetz“-Interpretationen verschont geblieben wären.

Vor dem Gesetz steht auch die Mutter der verstorbenen Fünfzehnjährigen, wobei sich ausgerechnet Facebook als Hüter und Wahrer der Privatsphäre der Tochter aufspielt. Das mag überraschen, besteht doch das Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks darin, mit Privatem Geld zu verdienen. Man darf es dann schon als zynisch betrachten, ausgerechnet der Mutter das Eindringen in die Intimsphäre der Tochter vorzuwerfen.

Wie schrecklich muss die Ungewissheit über die Todesumstände sein, wenn die Lösung womöglich Schwarz auf Weiß, oder eben auf digitalem Grund, vorliegt?

Eigentlich formierte die schützenswerte Intimsphäre sich einst nicht gegen das persönliche Umfeld, sondern vor allem gegen die Zugriffe des Staats. Heute treten an seine Seite als Gefährder der Privatsphäre die Datenkonzerne und sozialen Netzwerke, Facebook, Google und Co. Der heimlich mitlesende Dritte, gegen den sich das schützenswerte Private formiert, ist nicht mehr zwangsläufig nur der Staat, schon gar nicht neugierig schnüffelnde Verwandte, sondern das so­zia­le Netzwerk selbst.

Jeder Facebook-User wird mit dem Problem konfrontiert, dass er die Grenzen, die zwischen privat oder öffentlich sein soll, zunächst einmal abstecken muss. Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass etwas, das so mächtig ist wie der Staat – ein milliardenschweres Unternehmen immerhin – als parasitärer Dritter beim Chatten, Texten und Sexting am Tisch sitzt und die Brosamen der Kommunikation gierig aufliest und verwertet. Natürlich könnte man argumentieren, dass im Falle einer Privatnachricht ein besonderer Grad der schützenswerten Intimität besteht. Aber Facebook ist eben kein Postbote, der einen versiegelten Brief übergibt.

Ganz real getroffen

Auf seltsame Art zeigt der Streitfall, den der BGH beilegen musste, die seltsame Vernetzung von Vir­tuel­lem und Realem, wobei die Trennung von Anfang an problematisch ist. Auch und gerade vor dem Hintergrund von Onlinemobbing von Teenagern auf sozialen Plattformen, das das reale Schulmobbing in die Welt des Virtuellen verlagert, wo es ja nicht weniger wehtut, sondern eher weitere Kreise zieht und sich im Netzwerk verbreitet, scheint die Intuition, dass sich Gründe für den Tod der Tochter auf ihrem Account finden lassen könnten, nachvollziehbar.

Soziale Medien greifen grundlegend in unsere Alltagskommunikation und damit in unser Leben ein, dass sie von diesem kaum noch zu trennen sind. Sie sind dabei letztlich mehr als Tagebuch oder Brief, weil sie nicht nur Medium des Austauschs sind, sondern als Teil unserer Außendarstellung und Selbstinszenierung eben Auslagerungen unseres Selbst sind. Wer online verletzt wird, fühlt sich ganz real getroffen, und so ist es auch ganz nachvollziehbar, dass die ganz real verletzten Eltern eines real verstorbenen Mädchens den digitalen Nachlass der Tochter einsehen möchten.

Nicht nur als Hinweisgeber auf mögliche Ursachen für ihren vorzeitigen Tod. Sondern auch als Teil der persönlichen Zeugnisse einer Tochter, die einen Teil ihres Lebens auch online lebte. Und im digitalen Raum gewissermaßen weiterlebt.

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25 Kommentare

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  • Ich empfinde die Entscheidung des BGH als völlig richtig. Danke dafür.

  • Alles Spiegelfechterei.



    Es geht nicht um den Schutz der Toten.



    Es geht darum, dass sich Netzkonterne das „digitale Erbe“ dauerhaft aneignen wollen!



    Wenn der Account nicht erblich ist, dann kann auch niemand die Daten löschen. Und das Netzwerk der Toten verrät viel über die Lebenden ...

  • Seit Tagen zermarter ich mir den Kopf warum so ein Fliegenschiss so große Welle schlägt und jetzt ist der Groschen gefallen: Dass facebook und weltweit 57+ Werbeagenturen ihre intimsten Geheimnisse kennen scheint niemand zu beunruhigen, aber wenn eine Er*bin, also ein Mensch aus Fleisch und Blut, und womöglich noch aus dem bekannten Kreis, Zugang zu intimen Geständnissen bekommt, das scheint ja ne menge Masse umzutreiben. Aber ich hab auch noch nicht verstanden, wieso überhaupt jemand bei facebook ist, und schon gar nicht intim.

  • Der Zugriff auf einen Service fällt mit Sicherheit nicht unter das Erbrecht. Deshalb ist die Anwendung von Erbberechtigung in dem Fall eine persönliche Anmaßung. Ob ein soziales Netzwerk Daten seiner Nutzer speichert die der Nutzer dort hinterlegt, ist nicht Sache des Nutzers, sondern des Service. In dem angesprochen Fall ging es darum, daß der betroffene U-Bahn Fahrer auf Schmerzensgeld von den Eltern klagte, weil er wegen der verstorbenen Tochter einen Schock erlitten hat. Deshalb ist diese Diskussion sowieso unerheblich, da sie ohne die notwendigen Fakten auskommt. Über das Strafrecht ist nachträglicher Zugriff auf digitale Nutzerkonten denkbar, ein Erbrecht besteht keineswegs, da es sich um Daten des Service handelt. Gerichte, die ungültige Rechtsauffassungen bestätigen, sollten nicht möglich sein. Warum das bei uns einreißt, sollte hinterfragt werden.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Picard:

      Die Urheberrechte an den Texten geben die Nutzer*innen nicht ab. Alle Texte und Bilder gehören den Nutzer*innen und nicht dem "Service". Dieser hat sich lediglich per AGB gewisse Verwertungsrechte gesichert. Diese enden m.E. auch, wenn die Nutzer*innen die Inhalte wieder löschen.



      Welche Daten meinen Sie, die "dem Service" gehören sollen? Bei den Benutzerstatistiken und Logdateien wäre ich noch bei Ihnen, aber definitiv nicht bei Inhalten.

      Wie es möglich ist, dass ein Gericht eine andere Rechtsauffassung hat als die Ihre, die natürlich die einzig gültige ist, das ist schon eine Unverschämtheit, oder? Die Faschisten in Polen oder der Türkei sind gerade dabei, einen Staat zu schaffen, in dem nur noch eine einzige Rechtsauffassung gilt: die des nationalen Oberpatriarchen. Eher nach ihrem Geschmack?

    • @Picard:

      Als Gesamtrechtsnachfolger treten die Erben auch in bestehende Verträge ein. Das beinhaltet m.E. auch Nutzungberechtigungen für Plattformen wie etwa Facebook.

      Facebook bietet die Speicherung von Daten und weitere Dienste an. Darüber wurde ein unbefristeter Vertrag geschlossen, der m.W.n. nicht mit dem Tod des Nutzers erlischt. Die Gesamtrechtsnachfolger treten also auch in diesen Vertrag ein.

      Wenn Facebook diese Daten von sich aus auf immer und ewig löscht, ist es das eine. Wenn nicht, muss das Unternehmen entsprechend des Vertrages den Gesamtrechtsnachfolgern die gleichen Zugriffsmöglichkeiten gestatten wie dem Verstorbenen zu dessen Lebzeiten.

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Picard:

      Genau! Gerichte, die eine andere Rechtsauffassung als Ihre - ach nee, doch besser meine - haben, sollten verboten werden

    • @Picard:

      Sprach der Hüter der wahren Leere!;)

      Na Mahlzeit

  • Ich sehe immer noch keinen Unterschied zu einem analogen Nachlass wie Briefen und Tagebüchern.



    Wer bestimmte Vorstellungen hat wie nach seinem Tode verfahren werden soll, der soll ein Testament machen oder andere Vorkehrungen treffen.



    Die Idee „der Würde des Toten“ ist ohnehin unsinnig, der Tote hat aufgehört zu existieren, er oder sie hat keine Rechte oder Pflichten mehr. Wenn schon „Würde“ im Spiel ist, dann kann diese sich nur auf die Personen beziehen die noch am Leben sind. Nur denen kann es darum gehen ein bestimmtes Bild des Toten bewahren zu wollen oder nicht.



    Erben treten die Rechtsnachfolge des Toten an - warum sich das nicht auf dessen digitale Hinterlassenschaft beziehen soll ist völlig schleierhaft, denn auch ein Bankkonto ist heutzutage nichts eine digitale Hinterlassenschaft - und auf den Zugriff darauf wird wohl niemand verzichten wollen...



    Die Trennung digitaler Güter und „analoger“ ist völlig beliebig, der Stress das im Nachlass getrennt aufdröseln zu wollen ist völlig unnötig.

    • @hup:

      Bis auf Ihre Haltung zum Vergleich analager und digitaler Nachlass teile ich Ihren Kommentar.

      In genannter Frage bin ich jedoch anderer Meinung aus folgenden Gründen:



      - Analoge Kommunikation führen wir nicht in dem Maß, wie wir das ihm Rahmen von Chats oder Mails tun. Sicherlich gibt es hier noch Unterschiede zwischen Generationen, aber wenn ich die Zahl der Briefe mit der Zahl der Mails, Messengernachrichten und Kommentaren vergleiche, die wir täglich erhalten, überwiegt die digitale Kommunikation um ein Vielfaches. Beziehe ich die Nachrichten ein, die wir selber verschicken, wird das ungleiche Verhältnis umso deutlicher. Es ist nahezu unmöglich, einen Überblick zu behalten, was wir wann wem wie und wo schreiben bzw. was uns wer wann wie und wo schreibt. Dieses Problem besteht bei analoger Kommunikation nicht mehr (ausgeklammert: mündliche Kommunikation, da diese nicht schriftlich fixiert wird).



      - Wir haben nur wenig Wissen bzw. Kontrolle darüber, was mit unserer digital gespeicherten Kommunikation geschieht bzw. wie wir sie löschen können. Aufgrund des Volumens dieses Nachrichtenaustauschs ist es mitunter auch sehr aufwändig, regelmäßig Nichtgebrauchtes zu löschen. Das ist bei analoger Kommunikation deutlich einfacher: Einen Brief zerreißt man und wirft ihn in den Papierkorb. Dann ist er "gelöscht".

      Diese beiden Punkte sollten verdeutlichen, warum man digitale und analoge Kommunikation nicht so einfach gleichsetzen sollte. Wir kommunizieren digital in viel größerem Umfang und sehr viel abstrakter, als das analog überhaupt möglich wäre. Daher fällt es zugegebenermaßen schwerer, einen detaillierten Überblick über diese Kommunikation zu behalten und ggf. auch Maßnahmen zu ergreifen, die entsprechenden Nachrichten irgendwann einmal zu löschen.

  • Die Bundesnetzagentur will Messengerdienste durchaus wie Telekommunikationsdienste regulieren. Vertraulichkeit wird immer wichtiger. Da ist es ein deutlicher Rückschritt, wenn der BGH jegliche Abwägung vermissen lässt. Das Urteil dürfte in Europa kaum Bestand haben - schließlich leben wir nicht mehr in einer analogen Welt und die 1:1 Übertragung von analogen Regeln auf die digitale Welt war schon immer eine schlechte Idee. Aber das Urteil ist durchaus typisch für die fehlenden digitalen Adaptation in Deutschland.



    Worum geht es? Zum einen geht es um den selbstbestimmten Umgang mit den Daten. Jede*r sollte selbst bestimmen können, wer nach seinem Ableben Zugriff auf die Daten erhält. Zum anderen muss es Ausnahmen geben, bei denen ein berechtigtes Interesse da sein kann, trotzdem auf die Daten zuzugreifen. Das würde ich hier so sehen - aber als Ausnahme und nicht als Regelfall.



    Soll denn z.B. ein entfernter Verwandter so ohne weiteres Zugriff auf intime Details einer noch lebenden Lebenspartnerin eines Erblassers erhalten? Das steht komplett quer zu unserem Grundverständnis von Datenschutz und die Argumentation des BGH funktioniert nur durch einen Zirkelschluss: Weil die Erb*innen Zugriff auf die Kommunikation hätten, würden alle Kommunikationspartner*innen damit rechnen und deshalb dürften die Erb*innen auch Zugriff darauf haben.



    Zudem, was passiert bei mehreren Erb*innen? Dürfen dann alle alle Kommunikationsdaten sehen? Nicht umsonst sonst alle Betroffenenrechte in der DSGVO NICHT vererbbar. Die Erb*innen haben nach der DSGVO eben keinen Auskunftsanspruch - und das hat einen Grund.

    • @Velofisch:

      EIne gewisse Vergleichbarkeit mit der analogen Welt ist sehrwohl gegeben.

      Ersetzen Sie "Daten" durch "Tagebücher".

      M.E. kann das rechtlich nicht unabhängig voneinader beurteilt werden. Sie haben was die Intimsphäre sowohl des Erblassers als auch von Kommunikationspartnern angeht, bei Briefen und Tagebüchern genau die gleiche Problematik.

      Wie man das Vererben von Briefen und Tagebüchern beurteilt, darüber kann man dann auch streiten. Aber wieso man hier wie Sie einen Unterschied zwischen analoger und digitaler Welt machen sollte, das erschließt sich mir kein bisschen.

  • Ein schöner Aufsatz, der die Problematik klug beleuchtet.



    @PREMIUM58 Absolut d'accord!

  • "Wenige von uns können wollen, dass nachträglich intime Chats von Dritten gelesen und ausgewertet werden."



    Das taten Erben schon immer, wenn sie Zugriff auf Briefe, Tagebücher und andere persönliche Aufzeichnungen hatten und haben.



    Will man das nicht, so gab und gibt es jederzeit die Möglichkeit, den Zugriff darauf, z.B. über Vertrauenspersonen zu verwehren.

    "Soziale Medien greifen grundlegend in unsere Alltagskommunikation ein ... ... Teil unserer Außendarstellung



    und Selbstinszenierung eben Auslagerungen unseres Selbst ..."



    Wer sich selbst ausführlich in den sozialen Medien darstellt, sollte sich der Konsequenzen, jetzt noch klarer als vorher, einfach bewusst werden und seine Daten schützen.



    Das ist möglich und beginnt damit, dass man seine Konten, Chats und Mailordner regelmäßig auf sensible Nachrichten prüft und diese möglicherweise löscht.

    Die ablehnende Aufregung über das BGH-Urteil ist nichts als ein Sturm im Wasserglas.

  • Da habe ich doch tatsächlich "asoziales Netzwerk" gelesen!

    Es ist unsinnig, dass Daten in sozialen Netzwerken vom Erbe ausgeschlossen sein sollten, wenn alle anderen Daten das nicht sind (WhatsApp auf dem Handy, Emails im PC, Briefe auf Papier etc, können genauso intim sein).

  • Mit 15 Jahren verfügt man bereits über ein gewisses Maß an sexueller Selbstbestimmung. Dieses Recht muss mit einer Privatsphäre einhergehen, die den Eltern nicht offen gelegt werden muss. Jeder Schwule, jede Lesbe, die den "korrigierenden Druck" der Eltern bis hin zu Todeswünschen und -Drohungen der Familie ganz alltäglich in diesem Alter erlebt hat, weiß ein Lied davon singen. Dieses Recht einer Privatsphäre muss auch über den Tod hinaus gelten. Strafrechtliche Ermittlungen, die den Bruch der Privatsphäre erlauben, bedeuten nicht, dass man das persönliche Selbst Hohn und Hass ausliefern muss. Nicht umsonst steht an erster Stelle des Grundgesetzes die Würde.

    • @EricB:

      wenn ich mich damals umgebracht hätte hätte ich gewollt dass meine Älteren erfahren warum; dass sie (mit)schuld gewesen sind, oder geht Ihr Selbsthass soweit, noch über den Tod hinaus die Würde der vorgeblichen Heterosexualität aufrecht erhalten zu wollen? oder ist es die Angst, dass 1 Dritte*rin das unwürdige Geheimnis, dass Sie im Vertrauen auf Heimlichkeit einer jetzt Toten gestanden haben, erfahren könnte. aber das darf der Dritte*rin ja nicht weitersagen, da gelten wieder Würde und Persönlichkeitsrechte.

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @EricB:

      Es ist unstreitig, dass persönliche Briefe und Tagebücher in den Nachlass fallen und zwar unabhängig vom Alter des Nachlassgebers. Es besteht nun m.E. kein Grund, den digitalen Nachlass anders zu behandeln, zumal hier ja die Möglichkeit besteht, die Löschung im Todesfall zu verfügen. Kein Verständnis habe ich im Übrigen dafür, dass die AGBs irgendwelcher Firmen unser Erbrecht verdrängen sollten.

      • @75064 (Profil gelöscht):

        Ich habe aus dem Artikel gelesen, dass es um grundgesetzlich geschützte Kommunikationsdaten geht. Bei Chatprotokollen etc handelt es sich eher nicht um Tagebücher, vor allem, da ja auch die schützenswerten Antworten des Gesprächspartners vorhanden sind. Wenn jemand einen Vertrag abschließt, demzufolge Aufzeichnungen im Todesfalle vernichtet werden, ist nicht nachvollziehbar, warum dieser klare Wille und gültige Vertrag durch Erbrechtsansprüche außer Kraft gesetzt werden sollte.

        • @EricB:

          Wohl weil man bei dem Abschluss des Vertrages, so er wie von Ihnen umrissen gestaltet sein sollte, nicht ernstlich an den Tod zu denken scheint, aber zumindest keine anderslautenden Optionen "Nach meinem Suizid Daten löschen [oder meiner Familie freigeben]" aufgemacht werden.

          Ich liege zwar mit meiner weiterführenden Meinung im tiefsten Bereich der Mindermeinung, das ist mir klar, aber ich halte die Facebook(usw)-Knebelverträge gar für sittenwidrig.

          Im Übrigen bleibt zumindest für mich fraglich, ob wohl so mancher Nutzer aufgrund sozialen Beitrittsgruppenzwanges bei Vertragsabschluss überhaupt Herr seiner Sinne ist und dem Vertragskauderwelsch folgen kann.

        • @EricB:

          Grundsätzlich stimme ich dem Urteil zu. Digitaler Nachlass ist nicht anders zu behandeln, als analoger und die Unterscheidung, die manche da treffen, halte ich für unsinnig, ergeben sich doch die gleichen Probleme bzgl. der Persönlichkeitsrecht bei digitaler Kommunikation wie bei Tagebüchern oder Briefen.

          Etwas anderes ist es, wenn der Erblasser zu Lebzeiten noch in irgendeiner Form die Schließung der Konten im Todesfall beantragt hat. Das wäre dann vergleichbar mit einer Vernichtung sämtlicher Briefe und Tagebücher vor dem Tod.

          Wenn aber wie hier - wenn ich das richtig im Kopf habe - Freunde ohne Absprache mit der Familie einen Account in den Gedenkzustand versetzen lassen, wüsste ich nicht, wieso die Eltern nicht doch noch Zugriff erhalten sollten. Hier wäre es Vergleichbar mit einem Fall, indem jemand nach dem Tod eines Freundes bei ihm in der Wohnung Tagebücher/Briefe einsammelt. Diese hätte er auch an die Erben herauszugeben.

        • @EricB:

          "Bei Chatprotokollen etc handelt es sich eher nicht um Tagebücher, vor allem, da ja auch die schützenswerten Antworten des Gesprächspartners vorhanden sind."

          Die gibt es auch bei Briefen. Briefe fielen aber bisher ganz selbstverständlich in den Nachlass. Und dass waren dann natürlich auch immer die Antwortbriefe der Kommunikationspartner.

      • @75064 (Profil gelöscht):

        So isset!

        Der Rest ist peinlicher Schmonzes!



        “Auslagerungen unseres Selbst“



        Da rollen sich doch die Zehnägel nach innen! Dünnflott - aber vom Feinsten!



        Egomanie - bis nach dem Tod!

        kurz - Selbst Testamente - als Versuch “ich ich ich - über‘s Grab hinaus“ - findet halt irgendwann/wo seine Grenze! (Selbst ein Graf Ribbeck - ist halt auch nur ein netter Versuch*!* & bei Dr. Bimbes Kohl - ließen die taziKlemmis nichemal dies zu!



        Bigotte - Geisteszwerge*!* Newahr!



        &



        Alles dess! Bis hin zu - “es kann doch nicht sein - Daß Tante Minchen über den Nachlass von Goethe entscheidet!“



        &



        Eben das - ist dem klugen Tucho - ;)



        Selbst passiert! Newahr!



        &



        Erbrecht - hat ein m.W. ein blinder Richter durchkonstruiert & konsequent halt keine Lücke gelassen! Gelungen!;)

        unterm—-



        Gesamtrechtsnachfolge nennt sich das!



        EndeGelände!

        • @Lowandorder:

          "peinlicher Schmonzes", dat isses. wobei Ihrer Marlenen anscheinend auch noch die Deutungshoheit beanspruchen.

        • @Lowandorder:

          btw - Wat fott is - is fott! - op jot kölsch!

          “ Wir wären natürlich hochgradig traurig über den Verlust bedeutender literarischer Texte, auch wenn Generationen von Abiturienten dadurch von „Vor dem Gesetz“-Interpretationen verschont geblieben wären.“

          Die Liedzeile “Wie schön - daß du geboren bist - wir hätten dich sonst sehr vermißt!“ - “Wieso - dann wüßten sie’s doch gar nicht! Blödsinn!“ Kommentierte spontan & mein sechsjähriger Gitarrenschüler!



          Zu recht!

          unterm—-



          Zu Max Brods Handlung & zu Ihrem



          zweiten Satz - mal 'n paar Minütchen für “Verratene Vermächtnisse“ von Milan Kundera aufbringen!



          (Teile nicht alles - aber Max Brod - ein schlimmer Finger!;)(



          &



          Solch aufgepumptes Binsenschaumgebäck trübt schnell den nüchternen Blick. Gell.